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Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen

Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen
Autoren: Sylke Brandt
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ein Gimmick ist, Captain? Ich meine, ein Schlutterware-Gimmick? Ohne Ihnen
Details verraten zu dürfen ...«
    Es wurde eine lange Geschichte.
    Es war ein Heldenepos.
    Aber Roderick Sentenza schaffte es nicht, in der Zeit seinen Schokoriegel auf
zu essen.
    Es war einfach zu schwer, zu kauen, wenn einem ständig vor Verblüffung
der Mund offen stand.

    »Prior Asiano wurde beobachtet, wie er nach dem Gespräch mit dem Erzprior
recht lange an den Fenstern seiner Zimmer stand«, berichtete Bruder Priss
mit halblauter Stimme. Er war so weit über den Computerterminal gebeugt,
dass es aussah, als wäre er zu kurzsichtig, um die Zeichen auf dem Monitor
richtig sehen zu können. In Wirklichkeit, das war Bruder Alfar klar, versuchte
er nur, so leise wie möglich zu sprechen. Alfar hatte gesehen, wie jüngere
Brüder und Schwestern ein kleines Mikrofon an ihrem Hals befestigten, wenn
sie im Scriptorium saßen und mit anderen im Netzwerk der Galaktischen
Kirche sprachen. Sie bewegten dann fast nur die Lippen und kein Ton war zu hören.
Bruder Priss war die Nutzung dieser Technik ebenso unvertraut wie Alfar selber,
und sie waren beide zu stolz oder zu wenig interessiert, um sich von den Jungen
belehren zu lassen.
    Bruder Alfar war das in diesem Fall nur recht. Zum ersten Mal stand er voller
Absicht in den Schatten und lauschte. Kein Zufall, kein Versehen. Er hatte darauf
gewartet, dass Bruder Priss sich dem Computer nähern würde, um seinen
Bericht zu erstatten, denn er hatte bald herausgefunden, dass die »Halle
der Stimmen« ein virtueller Treffpunkt im Netzwerk war und der »Graue
Engel« darin der Alias, hinter dem sich Schwester Immata verbarg. Er konnte
aus alten Naturstoffen ein Scharlachrot anmischen, das noch Jahrhunderte später
auf den Pergamentseiten leuchten würde und er vermochte vier verschiedene
altertümliche Schriften in Perfektion zu malen. Aber die Welt der Computer
war ihm weitgehend ein Rätsel. Während sich die ganze Welt nach vorne
bewegt hatte, war er im Schutz der Kirchengemeinde rückwärts durch
die Zeit gegangen. Nie war ihm das deutlicher geworden als in diesen Tagen.
    »Sie haben einen Schuldigen gefunden«, fuhr Bruder Priss gerade fort.
»Einer der Fedayin, die Asiano mitgebracht hat. Er hat gestanden, den Mord
begangen zu haben, aus übertriebener Loyalität. Der Mann wurde für
geistig nur bedingt zurechnungsfähig erklärt und ist jetzt in Gewahrsam.
Ihm wird der Prozess gemacht – Erzprior Decorian selber hat sich dafür
eingesetzt, die Verhandlung zügig und mit aller nötigen Härte
durchzuführen. Er will ein Zeichen setzen und Stärke beweisen. Nun,
das alles haben wir ja erwartet, nicht wahr? Keine wirkliche Überraschung.«
    Der alte Mann grinste plötzlich, als habe ein unerwartetes Geschenk für
Schwester Immata.
    »Die gute Nachricht ist, dass Prior Asiano verschwunden ist. Er muss sich
aus dem Staub gemacht haben, als alle wegen der Entdeckung des Mörders
in einiger Aufregung waren. Nein, er ist anscheinend nicht mehr auf St. Salusa.
So wie es aussieht, hat er der Galaktischen Kirche komplett den Rücken
gekehrt. Ich glaube nicht, dass wir uns ein besseres Schuldeingeständnis
vorstellen können, als die Flucht dieses sittenlosen Verräters! Ich
bin mir sicher, dass er den Mord selber angeordnet hat und jetzt auf Distanz
geht, ehe sein Strohmann irgendetwas ausplaudern kann. Damit hat Erzprior Decorian
seine rechte Hand verloren, was sicherlich ein ziemlicher Schlag für ihn
sein wird.«
    Das war sein Stichwort. Fast tat es Bruder Alfar leid, die glatte Zufriedenheit
von Bruder Priss zu stören. Sein Weltbild war gerade so rund geworden:
der lüsterne Böse hatte alle seine dunklen Erwartungen erfüllt.
Und nun kam er, Alfar, und streute einen kleinen Samen des Zweifels auf das
frisch gepflügte Feld.
    »Bruder Priss«, begann er und trat aus seinem Versteck – irgendwie
freute ihn der für einen Sekundenbruchteil erschrockene und ertappte Gesichtsausdruck
des alten Mannes. Das war schändlich von ihm, aber er war deswegen nicht
minder erheitert. Besser noch, der Ausdruck kehrte noch einmal wieder –
stärker diesmal –, als Bruder Alfar eine Verbeugung in Richtung der
Kamera des Computerterminals andeutete.
    »Schwester Immata, ich grüße auch Euch«, fügte er
deutlich leiser hinzu. Auf dem Bildschirm war nichts zu sehen, außer dem
Abbild einer Engelsfigur aus grauem
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