Riesling zum Abschied

gewaltige Aufgabe. Unter den Rieslingen wären das nur Erste und Große Gewächse.
    Das Orchester verstummte, als der Dirigent erschien, das Publikum applaudierte, und als Manuel im Frack aus dem Seitenschiff trat, wurde der Beifall gewaltig. Thomas erhob sich als Erster, sein Vater, Regine und Johanna folgten, bis alle standen. Es gab kaum jemanden unter den Zuhörern, der Manuels Geschichte nicht kannte. Dann senkte sich Stille über den Raum, jedes Geräusch verbot sich von allein, |382| sogar das Hüsteln und Knarren der Stühle erstarb, als Manuel sich auf die Bank an seinen Flügel setzte. Er verharrte vorn übergebeugt, sein langes Haar verdeckte sein Gesicht.
    Just in dem Moment, als der Dirigent den Taktstock hob, stand er wieder auf, warf das Haar zurück und gebot mit erhobener Hand dem Dirigenten Einhalt. Thomas erstarrte – genau wie seine Begleiter, die ihn anblickten, als wisse er mehr.
    Leichtfüßig verließ Manuel die Bühne, tauchte im Seitenschiff unter und kam mit einem Lehnstuhl zurück, den er wie selbstverständlich vorn in den Mittelgang stellte. Unter den fassungslosen Blicken von Orchester und Publikum holte er einen zweiten Lehnstuhl und stellte ihn neben den ersten, dann strich sein Blick über die Zuhörer. Als er Johanna entdeckte, bat er sie mit ausgestreckter Hand herauszutreten. Sie gehorchte mit hochrotem Kopf, er bot ihr die Hand und führte sie zu einem der beiden Stühle. Dann winkte er Thomas zu sich, dem es höllisch peinlich war, dass sich die Aufmerksamkeit auf ihn richtete. Er folgte der Geste und nahm neben Johanna Platz. Als beide saßen, verneigte sich Manuel vor ihnen, ging zurück zu seinem Flügel und nickte lächelnd dem Dirigenten zu, man konnte beginnen.
    Das Orchester leitete den ersten Satz sehr anmutig ein, exponierte ein kraftvolles, dann ein elegisches und ein lyrisches Thema, bis schließlich der Solist am Flügel mit reicher Figuration und Kraft den gewaltigen, achthundert Jahre alten Raum der schlichten Kirche für sich selbst und auch für alle anderen einnahm.
    Verstohlen neigte sich Thomas zu Johanna: »Einen Moment lang hatte ich schon befürchtet, es würde ein Requiem für einen gefallenen Engel werden   ...«

|383| Danksagung
    Manche Menschen, mit denen man etwas zu tun haben will, kann man sich aussuchen, anderen wird man ausgeliefert. Nicht anders ergeht es mir bei meinen Recherchen.
    Die Winzer, deren Weingüter ich besuchen möchte, suche ich mir mittels ihrer Weine aus, studiere Weinführer, komme über Empfehlungen an sie heran und suche sie bei Weinmessen auf. Denn wenn mir die Weine zusagen, heißt das noch lange nicht, dass mir der/die Winzer/in sympathisch ist und ich Lust habe, mit ihm/ihr durch seine/ihre Weinberge und Keller zu stromern – Werk und Künstler/in sind schließlich zweierlei.
    Bei den Winzern, die im Roman genannt sind, stimmte sowohl die persönliche wie auch die Weinchemie: Das sind Peter Barth (Schloss Schonborn), Theresa Breuer, Tom Drieseberg (Wegeier), Ferdinand Koegler, Peter Jakob Kühn, Gunther Künstler, Hans Lang, Gundolf Laquai, Freifrau Langwerth von Simmern und Christian Witte (Schloss Johannisberg). Stefan Ress traf ich zufällig in seinem Hof, als ich skeptisch den Schriftzug WineBank beäugte. Es wurde eine Szene draus.
    Am Fachbereich Geisenheim stimmte einfach alles, die Herren Löhnertz und Schultz öffneten mir die Türen der Hörsäle und Labors, und die angehenden Önolog/innen bildeten den Rahmen. Sogar die Küche stimmte   ...

Informationen zum Buch
    Geisenheim am Rhein ist in Aufruhr: Wer hat Alexandra, Studentin an der Hochschule für Weinbau, mit einer Oscar-Replik erschlagen? Bestimmt nicht ihr Freund Manuel, der wegen belastender Indizien bereits in U-Haft sitzt, findet Thomas Achenbach, Kommilitone und W G-Mitbewohner des Verdächtigen. Alexandra war längst nicht so unbedarft, wie sie tat! Zusammen mit Johanna Breitenbach, Dozentin für Energiemanagement, begibt er sich in das undurchsichtige Geflecht von Interessen und Beziehungen. Ein Riesling bringt sie auf die richtige Spur   …