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Riesling zum Abschied

Riesling zum Abschied

Titel: Riesling zum Abschied
Autoren: P Grote
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Vater hatte sich Manuel schon immer entzogen und das Geld gemacht, mit dem er ihn heute vollstopfte und ihn sich vom Leib hielt. Der Alfa Romeo war mehr ein Schweige- als ein Geburtstagsgeschenk gewesen. Als Manuel, ein Mensch mit einem grünen Daumen und ein Crack in Biologie, den Wunsch geäußert hatte, Winzer zu werden, hatte ihn sein Vater endgültig abgeschrieben.
    Thomas sah Manuel lange zu, sah seine Hände über die Tasten gleiten, sah, wie er Weinstöcke anfasste, vorsichtig, respektvoll, aber doch entschieden. Da nahm Manuel die Bewegung hinter sich wahr, hielt inne und hob den Kopf. Er drehte sich um und blickte Thomas mit großen Augen an, als sei er bei etwas Verbotenem ertappt worden, dann lächelte er erleichtert.
    »Du hast mich überrascht   ...«, sagte er atemlos.
    Thomas ging zum Klavier und nahm die Notenblätter in die Hand. Es war das Klavierkonzert Nr.   1 von Chopin.
    |17| »Das werde ich beim Rheingau Musik Festival in diesem Jahr im Kloster Eberbach spielen. Es wird mein erster großer Auftritt werden.« Manuel seufzte. »Schade, dass Alexandra das nicht erleben darf. Sie hätte sich riesig gefreut.«
    »Bestimmt«, sagte Thomas und nickte mehrmals, als müsse er das Gesagte bestätigen, »das hätte sie gewiss getan.«
    Es war schrecklich, einen Freund anzulügen, aber hätte er Manuel die Wahrheit sagen sollen? Alexandra hätte aller Welt erzählt, dass sie die Freundin des Solisten sei und der Rest des Orchesters unwichtig.
    Manuel schaltete die Stummschaltung des Klaviers aus, rührte einige Tasten an, horchte auf den Klang und nickte. »Wie war dein Abend? Worüber habt ihr geredet?« Furcht stand in seinem Gesicht.
    Thomas biss sich auf die Lippe und zuckte mit den Achseln. »Worüber wohl – ist doch klar, oder? Alle wollen wissen, was los ist, sie fragen, ob wir mehr wissen, wir hatten ja engen Kontakt zu ihr, besonders du! Und dass die Leute neugierig sind bei so einer Sache (das Wort »Mord« wollte er lieber nicht in den Mund nehmen), finde ich verständlich.«
    »Sensationsgierig sind sie, geil auf Drama, für die ist es doch nichts weiter als eine neue
Soap
, eine Seifenoper. Endlich ist in dem verpennten Geisenheim mal was los. Da können sie sich das Maul zerreißen. Aber was es bedeutet   ...«, er hielt inne, und sein Blick kehrte sich nach innen, »was es bedeutet, was dieser Verlust bedeutet, für sie, für Alexandra, für mich, für ihre Eltern   ...«
    »Du kennst sie?«, unterbrach ihn Thomas. »Das wusste ich gar nicht.«
    »Nein, ich kenne sie nicht, sie sollen morgen in Wiesbaden sein.«
    »Hast du etwa mit ihnen geredet?« Thomas wunderte sich, denn Alexandra war den Fragen nach ihren Eltern stets ausgewichen, was seinen Verdacht genährt hatte, dass sie sich ihrer schämte.
    |18| »Ich weiß es von der Polizei. Kurz nachdem du gegangen bist, hat dieser Typ von der Mordkommission angerufen. Ich glaube, der taucht morgen hier auf, er hat gefragt, wann wir zu Hause sind. Die wollen uns alle noch mal verhören. Du kennst ja die dummen Sprüche, alles sei reine Routine.«
    »War das wieder dieser Sechser? So heißt der wohl   ...« Thomas erinnerte sich an das erste Gespräch oder Verhör mit dem unangenehmen Kommissar. Er ernährte sich falsch, das sah man ihm an, und Thomas hielt ihn für einen jener Polizisten, die ihre Überlegenheit herauskehren, aber in Wirklichkeit unter einem Minderwertigkeitskomplex gegenüber Studenten litten. »Hat er irgendeinen Verdacht geäußert? Haben sie irgendwelche Spuren gefunden?«
    Die Entspannung, die Manuel beim Klavierspiel gewonnen hatte, war verflogen. Seine sonst vollen Lippen waren wieder schmal geworden, er senkte die Augen, und seinem Körper entwich die Luft wie einem Ballon, der in sich zusammenfiel.
    »Es gibt keinerlei neue Hinweise, bislang   ... hat dieser Sechser gesagt. Alexandra muss ihren Mörder in die Wohnung gelassen haben. Es sind keinerlei Einbruchsspuren gefunden worden. Es gibt keine Hinweise auf einen Kampf oder darauf, dass sie sich gewehrt hat. Abwehrverletzungen nennt man das wohl. Es ist ein grausiges Vokabular.« Bittend sah er Thomas an. »Können wir nicht von etwas anderem reden?«
    »Vorhin haben sie mich gefragt, wer alles einen Schlüssel zu ihrer Wohnung hatte. Woher soll ich das wissen? Vielleicht eine ihrer Freundinnen, die Rosa Handtaschen?«
    Ein verzweifeltes Kopfschütteln war alles, was von Manuel kam. »Bitte, hör auf, mir solche Fragen zu stellen.«
    »Was ist mit ihrem
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