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Retter eines Planeten - 16

Retter eines Planeten - 16

Titel: Retter eines Planeten - 16
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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dich so haben, wie du bist, solange du DU SELBST bist.“
Ich drückte sie an mich. Für einen Augenblick ließ mich die Süßigkeit ihres warmen, nachgiebigen Mundes unter dem meinen alles vergessen — die Angst vor dem Morgen, meinen Haß und die ganze Bitterkeit, die ich für jene Menschen empfand, die mit meinem Leben gespielt hatten. Im Licht des sterbenden Feuers und im Wissen, daß ich sie vergessen würde, nahm ich sie in meine Arme.
Das Morgen war mir gleichgültig. Für mich galt jetzt nur der Augenblick. Und der Augenblick gehörte ihr und mir.
Da wußte ich, wie Männer fühlen, die im Schatten des Todes lieben. Das ist schlimmer als der Tod. Ich hatte noch eine zusätzliche Hölle, denn wenn ich lebte, würde ich nur noch ein kalter, schattenhafter Geist meines SELBST sein, der durch kalte Tage und noch kältere Nächte irrte. Wir waren voll Leidenschaft, Wildheit und Verzweiflung. Beide versuchten wir eine ganze, lebenslange Zukunft in ein paar gestohlene Stunden zu stopfen, da wir wußten, daß keine Zukunft auf uns wartete. Aber als ich dann im blassen Dämmerlicht in Kylas Gesicht sah, war meine Bitterkeit verschwunden.
Vielleicht wurde ich für immer in ein Nichts weggespült, vom Wind aus dem Gedächtnis der Menschen geblasen, um als Geist, als Nicht-Wesen einfach zu verblassen und zu vergehen. Aber bis zum letzten Augenblick meines Bewußtseins, bis in die allerletzte Faser meines Seins, bis zum letzten verhauchenden Atemzug würde ich den Menschen dankbar sein, wenn Geister Dankbarkeit kennen, die mir dieses Erlebnis geschenkt hatten, die mich aus dem Nichts riefen, um mir diese Stunden zu schenken. Um mich die Tage des harten Kampfes, die Liebe der Kameraden, den reinen Wind der Berge auf meinem Gesicht und das letzte Abenteuer, die warmen Lippen der Frau in meinen Armen erleben zu lassen.
In diesen wenigen Wochen meines Lebens hatte ich mehr Glück gefunden, als Jay Allison in seinen weißen, sterilen Jahren je finden konnte. Ich hatte mein Leben gelebt. Ich brauchte ihn nicht mehr zu beneiden, ihm nicht mehr zu grollen.
    *
    Am folgenden Nachmittag erreichten wir den Rand des Dorfes, wo uns das Flugzeug aufnehmen sollte. Wir stellten fest, daß die ärmeren Häuser alle verlassen waren. Keine Frau ging durch die Straßen, kein Mann lungerte auf dem Gehsteig herum, kein Kind spielte in einem der staubigen Höfe. „Es hat begonnen“, sagte Regis düster und verließ unsere Karawane, um durch die Tür einer verlassenen Wohnung zu spähen. Er winkte mir zu, und ich sah hinein.
Ich wollte, das hätte ich nicht getan. Dieser Anblick würde mich wohl mein Leben lang verfolgen. Ein alter Mann, zwei junge Frauen und ein halbes Dutzend Kinder zwischen vier und fünfzehn Jahren lagen dort drinnen. Der alte Mann, eines der Kinder und eine der jungen Frauen lagen in sauberen Sterbehemden da, und ihre Gesichter waren nach Darkovanersitte mit grünen Zweigen bedeckt. Die andere junge Frau kauerte tot neben der Feuerstelle, und ihr grobes Gewand war mit dem Erbrochenen bedeckt, das sie sterbend von sich gegeben hatte. Die Kinder… Mich würgt es noch immer, wenn ich an die Kinder denke. Ein sehr kleines hatte die Frau in den Armen gehabt, als sie zusammenbrach. Es war dann von ihr weggekrochen. Die anderen Kinder befanden sich in einem unbeschreiblichen Zustand. Eines bewegte sich noch schwach, aber helfen konnte man auch ihm nicht mehr. Regis wandte sich mit geschlossenen Augen ab, lehnte sich an die Mauer und zog die Schultern in die Höhe, als versuche er einen tödlichen Schlag abzuwehren. Erst dachte ich, es sei eine Geste des Ekels, doch dann wußte ich, daß es ein Ausdruck hilfloser Trauer war. Tränen liefen ihm über die Hände, und als ich nach seinem Arm griff, um ihn zu den anderen zurückzuführen, da taumelte er, so daß ich ihn auffangen mußte.
„Oh, ihr Götter, diese Kinder, diese Kinder!“ stöhnte er mit tränenerstickter Stimme. „Jason, wenn du je an dem gezweifelt hast, was du getan hast, dann denke an diese Kinder! Du hast die ganze Welt vor diesem Elend gerettet. Du hast etwas vollbracht, was nicht einmal den Hasturs gelingen konnte!“ Mir schnürte es die Kehle zusammen. Es war nicht nur Verlegenheit. „Wir müssen erst noch warten, ob die Terraner damit fertig werden“, gab ich ihm zu bedenken. „Und du gehst jetzt, zum Teufel noch mal, von dieser Tür weg! Ich bin immun, aber du bist es, verdämmt hoch mal, nicht!“ Ich mußte ihn wegführen von diesem Haus, von diesen
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