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Renner & Kersting 01 - Mordsliebe

Renner & Kersting 01 - Mordsliebe

Titel: Renner & Kersting 01 - Mordsliebe
Autoren: Angelika Schroeder
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welche den Schluss jeder Sitzung ankündigten.
    „Das wäre es für heute, es sei denn, jemand von Ihnen hätte noch etwas auf dem Herzen?” Er warf einen vielsagenden Blick auf die große Uhr, die über der Tür hing.
    Wenigstens fünf Köpfe drehten sich erwartungsvoll Frau Steinhofer zu.
    „Ja doch, ich hätte noch etwas.” Zunächst stockend und nach Worten suchend, dann immer flüssiger, begann sie ihre Geschichte zu erzählen. Je weiter sie fortschritt, umso sicherer fühlte sie sich. Geschickt legte sie nun das Gewicht auf die Erpressung.
    Raesfeld war fassungslos. Seine Gesichtsfarbe wechselte von fahlem Weiß zu Puterrot, und ein oder zweimal versuchte er Angela zu unterbrechen, wobei er jedoch nicht mehr als ein „Äh hm” hervorbrachte. Offensichtlich wusste er nichts zu sagen. Als Helga seinen Gesichtsausdruck studierte, stieg Lachen in ihr auf, das sie mühsam unterdrückte. Da wurde von ihm nicht bloß Toleranz gegenüber einer lesbischen Kollegin verlangt, etwas, das er in seiner bisherigen Laufbahn noch nie erlebt hatte, nein, er musste sich auch noch mit einer handfesten Erpressung abgeben. Das war zuviel!
    „Nun … also …” Er hatte noch nie nach Worten suchen müssen. Ganz im Gegenteil, die Kollegen fürchteten seine Lust an der eigenen Rede. Sprachlosigkeit war eine völlig neue Erfahrung für ihn und das Kollegium.
    „Es – äh, es ist gut, dass Sie uns sofort alles offen erzählt haben …” Eine hohle Phrase, nach der er nicht mehr weiter wusste. Elli Goppel übernahm das Wort.
    „Ich denke, dass das Privatleben der Kollegin uns überhaupt nichts angeht. Wir sollten hier nur entscheiden, ob wir eine Strafanzeige gegen Herrn Müller einreichen wollen.”
    „Äh, ich finde, so einfach dürfen wir es uns nicht machen. Wenn erst einmal den Eltern bekannt wird, dass Frau Steinhofer, nun ja …”
    „Und? Was dann?” Die Frage von Frau Kolczewski klang sehr herausfordernd. „Was kann schon geschehen, selbst wenn es den Eltern bekannt würde? Solange Frau Steinhofer ihren Unterrichtsverpflichtungen nachkommt, kann niemand etwas gegen sie unternehmen. Auch Lehrer haben das Recht auf ein Privatleben, in das sich niemand einmischen darf.”
    „Ja, sicher – aber das Gerede! Wir wissen doch, wie schwierig der Umgang mit den Eltern oft ist.” Nervös ordnete er seine Unterlagen. „Wir haben schon Probleme genug, auch ohne dass nun noch … äh … so etwas dazukommt. Es wäre besser, Frau Steinhofer würde von sich aus einen Antrag auf Versetzung stellen.”
    Das war wieder einmal typisch, dachte Helga böse. Er besaß nicht den Mumm, sich hinter die Kollegin zu stellen und versuchte nun auf diese Weise, sich die Affäre vom Hals zu schaffen. Hoffentlich würde Angela nicht darauf eingehen.
    „Nein!” Angela sprang auf und blickte wild um sich. „Ich will nicht weglaufen, sondern die Geschichte hier und jetzt durchstehen. Wenn ich mich an eine andere Schule verkrieche, werde ich wieder Angst haben müssen, dass irgendwann irgendjemand etwas herausfindet. Und das wird geschehen, sobald Müller den Mund aufmacht.”
    „Ich muss der Kollegin zustimmen. Homosexualität ist schon lange nicht mehr strafbar. Also darf niemand etwas gegen Frau Steinhofer sagen, jedenfalls nicht laut. Geredet wird über Lehrer sowieso immer. Und es sollte ihr und uns egal sein, wenn hinter unseren Rücken getratscht wird. Das werden wir nie verhindern können. Lehrer sind nun mal ein beliebtes Gesprächsthema.” Das hatte niemand von Frau Stellmann erwartet. Der Rektor starrte die ältliche Kollegin erstaunt an. Vehement fuhr sie fort: „Dies ist eine gute Gelegenheit, allen zu zeigen, dass wir uns einig sind, dass unser Kollegium sich von niemandem drangsalieren lässt. Und dass wir unsere Zensuren unbestechlich nach bestem Wissen und Gewissen erteilen!”
    „Das ist viel wichtiger als die Frage, ob Frau Steinhofer mit einem Freund oder einer Freundin zusammenlebt. Gerüchte dringen immer zu den Eltern durch, und es ist besser, sie reden über unsere Rechtschaffenheit”, Kollege Reiser zog seine Mundwinkel zu einem breiten Grinsen auseinander, „als dass sie sich den Kopf zerbrechen, welche Gründe wohl zur plötzlichen Versetzung von Frau Steinhofer geführt haben, meinen Sie nicht auch?”
    Natürlich meinte der Rektor das auch, trotzdem gab es für ihn immer noch ein Aber. „Es schadet dem Ruf der Schule, wenn eine Lehrerin mit einer Frau zusammenlebt.” Dabei wich er den Blicken seines
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