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Rettungskreuzer Ikarus Band 049 - Schritt vor dem Abgrund

Rettungskreuzer Ikarus Band 049 - Schritt vor dem Abgrund

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 049 - Schritt vor dem Abgrund
Autoren: Sylke Brandt
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ihm blieb nichts, als zu hoffen, dass alle anderen wussten, was sie gerade taten.
     
    »Ich zünde jetzt den … ahm … Zündreaktor«, verkündete Connar über die Kommanlage.
     
    Es gab keinen Knall und zum Glück auch keine Explosion, die das Schiff auseinandergerissen hätte. Nur einen Aufschrei, der sich rasch als Freudengeheul entpuppte.
     
    »Ja! Ja! Wir sind gut, wir sind großartig!« Applaus und Gejubel von den anderen, die sich im Reaktorraum versammelten hatten wie Pfadfinder um ein Lagerfeuer.
     
    Die Euphorie erreichte weder Sir Albert, der nur Erleichterung verspürte, noch Jerr, die ihren Geist bereits mit dem Computer verbunden hatte.
     
    »Zeit für die Kursänderung«, hörte er ihre Stimme aus einem der Lautsprecher. Diesmal erschreckte er sich nicht.
     
    Das kam eine Sekunde später, als ein unsichtbarer Riese ihm alle Luft aus den Lungen drückte. Sir Albert war noch nie mit einem Schiff unterwegs gewesen, das keine Gravitationskontrolle besaß. Die Kräfte, die beim Beschleunigen der Stern der Freude und der Richtungsänderung freigesetzt wurden, trafen ihn unerwartet. Er hätte gerne geschrien, aber er hatte keinen Atem dafür.
     
    Der Seesack mit den eingesammelten Gegenständen, den er nicht gesichert hatte, hob neben ihm ab, raste durch die Zentrale und prallte mit der Wucht eines Jetgleiters gegen eine Wand. Er vermeinte beinahe, die Hülle des Raumers stöhnen zu hören, ein Geräusch, das gerade an der unteren Grenze der Wahrnehmbarkeit lag und Übelkeit auslöste.
     
    Der Luxusliner war ein behäbiges Schiff, gewohnt an eine beschauliche Reisegeschwindigkeit. Die Wendung, zu der Jerr ihn zwang, gefiel ihm nicht. Es war, als wollte man einen Wal zu einer Pirouette überreden. Was, wenn die Struktur des Raumers diesen Kräften nicht gewachsen war? Dann würde die Stern der Freude auseinanderbrechen wie ein rohes Ei.
     
    Es war ein höchst unerfreulicher Gedanke. Der einzige Weg, wie Sir Alberts ohnehin über alle Maßen belastete Psyche unter den gegenwärtigen Umständen damit umgehen konnte, war der, ihn in eine kurze Bewusstlosigkeit zu schicken, der er sich nahezu freudig hingab.
     
    Als er wieder zu sich kam, war es mehr wie das Erwachen nach einem Nickerchen. Er fühlte sich sehr leicht, was aber eher auf die noch immer fehlende Schwerkraft als auf das Glücksgefühl des Überlebens zurückzuführen war.
     
    »Wir wäre es denn jetzt mit einem kleinen Hypersprung?«, hörte er eine Stimme fragen, als ginge es um eine Tasse Kaffee.
     
    »Keine Chance, Connar.« Das war Jerr, noch immer über die Lautsprecher.
     
    Sir Albert sah zur Seite auf den reglosen Körper der Frau. Neben ihm lehnte Herr Montegue. Allein die Tatsache, dass seine Füße dabei nicht den Boden berührten, machte den Anblick surreal.
     
    »Aber du machst die Sache großartig.«
     
    »Und mehr geht auch nicht. Wenn ich den Sprungantrieb benutzen würde, könnten wir überall landen, Connar. In einer Sonne. Im Weit-weit-Weg. Oder so, wie ich das einschätzen kann, auch von innen nach außen gestülpt.«
     
    »Das ist ein Argument.«
     
    »Wir brauchen die Funkanlage.«
     
    Connar verzog das Gesicht, als hätte er auf etwas Bitteres gebissen.
     
    »Das sieht noch immer nicht besser aus.«
     
    »Also fliegen wir umher und warten auf ein Wunder«, meldete sich Sir Albert.
     
    »Jipp.«
     
    »Ich will nicht undankbar erscheinen – doch das kann ewig dauern!«
     
    Tat es aber nicht.
     
    Zwei Tage später saßen sie in der Küche zum Essen versammelt – in wiederhergestellter Schwerkraft, was alles natürlich deutlich einfacher machte.
     
    Herr Montegue hatte den Generator angeschlossen, auch die Lebenserhaltung, und wider alle Erwartungen hatte es funktioniert. Der Hauptreaktor würde nun für die nächsten Jahre oder Jahrzehnte treu vor sich hin arbeiten, und solange sie ihn nicht erneut herunterfuhren, waren sie gut versorgt. Eine zweite Starthilfe würde sich nicht improvisieren lassen – dazu hatten sie, laut Connar, nicht mehr genug Frühstücksflocken im Tank –, doch niemand ging davon aus, dass so ein Manöver noch einmal nötig werden könnte. Insgesamt machte es nun den Eindruck, als würde alles so beschaulich laufen, wie es sich die Seniorengruppe ursprünglich gewünscht hatte. Nun, beinahe.
     
    Fräulein Miyazaki war ebenfalls anwesend. Sie hatte ihre Kabine verlassen und fühlte sich überaus genesen, wenngleich sehr unruhig und ungewöhnlich hungrig. Die anderen beobachteten
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