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Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Titel: Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz
Autoren: Heinrich Steinfest
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Hiltroff geschickt haben. Davon wissen Sie ja hoffentlich.«
    Die beiden nickten. Sie schenkten sich kleine Blicke der Unsicherheit. Es lief nicht so, wie sie geplant hatten. Irgendwie gefiel ihnen dieser Lukastik. Und er hatte ja recht. Hätte bloß noch gefehlt, Pichlers Leiche wäre tatsächlich in der Pension Leda gefunden worden. Aber es war eine andere Pension. Sie lag in der Währingerstraße und trug den Namen 4 . Dezember . Beim Hotel 4. Dezember handelte es sich um eine eher billige Herberge, nicht gerade der Ort für einen Fabrikdirektor. Doch man hatte festgestellt, daß Pichler bei seinen regelmäßigen Wienbesuchen immer wieder dort abgestiegen war. Ein Dezembermensch. Jetzt ein toter Dezembermensch.
    Auch wenn Lukastik erklärt hatte, nicht noch einmal über seine Schwester sprechen zu wollen, blieb ihm nun gar nichts anderes übrig. Denn der Todeszeitpunkt Pichlers wurde spät in der Nacht vermutet, zu einer Stunde, da Lukastik in der Pension Leda gewesen war und in den Armen Alexas gelegen hatte. Das war sein Alibi. Allerdings ein ziemlich schlechtes Alibi. Gar nicht so sehr, weil die Möglichkeit bestand, daß Lukastik die schlafende Schwester verlassen haben könnte, um irgendwann zwischen zwei und vier Uhr früh Pichler in seinem 4.-Dezember-Zimmer aufzusuchen und Herz und Lunge und damit auch den Rest matt zu setzen. Das eigentlich Dumme an dem Alibi war – wie das meistens so ist – die Wahrheit. Welche nämlich darin bestand, daß Alexa und Richard fast die ganze Nacht sich geliebt hatten und nur minutenweise in einen Halbschlaf gesunken waren, in der Art dieser Delphine, die immer abwechselnd eine Gehirnhälfte schlafen legen und die andere wachen lassen. Man könnte also sagen – und so wurde es dann auch gesagt –, Lukastik habe mit seiner Schwester die Nacht durchgevögelt, und das sei also sein Alibi. Ein österreichischer Chefinspektor, den ausgerechnet eine Inzestgeschichte entlasten soll. Eine Katastrophe! Und daß es sich dabei um zwei mündige Fünfzigjährige handelte, machte die Sache nicht besser, ganz im Gegenteil.
    Und darum äußerte nun einer der Polizisten: »Bei allem Respekt. Mit diesem Alibi werden Sie Probleme kriegen.«
    »Keine Frage«, antwortete Lukastik. »Aber was soll ich machen? Hätte ich Ihnen eine schlechte Lüge aufgetischt, könnte ich jetzt versuchen, mir rasch eine bessere, eine glaubwürdigere Lüge einfallen zu lassen. Aber die Wahrheit kann ich nicht ändern. Dafür ist es zu spät. Ich kann Ihnen meine Schwester nicht mehr als Freundin oder Sekretärin oder Prostituierte verkaufen. Die Lüge ist flexibel, die Wahrheit nicht.«
    »Ja, schade«, meinte der Kleinere. Es schien, als meine er es ernst.
    »Bringen wir es auf den Punkt«, sagte der andere Polizist, der noch immer stand, ein dünner Kerl mit einer Nase, die wie ein Bleistift aus seinem Gesicht herausstand. »Sie leugnen, Dr. Pichler und Dr. Grünberg mit einer Zehn-Millimeter umgebracht zu haben.«
    »Stimmt. Mein Haß auf Akademiker geht nicht so weit.«
    »Warum sind Sie überhaupt nach Mailand geflogen?«
    »Die Sache mit dem Taxifahrer hat mich nicht losgelassen«, sagte Lukastik. Jetzt log er also doch oder zumindest halb.
    »Ich dachte, die Geschichte mit der toten Frau im See sei für Sie erledigt gewesen. Kein Mord.«
    »Richtig. Aber ich wollte den Fall ordentlich abschließen«, äußerte Lukastik, »die Verbindung zwischen Colanino und Hiltroff klären. Untersuchen, was die Mailänder da wirklich getrieben haben und wieso dieser kleine Taxifahrer sterben mußte.«
    »Soweit wir informiert sind, war das ein simpler Verkehrsunfall.«
    »Wenn das ein Unfall war, frage ich mich, warum ein Dr. Pichler und ein Dr. Grünberg, die beide im Sold von Colanino standen, jetzt tot sind.«
    »Der Killer«, meinte der Kleinere, »der angeblich von diesem Konzern nach Hiltroff geschickt wurde, kann es ja wohl kaum gewesen sein. Nachdem Sie selbst ihn zuvor festgenommen haben.«
    »Ich sagte schon. Dieser Mann war eine Niete.«
    »Was man von Ihnen nicht behaupten kann.«
    »Danke«, sage Lukastik mit theatralischer Bitterkeit.
    »Eine andere Frage, Herr Lukastik. Wo ist Olander?«
    »Na, wenn Sie es nicht wissen!«
    »Ich würde es gerne von Ihnen hören.«
    »Möglicherweise hier in Mailand«, weissagte Lukastik. Er sah hinaus auf die funkelnde Stadt. Er fühlte eine Erschöpfung. Er dachte daran, Alexa anzurufen. Sie würde sich Sorgen machen. – Blödsinn! Es war absolut nicht ihre Art,
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