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Rette meine Seele - Vincent, R: Rette meine Seele

Rette meine Seele - Vincent, R: Rette meine Seele

Titel: Rette meine Seele - Vincent, R: Rette meine Seele
Autoren: Rachel Vincent
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stand eine hochgewachsene, schlanke Frau, deren Gestalt nur als dunkler Umriss zu erahnen war. Ihre Augen waren als Einziges genauer zu erkennen – sie waren grün und glühten gruselig. „Wer ist das?“Ich warf Nash einen fragenden Blick zu, und er nickte bejahend. Er sah die Frau also auch, was höchstwahrscheinlich bedeutete, dass sie es so wollte.
    „Das ist Libby, von der Spezialeinheit.“ Todd strahlte mich ungewohnt begeistert an. „Sie ist gekommen, als wir die Liste für diese Woche gekriegt haben. Extra für diesen einen Job!“
    Bei der besagten Liste handelte es sich um die Reaperliste. Sie enthielt den Namen, Sterbeort und Todeszeitpunkt all der Menschen, die innerhalb der nächsten Woche in der näheren Umgebung sterben sollten.
    „Du wusstest also, was passieren würde?“ Natürlich war Todd ein Reaper, aber es erstaunte mich trotzdem jedes Mal, dass er ganz anders auf den Tod reagierte als ich. Im Unterschied zu den meisten anderen fürchtete ich nicht meinen Tod, sondern den aller anderen. Denn sobald ich die Seele eines Verstorbenen zu Gesicht bekam, verwandelte ich mich in eine kreischende Irre. Zumindest glaubten das die meisten Menschen, wenn sie meine Schreianfälle miterlebten. Sie konnten ja nicht ahnen, dass ich durch mein „hysterisches Kreischen“ die Seelen der Verstorbenen, die den Körper verließen, in einer Art Schwebezustand halten konnte.
    Manchmal beneidete ich die Menschen um ihre Ahnungslosigkeit, aber die Zeit der Unwissenheit war für mich nun einmal vorbei, ob es mir passte oder nicht.
    „Ich wollte mir die Chance, Libby arbeiten zu sehen, auf keinen Fall entgehen lassen. Sie ist eine lebende Legende!“ Todd zuckte die Schultern. „Plus: Ich habe Addy wiedergesehen.“
    „Herzlichen Dank, dass du uns mitgeschleift hast!“, entgegnete Nash patzig.
    „Was macht sie denn genau?“, fragte ich, als der nächste Schwung Helfer an uns vorbeirannte – zwei Leibwächter undein kleiner, schmaler Mann mit verkniffener Miene, der zugleich neugierig und auf routinierte Art besorgt wirkte. Ein Arzt vermutlich. „Und was macht diesen Auftrag so besonders?“
    „Libby ist eine ganz besondere Reaperin“, erklärte Todd. Sein sonst blonder Kinnbart schimmerte im Scheinwerferlicht bläulich. „Sie wurde angeheuert, weil das da …“, er deutete auf die Substanz, die Libby gerade über mehrere Meter und Dutzende Köpfe hinweg aus Edens Körper zu inhalieren schien, „… keine Seele ist. Sondern Dämonenatem!“
    Jetzt war ich doch ziemlich froh darüber, dass die anderen Todd nicht hören konnten. Mich dagegen leider schon. „Dämon, so wie in ‚Hellion‘?“, flüsterte ich so leise wie möglich.
    Todd nickte und lächelte grimmig wie immer. Allein das Wort „Hellion“ jagte mir eine Höllenangst ein, aber Todd schien sich an der Gefahr regelrecht aufzugeilen. Das kam anscheinend dabei heraus, wenn man sich im Jenseits langweilte.
    „Sie hat ihre Seele verkauft …“, flüsterte Nash angewidert. Obwohl ich noch nie einen Hellion getroffen hatte – sie konnten die Unterwelt zum Glück nicht verlassen –, war mir ihr Appetit auf menschliche Seelen nur allzu vertraut. Vor sechs Wochen hatte meine Tante Val versucht, fünf gestohlene Teenagerseelen gegen ewige Jugend und Schönheit einzutauschen. Der Plan war nach hinten losgegangen, und Val hatte den letzten Teil der Abmachung mit ihrer Seele bezahlt. Trotzdem hatten vier Mädchen für ihre Eitelkeit sterben müssen.
    Wieder zuckte Todd die Schultern. „Sieht ganz so aus.“
    „Warum sollte jemand so etwas tun?“, fragte ich entsetzt. Nash schien meine Abscheu zu teilen, wohingegen Todd völlig ungerührt blieb. „Normalerweise, um reich und berühmt zu werden.“
    Genau das war Eden.
    „Na gut, sie hat ihre Seele also an einen Hellion verkauft.“ Das hörte sich alles ziemlich verrückt an. „Will ich wirklich wissen, wie der Dämonenatem in ihren Körper gelangt ist?“
    „Wahrscheinlich nicht“, murmelte Nash, als der schwere dunkle Bühnenvorhang zugezogen wurde und das entsetzte Flüstern des Publikums verstummte.
    Doch wie immer ließ Todd sich die Gelegenheit nicht entgehen, mir einen Einblick in die Unsitten der Unterwelt zu gewähren – unterstrichen von ein paar äußerst taktlosen Gesten. „Der Hellion hat ihr die Seele im wahrsten Sinne des Wortes ausgesaugt und ihr dann seinen Atem eingehaucht. Damit konnte sie bis zu ihrem Todestag weiterleben. Und genau deswegen ist Libby hier.
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