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Rettungskreuzer Ikarus Band 015 - Die abwartende Dominanz

Rettungskreuzer Ikarus Band 015 - Die abwartende Dominanz

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 015 - Die abwartende Dominanz
Autoren: Dirk van den Boom
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darauf, dass er, genauso wie seine Vorfahren, diese Aufgaben immer gewissenhaft,
zuverlässig und zur allseitigen Zufriedenheit des Hegemons durchgeführt
hatte.
    Aus einer breiten Schwingtür trat ein Bediensteter des Palasts, erblickte
Shuran und deutete eine Verbeugung an. Der derzeitige Hegemon hatte übertriebene
Respektsbezeugungen im Palast für überflüssig erklärt, und
wenngleich dies dem Ehrempfinden des alten Faktotums nicht immer entsprach,
hatte er sich, wie immer, dem Willen seines Schutzbefohlenen unterworfen. Shuran
erkannte den Bediensteten; es war ein Pronthiri, der erst seit wenigen Monaten
im Palast arbeitete und sich als zurückhaltend, verständig und fleißig
entpuppt hatte.
    »Goswil«, grüßte Shuran den anderen. »Das Blumenarrangement
für den Empfang des Botschafters ist hoffentlich angekommen?«
    Der Angesprochene nickte. »Alles ist bereit. Ich habe noch einmal die Gästeliste
überprüft und in der Küche nachgesehen. Mir scheint, dass die
Vorbereitungen den Zeitplan einhalten können.«
    Shuran wirkte zufrieden. »Ich werde selbst noch einmal in die Küche
gehen«, kündigte er an. »Der Hegemon nimmt um diese Zeit immer
eine Kanne volgarischen Schwarzkakao. Ich werde sie ihm bringen.«
    »Oh, das habe ich schon getan«, erwiderte Goswil. »Ich war ja
dort, die Kanne war fertig, und ich habe sie gleich hingebracht. War ohnehin
auf dem Weg, ich muss jetzt als nächstes die Stallungen überprüfen.
Der Botschafter soll ein Pferdenarr sein, und der Hegemon bat mich, die Stallburschen
davon in Kenntnis zu setzen, dass man eventuell nachher vorbeikommen würde.«
    Shuran war erfreut über das Maß an Eigeninitiative Goswils und lächelte
den Bediensteten freundlich an. »Ausgezeichnet. Dann will ich Sie nicht
länger aufhalten.«
    Goswil verabschiedete sich und verschwand in Richtung der Stallungen.
    Shuran hielt einen Augenblick inne, dann lenkte er seine Schritte in die Großküche.
Die unterirdisch gelegene Anlage konnte bis zu 100 Gäste zugleich bewirten
und hatte einige der besten Köche der Hegemonie unter Vertrag. Ein 24-Stunden-Dienst
stand außerdem dem Staatsführer und seinen Ministern ständig
zur Verfügung. Pronthiri – ob Einheimische oder Zugewanderte –
mochten gutes Essen, das gehörte sicher zu den hervorstechendsten Kulturmerkmalen
der Hauptwelt der Hegemonie. Shurans durchaus beachtlicher Leibesumfang zeugte
von einer vollständigen Akzeptanz dieser kulturellen Verhaltensweise.
    Mit Freude stellte Shuran fest, dass Meister Hangisar Rubal Dienst in der Küche
hatte. Der Koch war nicht nur der ungekrönte König pronthirischer
Cuisine, er war auch bereits seit über 20 Jahren Angestellter des Palasts
und so etwas wie ein guter alter Bekannter von Shuran.
    »Ah, gut dass du kommst!«, begrüßte ihn der Koch. »Goswil
hat die Kekse vergessen!«
    Shurans eben noch so gute Meinung über den neuen Bediensteten rutschte
einige Grade in den negativen Bereich. Der Hegemon nahm den Schwarzkakao im
Regelfalle zusammen mit Süßgebäck, um den stark bitteren Geschmack
des ansonsten sehr bekömmlichen Getränks etwas auszugleichen. Eigentlich
wusste das jeder, nur Goswil hatte offenbar nicht richtig aufgepasst. Der Hegemon
hatte ihn wohl seinerseits nicht auf den faux pas aufmerksam gemacht, was seiner
sanften und nachsichtigen Art entsprach. Nun, Shuran war weder sanft noch nachsichtig,
wenn es um solche kapitalen Fehler ging, die das Wohlbefinden des Hegemons beeinträchtigten.
Mokhar selbst würde sich nicht beschweren, doch Shuran würde dies
an seiner Statt tun. Doch zuerst galt es, die Unterlassungssünde schnellstmöglich
wieder auszugleichen.
    »Ich mache das sofort!«, erklärte Shuran. Er ergriff den feinen
Porzellanteller mit den sorgsam arrangierten Stücken feinsten Gebäcks,
warf noch einmal in einem nahen Spiegel einen kritischen Blick auf seine wie
immer tadellose Erscheinung, dann drehte er sich um und machte sich auf den
Weg zu den Gemächern des Hegemons. Rubal sah dem Faktotum mit einer Mischung
aus Belustigung und Verständnis nach. Wie Shuran auch, war er der Ansicht,
dass man in dem, was man tat, immer das Beste geben sollte. Diese gemeinsame
Überzeugung war wohl auch die Grundlage der Freundschaft, die die beiden
verband.
    Das Faktotum schritt den langen Gang hoch, der die Küche mit den Diensträumen
des Hegemons verband, den Teller mit dem Gebäck
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