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Rheingrund

Rheingrund

Titel: Rheingrund
Autoren: S Kronenberg
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Hunger wie ein Wolf. Und Durst! Wo bleibt der Wein?«
    Er brüllte einen italienischen Satz in Richtung Küche. Wolfert zuckte zusammen, sagte aber nichts und schaute selbst erwartungsvoll zum Eingang, als der Wirt herbeieilte und in seiner Muttersprache antwortete. Es klang vergleichsweise höflich, fand Norma.
    Wolfert beugte sich zu ihr herüber. »Wenn Inken auch beharrlich schweigt, der Mord an Reber ist aus unserer Sicht geklärt. Inken hat Martin Reber eine Falle gestellt, um zu verhindern, dass Reber ihn des Mordes an Marika Inken bezichtigt. Das steht für uns fest. Und dieses Mal irren wir uns nicht. Wir werden Inken die Tat nachweisen, und wenn es DNA-Spuren am Seil und am Ticket sind.«
    Milano übernahm die nähere Ausführung: »Lambert selbst hatte Inken am Donnerstagabend angerufen und zu sich ins Hotel bestellt. Das können wir an Hand der Telefonverbindungen nachweisen. Nach dem Angriff auf Reber im Foyer war er aufgewühlt und erhoffte sich wohl ein wenig Zuspruch von seinem alten Kumpel Inken, der die Situation spontan für sich zu nutzen wusste. Lambert war betrunken und hat gar nicht mitbekommen, wie Inken Lennys Autoschlüssel an sich nahm. Lambert hat Inken selbst erzählt, dass er am nächsten Morgen zum ›Grauen Stein‹ wollte, kann sich aber kaum an den Abend erinnern. Ein Filmriss, der ihm einen schlimmen Verdacht bescherte.«
    »Filmrisse kommen vor«, sagte Norma. »Deswegen gesteht man keinen Mord, den man nicht begangen hat.«
    Der Wirt begrüßte Norma mit einem charmanten Lächeln, als er die Getränke brachte – für Milano eine Karaffe Chianti und ein Bier für Wolfert – und reichte ihr die Karte. Nach einem schnellen Blick entschied sie sich für Linguine mit frischem Gemüse.
    Milano nahm einen kräftigen Schluck und wischte sich den Rotwein vom Mund. »Dieser Anwalt Ehlers hat uns von Anfang an keine Ruhe gelassen mit seiner Behauptung, Lambert sei traumatisiert. Ich gebe es ungern zu, aber der Mann hatte recht. Wir waren auf dem Holzweg.«
    Norma wusste, wie schwer ihm ein solches Eingeständnis fiel.
    Wolfert faltete die mageren Hände. »Ein Psychiater hat Lambert untersucht und Ehlers’ Einschätzung bestätigt, wenn auch vorerst nur inoffiziell. Das Gutachten folgt später. Mir hat er es so erklärt: Einen traumatisierten Menschen wie Lambert kostet es eine immense Kraft, überhaupt den normalen Alltag zu meistern. Für unvorhersehbare Ereignisse wie diese Festnahme bleiben keine Reserven. Die Mühlen der Stasi haben Lamberts Widerstandskraft gebrochen. Sein falsches Geständnis war reiner Selbstschutz. Dazu kamen Inkens falsche Spuren, die uns in die Irre führten.«
    Milano schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Ein Umweg, der uns unnötig Zeit gekostet hat!«
    »Ihr habt den richtigen Täter!«, beschwichtigte Norma. »Inken hat also das Seil aus Lamberts Wagen genommen. Und weiter, Dirk?«
    »Es war, wie du vermutet hattest, Norma. Am nächsten Morgen fuhr Inken zum Golfplatz und versteckte unterwegs Seil und Fahrrad. Heimlich radelte er zum Rheinsteig und richtete seine Falle ein. Er wusste, wann Reber den Pfad entlangkommen würde, weil er eine aktuelle Kopie von Rebers Daten besitzt. Den USB-Stick konnten wir ebenfalls sicherstellen. Reber knallte also den Hang runter, und Inken machte sich in der Annahme davon, dass sein lieber Freund tot sei. Vorher verwischte er seine Fußspuren und ließ das Parkticket zurück, das er im Kombi gefunden hatte. Schließlich brachte er das Seil und den Schlüssel zurück in den Wagen.«
    »Ruth Diephoff vollendete Inkens feigen Anschlag«, warf Milano mit grimmiger Miene ein.
    »Diese Vorstellung fällt mir außerordentlich schwer«, gab Norma zu. »Eine so beherrschte Frau. Wie konnte sie sich dermaßen gehen lassen?«
    »Vielleicht haben die Sorgen um die Tochter sie mürbe gemacht?« Wolfert gähnte und riss viel zu spät die Hand vor den Mund. »Bis zum Prozess wird uns irgendein Gutachter irgendeine Erklärung servieren.«
    »Signora!« Ein Mädchen brachte den Weißwein und eine Flasche Wasser.
    Norma war sehr durstig und setzte das Wasserglas an, bevor sie wieder auf ihre erste Frage zurückkam. »Bleibt der Fall Marika!«
    Milano wiederholte den Schlag auf den Tisch und knurrte: »Inken schiebt alles auf Reber und behauptet, kein Wort davon sei wahr.«
    »Inken steckt in der Klemme«, meinte Wolfert. »Wenn er den Anschlag auf Reber zugibt, schaufelt er sich damit das eigene Grab. Das wäre so gut wie ein
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