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Rheingrund

Rheingrund

Titel: Rheingrund
Autoren: S Kronenberg
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Anwalt lag auf dem Bauch und hielt die Arme schützend über den Kopf, ohne einen Laut von sich zu geben.
    Norma kniete sich neben ihn und berührte seine Schulter. »Sind Sie verletzt?«
    Als er sich aufraffte, entdeckte sie die Platzwunde auf seiner Schläfe.
    Wider Erwarten grinste er. »Mein Kopf dröhnt wie ein Wespennest. Inken hat einen verdammt harten Schlag. Aber es war nicht umsonst.«
    Er griff sich unter den Bauch und zog den Revolver hervor. »Nehmen Sie das Ding bitte an sich! Ich verstehe nichts davon.«
    Norma leerte die Trommel und steckte die Patronen in die Jackentasche. Danach half sie dem Anwalt, sich aufzusetzen. Mit einem unterdrückten Stöhnen lehnte er sich gegen einen Baum. Der Blutfluss ließ nach.
    Norma rief Milanos Nummer auf.
    Wolfert nahm das Gespräch an. »Wir sind nach deinem Notruf sofort losgefahren.« Er sitze im Wagen neben Milano, der mit den Kollegen den Einsatz koordiniere, erklärte er hastig. »Bist du okay, Norma?«
    Seine Sorge rührte sie. »Mit mir ist alles in Ordnung. Aber Eiko Ehlers ist verletzt. Schickt bitte einen Krankenwagen.«
    »Bist du gemeinsam mit dem Anwalt …?« Er brach mit einem verlegenen Hüsteln ab. »Was ist dort los?«
    Sie fasste das Geschehen in der Hütte in wenigen Sätzen zusammen und nannte ihm das Kennzeichen des Jeeps.
    »Inken wird nicht weit kommen«, meinte Wolfert zuversichtlich. »Wir sind gleich bei dir!«
    Norma wandte sich Ehlers zu. »Kann ich Sie allein lassen?«
    »Ungern!« Er tupfte mit den Fingerspitzen auf dem Gesicht herum. »Machen Sie schon! Kümmern Sie sich um Ruth Diephoff. Ich komme zurecht.«
    Norma ließ den Revolver in seiner Obhut und ging zum Gartenhaus. Die Tür stand offen, die Sonne schien tief in den Raum hinein. Arlo hatte sich eingefunden. Auf einem Lichtfleck lag er Ruth zu Füßen, die reglos auf dem Stuhl saß und die Hände wie in Meditation vor dem Herzen gefaltet hielt. Ein Bild des Friedens, das den Streit und die tödlichen Bedrohungen hätte vergessen lassen können, wäre da nicht die zersplitterte Holzbohle. Und Ruths versteinerte Miene.
    Norma setzte sich auf den zweiten Stuhl. Den MP3-Player hielt sie in der Hand.
    Ruth warf einen flüchtigen Blick darauf. »Arlo hat sich das Ding vom Tisch geschnappt. Zum Glück erst, nachdem ich alles angehört hatte.«
    »Es war Inken, der Martin die Falle stellte. Trotzdem hat Inken ihn nicht erschlagen.«
    Ruth ließ die Hände sinken. »In der Nacht von Samstag auf Sonntag konnte ich nicht schlafen. Mir ging Arlos seltsames Verhalten am Rheinsteig nicht aus dem Kopf. Ihnen ist es auch aufgefallen!«
    »Leider habe ich zu spät meine Schlüsse daraus gezogen. Reden Sie weiter!«
    »Am frühen Sonntagmorgen kehrte ich zu der Stelle zurück und schickte Arlo den Hang hinunter. Nach einer Weile brachte er dieses Ding herauf. Ich wusste, dass Martin so einen Musikstick besaß. Also bin runtergeklettert. Dort lag er – beinahe völlig verborgen unter Ranken und Gestrüpp. Er sah grauenhaft aus. Mehr tot als lebendig.«
    »Noch lebte er!«
    Der scharfe Klang schien Ruth zu erschrecken. Sie sah erschöpft aus.
    »Es war nur noch ein winziger Rest Leben in ihm. Er hatte gerade noch genug Kraft, um mir flüsternd zu beichten, wie rücksichtslos er mich all die Jahre belogen und hintergangen hat. Tagtäglich hat er mein Leid mit angesehen und mich in meinen verzehrenden Hoffnungen bestärkt, Marika könnte irgendwo auf der Welt in Sicherheit leben. Martin hat all die Jahre Marikas Mörder gedeckt! Der Grund dafür ist entsetzlich banal.«
    Sie brach ab, und Norma drängte sie nicht.
    Ruth stützte den Kopf in die Hände. Als sie wieder aufschaute, sagte sie in gezwungener Ruhe: »Er hat geschwiegen, damit er sein Dasein so unverbindlich und belanglos weiterführen konnte wie zuvor. Er hat sich nicht zu Inga bekannt, um die Auseinandersetzung mit Sandra zu vermeiden. Er hat Bernhard gedeckt, um den Job in der Agentur nicht zu gefährden. Aus feiger Bequemlichkeit hat er mich belogen. Unter dem Vorwand, mir die grausame Wahrheit zu ersparen. Erst mit dem Tod vor Augen beschloss er, sich den Tatsachen zu stellen. Deshalb hat er auf dieses Gerät gesprochen. Seine letzte Gelegenheit, reinen Tisch zu machen.«
    Norma räusperte sich, mochte der eigenen Stimme nicht trauen. »Sie haben Martin Reber erschlagen.«
    Ruth nickte bedächtig. »Wie ein Sturzbach drang es aus ihm heraus. Wie Bernhard Marika packte und gegen das Rüttelbrett schleuderte. Wie sie in ihrem gelben
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