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Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen

Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen
Autoren: Sylke Brandt
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auf den großen Asteroiden zufliegen?«, beendete Kentnok
ihren Satz. Sie wandte sich zu ihm um und sah ihn verblüfft an.
    »Woher wusstest du das?«
    Kentok zuckte mit den Schultern.
    »Es würde in die Geschichte passen. Und außerdem ...« Er
hob die Hand und deutete aus dem kleineren Seitenfenster, »ist er nicht
zu übersehen.«
    Vor der sternengespenkelten Dunkelheit des Weltraums sah der Asteroid aus wie
eine erhabene Majestät auf dem Weg zu einer dringenden Audienz. Allein
die Tatsache, dass sich hinter ihm die rötlichen Schlieren eines fernen
Sternennebels erhoben, vor denen er sich als Schattenriss abzeichnen konnte,
machten es überhaupt möglich, ihn zu erkennen, denn er war schwarz
und finster, ein wirklicher Tyrann. Nein, von diesem heimlichen Herrscher des
Asteroidengürtels war keine Gnade zu erwarten. Er eilte durch sein Reich,
um einen ganzen Planeten für ein Vergehen zu bestrafen, dessen er sich
nicht einmal bewusst war. Wie ein angstvoller, devoter Hofstaat schwirrten unzählige
kleinere Asteroiden im Schlepp des großen Brockens in Richtung von Schluttnick
Zentral. Wegen seiner Größe wirkte es, als wäre der Koloss gemächlich
unterwegs, doch das täuschte. Er raste durch die Dunkelheit und es sah
nicht so aus, als gäbe es irgendeine Macht hier im System, die ihn von
seinem Vernichtungszug abhalten konnte.
    Ruklei öffnete dreimal den Mund und setzte an, etwas zu sagen, doch die
Worte wurden auf ihren Lippen zu Staub. Was sie sah, war zu gewaltig, zu erschreckend.
Das war kein astronomisches Phänomen, das sie durch ihre Instrumente beobachten,
vermessen und einschätzen konnte. Der Asteroid war so nahe, dass sie das
Gefühl hatte, ihn berühren zu können, wenn sie nur die Hand ausstreckte.
Die Sterne verschwanden hinter seiner finsteren Masse. Er war auf dem Weg nach
Schluttnick Zentral, aber der winzige Gleiter lag genau in seiner Spur. Nur
noch ein paar Minuten, und sie würden an dem Gestein zerschellen oder von
dem Schwarm der Trabanten zerschmettert werden.
    »Computer, bring uns hier weg!« Das war Kentnoks Stimme.
    »Leider ist das nicht möglich, Matrone. Die Steuerdüsen sind
nach wie vor nicht einsatzbereit. Die Reparatureinheiten benötigen weitere
siebeneinhalb Minuten.«
    »Die Zeit haben wir nicht!«
    Die Zeit haben wir nicht. Sie hatten keine siebeneinhalb Minuten mehr. Sie würden
so lange nicht mehr leben. Nach all den sinnlos verplemperten Jahren gingen
Kentnok jetzt die Sekunden aus.
    Mit Mühe riss Ruklei ihren Blick von dem Asteroiden los und richtete ihn
auf Kentnok, der ihn ruhig erwiderte.
    »Es war schön, dich kennen gelernt zu haben«, sagte sie.
    »Ja, dich auch«, antwortete er.
    Dann rutschten sie in dem breiten Sessel aufeinander zu und nahmen sich gegenseitig
in den Arm. Mitten in ihrer Angst merkte Ruklei, dass es sich gut anfühlte.
Sie hätte das schon viel eher machen sollen. Stumm schloss sie die Augen
und schmiegte sich enger an Kentnok. Sie hörte, wie die ersten kleinsten
Gesteinsbrocken gegen die Außenhülle des Schiffes schlugen.
    Dann fuhr ein Ruck durch das Shuttle und sie konnte einen Aufschrei nicht unterdrücken,
doch das Bersten und Brechen von Metall blieb aus. Stattdessen hörte sie,
wie Kentnok scharf die Luft einsog.
    »Er ... er ist hier!«
    Rukleis Kopf zuckte hoch ... und sie sah direkt in die blauen Augen des Helden.
Er war auf der anderen Seite der Panoramascheibe, hinter ihm nichts als die
Schwärze des Asteroiden, sein Gesicht erhellt von dem Dämmerlicht
aus der Kabine. Er sah sie beide an, nickte Kentnok zu, der die Geste erwiderte,
und schenkte dann Ruklei ein Lächeln. Sie beugte sich vor und legte die
Fingerspitzen von innen an das Fenster. Die Lippen des Helden bewegten sich.
Zwar konnte sie nichts hören, aber sie war sich fast sicher, was er sagte:
    »Alles wird gut.«
    Er zwinkerte und seine Augen leuchteten ein letztes Mal auf, dann packte er
das Shuttle, schleuderte es zur Seite und aus der Bahn des Asteroiden und seiner
Begleiter. Das letzte, was Kentnok und Ruklei sahen, war, wie der Held direkt
auf den Weltenzerstörer zuflog, beide Arme nach vorne ausgestreckt, als
würde er sich bereit machen, einen Ball zu fangen. Einen Ball von der Größe
eines kleinen Mondes. Dann war er aus dem Blickfeld.
    Eine Weile später schien die gewaltige Masse des Asteroiden inne zu halten,
ihren Kurs zu ändern und wieder zu beschleunigen,
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