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Rette meine Seele - Vincent, R: Rette meine Seele

Rette meine Seele - Vincent, R: Rette meine Seele

Titel: Rette meine Seele - Vincent, R: Rette meine Seele
Autoren: Rachel Vincent
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mich auf die Zehenspitzen und schrie Nash ins Ohr: „Er hat Backstagepässe!“
    „Wo hat er die her?“ Nash runzelte die Stirn. Auf der Bühne entledigte Eden sich gerade ihrer Jacke und tanzte in Leder-BH und kurzem Rock weiter.
    „Willst du das wirklich wissen?“ Reaper wurden für ihre Arbeit nicht bezahlt – zumindest nicht mit Geld –, deshalb hatte Todd die Pässe sicher nicht gekauft. Genauso wenig wie die Karten.
    „Nein“, sagte Nash knapp, folgte mir aber, als ich mich umdrehte und Todd nachging.
    Es war ein aussichtsloses Unterfangen, mit dem Reaper Schritt zu halten. Schließlich musste er sich nicht an Hunderten begeisterter Fans vorbeidrängeln und sich nicht jedes Mal entschuldigen, wenn er jemandem auf den Fuß getreten war oder ein Getränk umgestoßen hatte. Er ging schnurstracks durch die Sitze und die Besucher hindurch, als existierten sie gar nicht. Was sie in seiner Welt wahrscheinlich auch nicht taten.
    Wie alle Reaper lebte Todd zwischen den Welten: unserer, in der Menschen und Banshees relativ harmonisch zusammenlebten, und der Unterwelt, in der sich ein Haufen dunkler und gefährlicher Wesen herumtrieb. Wenn er wollte, konnte er sich materialisieren und sich unauffällig unter den Menschen bewegen. Das tat er aber nur selten. Denn wenn er körperlich in Erscheinung trat, vergaß er meist, Hindernissen wie Stühlen, Tischen und Menschen auszuweichen. Außerdem hatte er einen Riesenspaß daran, seinen Bruder zu ärgern, indem er für ihn unsichtbar blieb. Ich kannte kein anderes Geschwisterpaar, das sich so wenig ähnlich war wie Nash und Todd. Sie gehörten nicht einmal derselben Spezies an – zumindest nicht mehr.
    Denn die Brüder waren beide als Banshees geboren worden, genau wie ihre Eltern. Doch als Todd vor zwei Jahren im Alter von siebzehn Jahren gestorben war, war es etwas kompliziert geworden, sogar für Bansheeverhältnisse. Denn Todd hatte sich von den Reapern rekrutieren lassen. Er hatte seinen Körper behalten, konnte jedoch nicht mehr altern. Im Gegenzug hatte er sich dazu verpflichtet, täglich zwölf Stunden zu arbeiten und die Seelen der Menschen einzusammeln, deren Todestag gekommen war. Ein Reaper brauchte weder Schlaf noch Nahrung (wenn er sie auch hin und wieder zu sich nahm), weshalb er sich die restlichen zwölf Stunden am Tag entsetzlich langweilte. Und weil Nash und ich zu den wenigen Auserwählten gehörten, die von seiner Existenz wussten, litten wir am meisten unter seiner Langeweile.
    Wegen Todd waren wir schon fast überall hinausgeflogen: aus dem Einkaufszentrum, der Eislaufbahn und dem Bowlingcenter, und das alles innerhalb eines Monats. Als ich mich nun hinter ihm durch die Menschenmenge drängte, schwante mir, dass das Konzert wohl bald auch auf der Liste stehen würde.
    Nashs genervter Gesichtsausdruck ließ darauf schließen, dass er seinen Bruder immer noch nicht sehen konnte. Darum zog ich ihn weiter hinter mir her und versuchte, Todds blonden Lockenkopf nicht aus den Augen zu verlieren. Er steuerte direkt auf eine Tür zu, auf der in großen roten Buchstaben „Ausgang“ stand.
    Am Ende von Edens Song setzte ein grelles lila Blitzlichtgewitter ein, dann wurde es stockdunkel. Ich blieb wie angewurzelt stehen, weil ich befürchtete, im Dunkeln zu stolpern und in irgendeiner klebrigen Pfütze zu landen. Oder auf einem fremden Schoß. Sekunden später ging das Licht wieder an, und Eden ließ im Takt des zweiten Lieds die Hüften kreisen. Siehatte sich umgezogen und trug ein noch knapperes Outfit als vorher. Todd würdigte die Sängerin keines Blickes, sondern verschwand wortlos durch die geschlossene Tür.
    Nash und ich rannten ohne Rücksicht auf die Zehen der Zuschauer los und waren völlig außer Atem, als wir die Tür erreichten. Ausnahmsweise war sie nicht abgeschlossen.
    Todd wartete im Flur und schwenkte breit grinsend die Backstagepässe. „Wo bleibt ihr denn? Seid ihr etwa auf allen vieren rausgekrochen?“
    Erstaunlicherweise war die Musik jetzt kaum noch zu hören, obwohl im Saal eine ohrenbetäubende Lautstärke geherrscht hatte. Allerdings vibrierte der Boden unter meinen Füßen vom Dröhnen der Bässe.
    Nash ließ meine Hand los und funkelte Todd wütend an. „Manche müssen sich eben an die Naturgesetze halten!“
    „Das ist nicht mein Problem.“ Todd warf uns je einen Pass zu. „Essen, schlafen – dieser ganze Mist interessiert mich nicht.“
    Ich hängte mir den Ausweis um und warf mein langes braunes Haar über die
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