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Riesling zum Abschied

Riesling zum Abschied

Titel: Riesling zum Abschied
Autoren: P Grote
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Kooperation mehr, sondern verdeckte   ...« Waller suchte nach dem richtigen Wort, er fuhr mit der Hand in der Luft herum, »...   verdeckte Operationen, wenn Sie so wollen. Dann wurden Wissenschaftler mit Geld dazu bewogen   ...«
    »...   bestochen   ...«, unterbrach ihn Johanna.
    »...   bewogen, überzeugt, ein Anreiz geschaffen, möchte ich das nennen, damit sie auch nichtöffentliche   ...«
    »...   vertrauliche und geheime Unterlagen   ...«, steuerte Johanna bei.
    »...   wenn Sie so wollen, weitergaben oder zugänglich machten. Und dann konnten sie nicht mehr anders, als uns zu helfen.«
    »Sie haben die Wissenschaftler erpresst, wollten Sie sagen, mit dem, was sie vorher geliefert hatten?«
    Waller ging darüber hinweg. »Das war für CWML bedeutend billiger, als selbst Forschung zu betreiben. Und was man nicht selbst verwertete, wurde weiterverkauft. Das hat uns neue Betätigungsfelder erschlossen, es hat die Innovationskraft von CWML beträchtlich erhöht.«
    »Sie haben also, offen gesagt, einen Ring für Wirtschaftsspionage aufgebaut? Bundesweit? International?«
    »Was ist heute nicht global?« Der Satz diente Waller quasi als Entschuldigung. Er hatte jetzt den Teelöffel in der Hand und kratzte mit dem Stil so intensiv auf dem Holztisch, dass er ihn in Kürze durchbohren würde. »Die Wissenschaftler sahen sich dann gezwungen, weiter mitzumachen.«
    Johanna blickte Carl an. Beide überraschte das Gesagte nicht sonderlich. Johanna hatte selbst mitgeholfen, fragwürdige |368| Industrieprojekte umwelttechnisch »grün« und »ökologisch sinnvoll« umzudefinieren. Mit Geld ließ sich alles regeln. Und wenn Konzerne wie Siemens, MAN und Mercedes weltweit Hunderte Millionen an Bestechungsgeld zahlten, wieso dann nicht auch die CWML? »Der Unterschied zwischen Illegalität und Legalität liegt im Erfolg«, hatte ihr damaliger Chef auf ihre Bedenken hin von sich gegeben und sie rausgeschmissen.
    »Was hat das alles mit der FH und Professor Marquardt zu tun?«, fragte sie barsch. Wallers Art, sich rauszureden, kriminelle Umtriebe als normales Geschäftsgebaren darzustellen, machte sie wütend.
    »Das kann ich Ihnen sagen. Auch in diese Richtung haben wir unsere Fühler gestreckt, gerade weil die Hochschule und die Forschungsanstalt in bestimmten Bereichen wegweisend und international anerkannt sind. Und weil   ... weil gerade die Verbreitung ökologischer Verfahren unseren – äh – Interessen zuwiderläuft. Wir verkaufen Insektizide, Herbizide und Fungizide, dazu Mineraldünger   ... Uns würden langfristig Produktionszweige wegbrechen   ...«
    »Mir kommen die Tränen, Herr Waller. Deshalb halten Sie Vorträge für diese Angeber-Partei über die Bedeutung der Chemie für die Region?«
    »Das sind imagebildende Maßnahmen. Der ganze ökologische Quatsch stört uns.«
    »Haben Sie deshalb mit dem Weingut in Gigondas für diesen Fall vorgesorgt, als Fluchtpunkt?«
    »Er ist noch immer nicht beim Wesentlichen angekommen«, bemerkte Carl. »Mich würde interessieren, wen Sie mit
wir
meinen. Sie haben eben wir statt ich gesagt.«
    Die Schramme auf der Tischplatte war tiefer geworden und Waller leiser. »Das
wir
bedeutet, dass ich   ... äh   ... sozusagen – Mitarbeiter von CWML bin.«
    Johanna konnte es kaum fassen. »Dann ist Stern Ihr Chef – sozusagen?«
    |369| Waller druckste. »Sozusagen – ja.«
    »Und Ihre Firma, die Chem-Survey?«
    »Die läuft unter meinem Namen. Dadurch kann Stern sein Büro und die CWML aus allem raushalten.« Wieder zögerte er, knetete die Hände unter dem Tisch, als bete er zu sämtlichen Göttern um Gnade. »Alles läuft bei mir zusammen   ...«
    »Dann sind Sie für ihn eine tickende Zeitbombe, weil Sie alle Kontakte kennen und reden könnten?«
    »Eben. Ich – und Vormwald auch. Aber der   ...«
    »Und jetzt haben Sie Angst, dass Ihnen was Ähnliches zustößt wie Thomas Achenbach – oder   ...« Johanna kam ein ganz anderer Gedanke, »was für Marquardt vorgesehen ist oder war   ...?«
    Das konnte Waller nicht laut zugeben. Er nickte nur. »Marquardt arbeitet seit Mitte der neunziger Jahre für uns. Er agiert sozusagen als Headhunter für uns, auf Kongressen in Deutschland, bei internationalen Tagungen und Konferenzen, nur an der FH Geisenheim nicht. Er hält es für zu gefährlich, er steht unter direkter Beobachtung, außerdem brauchte er einen Ruheraum.«
    »Was Berlin für die Russenmafia ist Geisenheim für Marquardt?«
    »In diesem Sinne, ja.
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