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Rescue me - Ganz nah am Abgrund

Rescue me - Ganz nah am Abgrund

Titel: Rescue me - Ganz nah am Abgrund
Autoren: Sabine Koch
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damit, weil ich dachte – hoffte – du würdest heiß sein, daran zu arbeiten. Und sogar mich dafür in Kauf nehmen würdest.“
    Ryan zog eine kleine Grimasse. „Und anscheinend hat es ja funktioniert. Ich war so froh, als du wieder mit mir gesprochen hast – na ja, es war wohl eher ein Rumgrummeln, da habe ich die ganze Sache nicht weiter hinterfragt.“ Er lehnte jetzt wesentlich entspannter in meinen Armen. Seine Hände strichen über meinen Unterarm, der die ganze Zeit quer vor seiner Brust lag. Ein leises Lächeln huschte über sein Gesicht. „Dafür, dass du dich ändern wolltest, hast du dich aber ganz schön oft wie ein Arsch benommen! Eine komische Art, mir zu zeigen, dass du mich brauchtest.“
    „Ich weiß. Und es tut mir leid“, antwortete ich zerknirscht und rieb meine Wange an seiner. „Es ist eben nicht einfach, alte Gewohnheiten abzulegen. Du hast dich nicht davon abschrecken lassen, oder?“
    „Nein. Obwohl ich echt drauf und dran gewesen bin. Nach dem du mich … du weißt schon … rausgeworfen hattest. Auf dem Heimweg war ich echt sauer und schwor mir, dich ein für alle Mal in deinem Elfenbeinturm verrotten zu lassen.“ Er beugte sich etwas zur Seite, musste sich strecken, denn ich ließ ihn nicht los, aber schließlich erreichte er die kleine Skizzenmappe, die sich wie immer in seiner Nähe befand. Diesmal lag sie am Ende der schmalen Arbeitsfläche. Schnell blätterte er sie durch, und hielt mir ein Blatt daraus hin. „Doch dann wurde ich zusammengeschlagen, und du kamst zu mir nach Hause.“
    Neugierig sah ich auf die Bleistiftzeichnung und wieder dauerte es einen Augenblick, bis ich erkannte, was – oder besser wen – es darstellte.
    „Du weißt, welchen Moment ich festgehalten habe, ja?“, fragte Ryan leise und drehte sich endlich zu mir um.
    „Mhm“, machte ich nur. Es hatte mir die Sprache verschlagen. Er hatte mich in dem Augenblick eingefangen, als ich völlig ungeschützt und wehrlos mein Innerstes preisgegeben hatte. Kurz, nachdem Ryan mich zum ersten Mal berührt hatte. Unwillkürlich legten sich meine Fingerspitzen an die Stelle meines Gesichtes. Niemals würde ich diese Geste vergessen können.
    „Ich zeichnete dieses Porträt sofort, nachdem du von mir weggelaufen bist. Dieser Blick, mit dem du mich angesehen hast, oh Mann, … es ging mir durch und durch. Für einen Bruchteil nur hattest du deine abweisende Maske fallen lassen, mich dahinter schauen lassen. Unbewusst. Doch ich habe es gesehen, erkannte, was du wirklich fühlst. Zum Glück glaubte Mom, ich heule wegen meiner geprellten Rippen“, beichtete er dann. Pustete seine Locke aus dem Gesicht und schwieg. Dann schob er sich auf die Arbeitsplatte hoch, jetzt stand ich zwischen seinen Beinen. Wir sahen uns tief in die Augen.
    „Ich liebe dich. Sehr“, sagte er schlicht. „Es hat etwas gedauert, bis ich es erkannte, doch ich liebe dich. Mehr als alles andere auf der Welt.“ Ryan beugte sich vor, und seine Lippen berührten meinen Mund. Wir küssten uns, langsam, behutsam, so, als sei das, was wir miteinander hatten, noch zart und zerbrechlich. Dann schmiegte er sein Gesicht in meine Halsbeuge, die Arme fest um meine Taille.
    „Sogar mehr als den Mustang!“
    „So! Mehr als den Mustang!“, wiederholte ich trocken, während ich ihn an mich drückte, um ihn nie wieder loszulassen. Die Erleichterung darüber, diese Sache jetzt aus der Welt geschafft zu haben, ließ mir glatt die Knie zittern. Dad hatte wieder einmal recht gehabt – und mir wurde bewusst, wie sehr er mir fehlte.
    Ich seufzte leise, schlang Ryan die Arme fester um den Leib. Ich würde mich jetzt mit ihm aufs Sofa verziehen, und ihm all die Dinge sagen, die ich ihm schon längst hätte sagen sollen. Dass es sein sonniges Gemüt war, das ich liebte. Die Art, wie er andere zum Lächeln brachte. Und mich zum Lachen. Allein dafür würde ich ihn ewig lieben.
    Ich war gerade im Begriff, ihn von der Arbeitsplatte zu heben, da sah ich in der Scheibe eine Bewegung – und erstarrte. Dort, wo ich eben noch den Kühlschrank hinter mir hatte stehen sehen können, stand jetzt etwas anderes. Ein Mann. Ein sehr großer Mann.
    Ich spürte, wie sich die Härchen an meinen Armen aufstellten, etwas Eiskaltes meinen Rücken herunterrieselte. Hier ging gerade Unheimliches vor sich, denn ich kannte diesen Mann.
    Es war John James Lafferty. Mein Dad! Seine hünenhafte Gestalt stand vor dem Kühlschrank, er schaute genauso aus, wie an dem letzten Tag, den wir
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