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Rettungslos

Titel: Rettungslos
Autoren: van der Vlugt Simone
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fachgerecht verbunden.
    Â»Danke.« Lisa weiß nicht, wo sie hinsehen soll. Seine Nähe ist ihr mehr als unangenehm.
    Kreuger antwortet nicht. Er erhebt sich, Lisa ebenfalls.
    Sie stehen neben dem großen Bett, in dem sie so viele leidenschaftliche Stunden mit Menno verbracht hat, und Lisa bricht der Schweiß aus. Wenn er nur nicht … Um Himmels willen, sein Blick fällt aufs Bett! Und dann auf sie. Sie muss ihn rasch ablenken …
    Â»So was hast du wohl schon öfter gemacht. Man könnte dich glatt für einen Arzt halten.« Sie hebt die verbundene Hand.
    Â»Ich habe einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht«, sagt er barsch.
    Â»Sehr gut, das kann nie schaden.«
    Â»Das ist wichtig, wenn man Kinder hat. Sie können irgendwelche Spielsachen verschlucken, ins Wasser fallen oder schlimm stürzen.«
    Lisa nickt anerkennend.
    Er hat also Kinder. Kinder, für die er sich so verantwortlich fühlt, dass er einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht hat.
    Â»Ma-ma!«, ruft Anouk kläglich von unten.
    Sie sehen sich an, Lisa fragend, Kreuger leicht gereizt.
    Trotzdem nickt er ihr zu, und sie deutet ein Lächeln an, um ihre Dankbarkeit zu zeigen. So weit ist es also
schon gekommen, dass ich um Erlaubnis bitten muss, in meinem eigenen Haus nach unten zu gehen, und dafür auch noch dankbar bin, überlegt sie, während sie die Treppe hinabgeht.
    Seine Schritte sind unmittelbar hinter ihr.
    Â»Ich hab Durst!«, sagt Anouk mit matter Stimme, als sie ins Wohnzimmer kommen.
    Â»Ich hole dir Wasser.«
    Sie legt das Asthmaspray auf den Couchtisch und geht in die Küche. Dort hält sie ein Glas unter den Hahn und tut so, als würde sie nicht merken, dass Kreuger sie vom Wohnzimmer aus im Auge behält. Sie ignoriert ihn auch, als sie mit dem Glas auf Anouk zugeht. Sie gibt ihrer Tochter zu trinken, hält ihr dann das Spray an den Mund und drückt auf den Knopf.
    Kreuger beobachtet sie wortlos.
    Der kurze Moment der Nähe im Schlafzimmer hat Lisa neuen Mut schöpfen lassen. Falls er vorhatte, sie umzubringen, hätte er es längst getan.
    Als sie gerade überlegt, wie es jetzt weitergeht, klingelt es an der Haustür.

5
    Seit einer guten halben Stunde hat sie schon so ein ungutes Gefühl, aber jetzt ist sie sicher, dass sie sich verfahren hat. Im Grunde ahnt sie schon jetzt, wo sie vom Weg abgekommen ist: an der Kreuzung, an der sie in Richtung Appeltern hätte fahren sollen. Wegen des rasch aufziehenden Nebels konnte sie die Schilder nicht richtig lesen. Seit ein paar Tagen ist das Herbstwetter ausgesprochen wechselhaft, im einen Moment herrlich sonnig, im nächsten regnerisch und neblig.
    Nun ist sie auf einem holprigen Feldweg gestrandet, von dem sie nicht weiß, wohin er führt. Senta schaltet das Fernlicht an und holt tief Luft. Was nun? Wenden oder weiterfahren und hoffen, dass sie irgendwann wieder auf eine geteerte Straße kommt? Ein Knopfdruck, und das Seitenfenster surrt nach unten. Senta steckt den Kopf ins Freie und sieht sich misstrauisch um. Kann sie hier überhaupt wenden? Womöglich verlaufen beiderseits des Wegs Wassergräben. Aussteigen will
sie lieber nicht. Also weiterfahren – auch Feldwege führen irgendwohin.
    Vorsichtig tritt Senta aufs Gas. Der Weg wird schlechter, sie gerät in immer tiefere Schlaglöcher. Die Landschaft ist beklemmend eintönig und grau, als näherte sie sich dem Ende der Welt. Nach etwa fünf Minuten mühsamen Zuckelns kommt von rechts ein klägliches Geräusch aus dem Nebel. Es ist das Blöken eines Schafs, und schon bald stimmen weitere Schafe mit ein.
    Ist sie womöglich auf einer Weide gelandet?
    Wenn sie heute Abend wohlbehalten zu Hause auf dem Sofa sitzt, wird sie sich über das Abenteuer amüsieren. Ihre drei Kinder werden sich kaputtlachen, und Freek wird eine dumme Bemerkung über Frauen am Steuer fallenlassen.
    Vielleicht sollte sie die Sache gar nicht erwähnen …
    Mit einem Mal haben die Reifen ihres Peugeot wieder bessere Bodenhaftung. Das Ruckeln hört auf, offenbar hat sie eine geteerte Straße erreicht.
    Senta bremst und macht die Fahrertür auf. Unter sich sieht sie Asphalt, und als sie den Blick hebt, glaubt sie, in einiger Entfernung den Umriss eines Hauses zu erkennen. Wahrscheinlich befindet sie sich auf Privatgelände, aber bei diesem Nebel wird ihr das wohl niemand verübeln.
    Sie fährt die schmale Straße weiter, die eine Kurve um das
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