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Rettungskreuzer Ikarus Band 032 - Vor der großen Stille

Rettungskreuzer Ikarus Band 032 - Vor der großen Stille

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 032 - Vor der großen Stille
Autoren: Dirk van den Boom
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Koordinaten er dem seltsamen
Captain Sentenza übergeben hatte – auf Geheiß des Geheimdienstchefs,
der seine Befehle von noch höherer Stelle erhalten hatte, vielleicht sogar
vom Wächter selbst. Der Gouverneur, der zur Zeit nicht mehr regierte als
das dreckige, kleine Loch, in das sie sich zurückgezogen hatten, rechnete
nicht damit, dass er den Zeitpunkt, wenn diese Waffe eingesetzt werden würde,
noch erlebte. Die Übermacht der Outsider, die in immer größer
werdender Anzahl aus den gigantischen Leibern der gelandeten Hairaumer quollen,
machte jede Hoffnung auf ein Durchhalten zunichte. Also blieb ihm nichts anderes
übrig, als seine Pflicht zu tun, wohl wissend, dass wahrscheinlich niemand
mehr davon Notiz nehmen würde.
    Nein, verbesserte sich Gul. Das stimmte so nicht ganz. Diese zwölf entschlossen
wirkenden Gardisten nahmen seinen eigenen Willen, jetzt nicht mehr zu resignieren,
durchaus ernst. Sie nahmen ernst, wie Commander Hoskins an der Spitze seiner
Männer den Raumhafen gestürmt und die Outsiderinvasion um jene zwei
bis drei Stunden aufgehalten hatte, die ausreichend gewesen war, um die Flucht
des Gouverneurs aus dem Hauptquartier zu ermöglichen. Sie nahmen ernst,
wie Zivilisten jede Waffe ergriffen, derer sie habhaft werden konnten und sich
den Gegnern in sinnlosem Aufbäumen entgegen warfen. Sie nahmen ernst, dass
Gul selbst mit ihnen kämpfte und sich nicht irgendwo verkroch, während
sie ihr Leben einsetzten, um das seine um Stunden oder Tage zu verlängern.
    Und das wiederum musste der Gouverneur sehr ernst nehmen.
    Er warf noch einen weiteren Blick in die Runde, dann nickte er.
    »Lasst uns losgehen!«
    In einer kleinen Kolonne wagten sich die Soldaten aus dem Unterschlupf. Es war
vier Uhr morgens und noch dunkel in diesem Randgebiet der Hauptstadt. Die Straßen
waren menschenleer. All jene, die Angst hatten, sich den Invasoren entgegen
zu stellen, verbargen sich in ihren Häusern und hofften auf das Beste.
Die Outsider hielten niemanden davon ab, seinem normalen Tagwerk nachzugehen
– so lange er jünger als etwa 35 Jahre war. Ältere wurden auf
offener Straße aufgegriffen und sofort in die Enthirnungsanlagen der Fremden
gebracht, die sie auf dem Raumhafen gelandet hatten. Andere, die merkten, dass
sie sich relativ unbehelligt bewegen konnten, begannen, das Beste aus ihrer
Situation zu machen. Erste Geschäfte würden bald wieder öffnen,
und irgendwann würden sich auch genügend viele Kollaborateure finden,
die die Vorteile einer Kooperation mit den Outsidern zu schätzen wussten:
Für Verdienste in der Aufrechterhaltung des Nexoversums vergaben die Outsider
zusätzliche Lebensjahre. Wer gut diente, mochte alt werden, viel älter
als der durchschnittliche Bewohner des Herrschaftsbereiches. Sicherheitskräfte
würden sich langsam aber stetig mit Freiwilligen füllen, nicht zuletzt
deswegen, weil einem allein schon die Meldung für die Rekrutierung ein
oder zwei zusätzliche Lebensjahre bescherte, ein Aufstieg in den Rängen,
eine weitere Bewährung noch mehr. Gul machte sich keine Illusionen, was
das betraf, und er war darüber nicht einmal besonders entsetzt. Er nahm
den Kollaborateuren nicht übel, dass sie an eine Rettung durch das Imperium
nicht glaubten.
    Er selbst hatte große Zweifel daran, noch auf die Wunderwaffe zu hoffen.
Sein Vertrauen in das Imperium war sicher ebenso geschwunden wie das vieler
seiner Bürger. Dennoch wollte er den Gedanken an ein letztes Aufbäumen
des Widerstandes nicht begraben, denn dann würde er sich selbst und das,
was er jetzt gerade, in diesem Augenblick, tat, ebenfalls in Abrede stellen.
    Die Kolonne marschierte langsam durch die nächtliche Stadt.
    Outsiderpatrouillen konzentrierten sich bis jetzt auf das Tageslicht, für
eine vollständige Okkupation waren die Invasoren immer noch zu wenige.
Außerdem warteten sie sicher, bis ihre eigenen, neuen Sicherheitskräfte
einsatzbereit waren, um für sie die Drecksarbeit zu machen.
    Die Outsider hatten Zeit. Der vereinzelt aufflackernde Widerstand würde
irgendwann zusammen brechen. Das Nexoversum hatte Hunderttausende von Welten
auf diese Art und Weise erobert. Die Geduld der Outsider und ihrer Helfer überspann
Dekaden, nicht Wochen oder Monate. Es gab keinen Grund zur Eile. Sie würden
nicht einmal den Raumschiffverkehr unterbinden: Für sie war jeder Ort,
an den Flüchtlinge entkamen, nur ein
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