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Renner & Kersting 01 - Mordsliebe

Renner & Kersting 01 - Mordsliebe

Titel: Renner & Kersting 01 - Mordsliebe
Autoren: Angelika Schroeder
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eilig und nur ihre Putzutensilien im Blick. Auch die Sekretärin kam nicht in Frage. Sie arbeitete an zwei Tagen in der Woche hier und konnte die meisten Schüler nicht auseinander halten. Nein, es blieben nur die Lehrerinnen. Die Opfer hatten verschiedene Klassen besucht. Wer hatte alle drei gekannt? Und wie konnte sie erfahren, wer um Sandras, Benjamins und Marcels Einsamkeit gewusst hatte?
    „Was? Wie bitte?” Helga schrak hoch als sie ihren Namen hörte.
    „Ich sagte, dass Sie das Mädchen doch auch kennen, Frau Renner, und ich gern Ihre Meinung dazu hören würde!”, wiederholte Raesfeld vorwurfsvoll.
    „Äh ja, natürlich.”
    Mit den Gedanken nur halb bei der Sache, berichtete sie von ihren Erfahrungen mit Jasmin, die alles andere als erfreulich waren. Anschließend wandte sie sich sofort wieder ihren alten Überlegungen zu. Wessen Geist geriet bei Vollmond so sehr in Verwirrung, dass sie die Kinder lieber tötete, als sie zu ihren Müttern zurückzuschicken? Helgas Augen wanderten von einem Gesicht zum nächsten.
    Konnte es Frau Stellmann sein, die immer wieder über die unerzogenen Kinder schimpfte? Frau Schnoor, die mehr an ihre Pensionierung dachte als an die Schule? Frau Kolczewski, die egoistisch und ehrgeizig war und die dem Hörensagen nach ziemliche Schwierigkeiten mit ihrer Klasse hatte? Frau Steinhofer, die in der letzten Zeit so viel unter einem kriminellen Vater zu leiden gehabt hatte? Unter einem Vater, der seinen Sohn ebenfalls vernachlässigte! Frau Goppel, die mit ihrer Energie und ihren dummen Sprüchen für Heiterkeit sorgte, aber auch manchem auf die Nerven ging? Und der es angeblich schwer fiel, unter ihren Kindern Ordnung und Disziplin aufrecht zu halten? Oder Frau Paukens, die sich nachmittags auf dem Schulhof mit Kindern abgab, die nicht wussten, wohin sie sonst gehen sollten? Und dann gab es da noch die Lehramtsanwärterin, Frau Meierfeld, die manchmal etwas naiv schien. Alle anderen Kolleginnen wohnten so weit außerhalb, dass man sie getrost außer Acht lassen konnte.
    Helga schüttelte den Kopf, als wollte sie die bösen Gedanken vertreiben, doch diese hatten sich festgesetzt. Immer wieder der gleiche Gedanke … einzige Gemeinsamkeit … die Schule. Wenn ihre Theorie in Bezug auf die Vernachlässigung stimmte, dann musste es jemand vom Kollegium sein. Von der Lehramtsanwärterin abgesehen, kannte sie alle schon seit mehreren Jahren, und nie war eine Lehrerin durch geistige Verwirrtheit aufgefallen. Es konnte nicht sein! Es durfte nicht sein! … einzige Gemeinsamkeit … die Schule! Zum wiederholten Male schweiften ihre Blicke, von Beate Paukens, die ihr direkt gegenüber saß, zur Garderobe, die sich rechts an der Längswand befand und unter all den Jacken und Mänteln kaum zu erkennen war. Frau Schnoors roter Hut mit der langen Feder, über die sie sich schon so oft amüsiert hatten, lag am Boden. Unter einer giftgrünen Jacke, die vermutlich Frau Meierfeld gehörte, hing ein grauer Wollmantel. Ein grauer Wollmantel! Helgas Kopf drohte zu zerspringen. Gewaltsam riss sie sich zusammen, schaute sich um, blickte jeder Kollegin aufmerksam ins Gesicht.
    „Jede Äußerung eines Kindes ist Kommunikation. Der Schüler will auf etwas hinweisen mit seinem Verhalten, und es ist Sache der Lehrerin, zu erkennen, was ein Kind mit seinem Verhalten ausdrücken will.” So hochgestochen konnte nur Linda reden. „Wir müssen uns um diese kommunikative Kompetenz bemühen, auch wenn das im alltäglichen Unterricht manchmal schwer fallen sollte. Aber auch Schwierigkeiten können produktiv gestaltet werden.”
    „Prinzipiell hat Frau Kolczewski sicherlich Recht, aber wir alle wissen, wie schwierig es ist, mit einem gestörten Kind umzugehen, wenn da noch neunundzwanzig andere sitzen, die ein Recht auf guten Unterricht haben. Kein Kind wird mit Verhaltensstörungen geboren, es sind die Eltern, die ihre Kinder kaputtmachen. Wir können leider nur wenig tun, um diesen armen Dingern wirklich zu helfen.” Frau Paukens ereiferte sich und gestikulierte mit den Händen. Die Manschetten ihrer Bluse rutschten hoch, so dass die Kratzer an den Handgelenken gut zu sehen waren.
    Sie hat Rosen umgepflanzt, sie war im Garten, dachte Helga. Eine so hilfsbereite Frau konnte doch nicht …! Eben, sie war gutmütig, sie liebte Kinder, und die Morde waren aus Mitgefühl begangen worden. Helga hatte es erst am Freitagnachmittag Ali und Ilse erklärt. Beate Paukens? Der graue Wollmantel gehörte ihr. Helga
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