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Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen

Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen
Autoren: Sylke Brandt
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Dann wandte er sich
um und stapfte davon.
    Gedemütigt schlich Kentnok hinterher.

    Kentnok Arbeitsplatz war von bedrückender Belanglosigkeit: ein Instrumentenpult
und ein abgeschabter Sessel in einem winzigen Kabuff am Rande der Fabrikanlage.
Da alles, was er an persönlichen Dingen aufgehängt hätte, nur
Futter für Tandruks Maschinerie des Spottes und Hohnes gewesen wäre,
verzichtete Kentnok auf jegliche Dekoration. Die nackten Plastikwände zeigten
das fahle Grüngrau einer ungesunden Schluttnick-Gesichtsfarbe – wahrscheinlich
entstand dieser Ton, wenn man die Reste aller in der Fabrik verwendeten Lackierungen
zusammenschüttete, um damit die unwichtigen Bereiche zu streichen. Manchmal
fragte sich Kentnok, ob von der sonderbaren Wandfarbe vielleicht giftige Dämpfe
ausgingen und er wurde den Verdacht nicht los, dass die Firmenleitung seinen
kleinen Raum nur deswegen gestrichen hatte, weil das die billigste Möglichkeit
war, Farbreste loszuwerden, die sie ansonsten als Giftmüll hätten
entsorgen müssen.
    Trotz der Schäbigkeit dieses Arbeitsplatzes wären überall im
Raumcorps, im Multimperium und in den anderen großen Sternenstaaten Tausende
von hochbezahlten Ingenieuren und Wissenschaftlern ohne zu Zögern aufgesprungen,
wenn man ihnen angeboten hätte, Kentnoks Job für ein Jahr zu übernehmen.
Auch mit der Hälfte seines Lohnes. Als unbezahltes Praktikum. Oder wenn
sie noch Geld hätten mitbringen müssen. Sie wären in begeisterten
Scharen aus ihren hochmodernen, mit künstlichem Sonnenlicht perfekt durchfluteten,
nach allen neusten Erkenntnissen designten Forschungslaboren gerannt, hätten
ihre teuren Penthousewohnungen, ihre Familien und Freunde zurückgelassen,
um auf dem übergroßen, quietschenden Sessel Platz zu nehmen, die
Hände auf die zerrissenen Armstützen zu legen und mit leuchtenden
Augen auf Kentnoks Überwachungsanzeigen zu starren. Und sie wären
glücklich gewesen, der Quelle des größten Rätsels der Schluttnicks
so nahe zu sein.
    Das lag nicht an Kentnoks eigentlicher Aufgabe, gewiss nicht. Schon als Kind
hatte die Indoktrinationsassistentin in seiner Unterrichtsgruppe die Eltern
des kleinen Kentnok mit Bedauern darauf hingewiesen, dass es ihrem Sohn an elementaren
Eigenschaften wie Geschäftssinn, Habgier, Rücksichtslosigkeit und
moralischer Flexibilität mangelte – unverzichtbare Bestandteile einer
wirklichen wirtschaftlichen Karriere. Stattdessen besäße er ein nahezu
unanständiges Maß an Phantasie und wäre oft abwesend, um seinen
Gedanken nach zu hängen. Jegliche gehobene Position, die auch nur ein geringes
Quantum an Eigeninitiative verlangte, wäre für dieses Kind absolut
unpassend. Das Wort der Indoktrinationsassistenten hatte Gewicht, nicht zuletzt,
weil es in die Lebensakte eines jungen Schluttnicks einging. Resigniert und
tief enttäuscht nahmen die Eltern ihre vorsorgliche Anmeldung an der Akademie
der Prahlenden Profite zurück und schickten Kentnok stattdessen zu
einer Technikerschule. Es war ein später, aber immerhin tröstender
Triumph, dass er eine außergewöhnliche Begabung für Maschinen
zeigte – so sehr, dass er sein Studium mit einigem Interesse betrieb. Seine
Ergebnisse waren hervorragend. Kentnok wollte Raumschiffingenieur werden, doch
als er mit seinem Zeugnis aus der Schule trat, hatte seine Familie bereits etwas
»Besseres« für ihn gefunden. Er bekam eine Anstellung als Atmosphärenmanipulator
in der glanzvollsten, renommiertesten und wichtigsten Fabrik auf ganz Schluttnick
Zentral. Nichts, wofür man ein 18-Gänge-Menü geschmissen hätte,
aber doch etwas, was sich bei einem Krug Sahnekrokantlikör ohne Scham erwähnen
ließ. Somit waren Kentnoks Eltern fast glücklich – im Gegensatz
zu ihrem Sohn.
    Mit einem tiefen Seufzer ließ sich Kentnok in seinen Sessel fallen und
starrte scheinbar geschäftig, aber blicklos auf die Überwachungsmonitore.
Der Verlust seiner Ikarus -Sammelkarte schmerzte ihn. Die Schluttnicks
waren hervorragende Händler – wobei »hervorragend« nicht
immer positiv gemeint sein musste – aber besser im Export als im Import.
Wozu importieren, so lautete ihr Motto, wenn die besten Waren ohnehin auf Schluttnick-Zentral
hergestellt wurden? Rohstoffe flossen in großen Mengen auf diesen Planeten,
aber kaum Produkte anderer Völker. Die Schluttnicks zeigten insgesamt die
satte Selbstzufriedenheit einer
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