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Rendezvous mit Übermorgen

Rendezvous mit Übermorgen

Titel: Rendezvous mit Übermorgen
Autoren: Arthur C. Clarke
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Borzow wirkte beeindruckt. Wie er dies so oft tat, hatte David Brown seine Wortgewandtheit dazu benutzt, eine Niederlage in einen Teilsieg zu verwandeln. Der sowjetische General beschloss, seine Taktik zu ändern. Gedämpft sagte er in eine Pause hinein: »Dennoch dürfen wir nie vergessen, dass bei dieser Mission Menschenleben auf dem Spiel stehen und dass wir nichts unternehmen dürfen, was deren Sicherheit gefährden könnte.« Er schaute der Reihe nach alle am Tisch an. »Mir liegt genauso sehr daran, Bioten und andere Proben von Rama heimzubringen, wie euch allen«, sprach er weiter, »doch ich muss gestehen, dass die unbekümmerte Vermutung oder gar Annahme, dass dieses zweite Raumschiff genau dem ersten entsprechen müsste, mich ziemlich stark beunruhigt. Welche stichhaltige Indizien besitzen wir von der ersten Begegnung, dass diese Ramaner - oder was immer sie sein mögen -, friedlich sind? Überhaupt keine. Also könnte es durchaus gefährlich sein, überstürzt einen Bioten einzufangen.«
    »Aber es gibt keine Möglichkeit, Commander, das vorher so oder so sicherzustellen.« Richard Wakefield meldete sich aus der Mittelposition am Tisch, zwischen Borzow und Brown. »Sogar wenn wir uns vergewissern, dass das neue Raumschiff exakt dem ersten entspricht, wissen wir noch immer nichts darüber, was passieren kann, wenn wir eine konzertierte Aktion starten, einen Bioten einzufangen. Nehmen wir doch mal für den Augenblick an, dass Dr. Brown recht hat und dass die beiden Raumschiffe nichts weiter sind als höchst komplizierte Roboter, die vor Millionen Jahren von einer inzwischen ausgestorbenen Rasse am anderen Ende der Galaxis konstruiert worden sind ... wie könnten wir vorhersehen, was für routinemäßige Subprogramme vielleicht diesen Bioten zur Bewältigung feindseliger Aktionen mitgegeben ist? Was wäre, wenn die Bioten auf eine von uns nicht feststellbare Weise integraler Bestandteil der Gesamtfunktion des Raumschiffs wären? Dann wäre es natürlich, nicht wahr, dass sie, auch als bloße Maschinen, darauf programmiert wären, sich zu verteidigen. Und es ist denkbar, dass ein erster scheinbar feindseliger Akt von unserer Seite zum auslösenden Moment werden könnte, das die gesamten Funktionspläne des Raumschiffs verändert. Ich erinnere mich, was ich über das Robot-Landefahrzeug gelesen habe, das 2012 in dem Athanmeer auf Titan zu Bruch ging: Da gab es völlig unterschiedliche Sequenzen,je nachdem, was ...«
    »Stop!« Janos Tabori unterbrach ihn freundlich lächelnd. »Die Mysterien der frühen robotischen Erforschung unseres Sonnensystems stehen nicht auf der Tagesordnung unserer heutigen Leichenschau.« Er blickte über die Länge des Tischs zu Borzow hinüber. »Skipper, meine Schulter schmerzt, mein Magen ist leer, und die Aufregungen des heutigen Trainings haben mich ziemlich geschlaucht. Alle diese Reden sind ja wundervoll instruktiv, aber wäre es womöglich - sofern keine speziellen dringlicheren Punkte vorliegen - nicht allzu unverschämt von mir, wenn ich einen baldigen Abbruch dieser ... ah ... Konferenz vorschlage, damit wir endlich mal genug Zeit haben, gemütlich unsere Sachen zusammenzupacken?«
    Admiral Heilmann beugte sich vor. »Kosmonaut Tabori, die Teambesprechungen finden unter dem Vorsitz General Borzows statt Es liegt bei ihm zu entscheiden, wann ...«
    Der sowjetische Commander fuhr Heilmann mit einer Armbewegung ins Wort. »Das reicht, Otto. Ich glaube, Janos hat recht. Es war ein langer Tag, und das nach siebzehntägiger extrem angespannter Aktivität. Wir setzen die Besprechung besser fort, wenn wir alle wieder frisch und munter sind.«
    Borzow erhob sich. »Also schön. Wir unterbrechen jetzt erst einmal. Die Shuttles zum Flughafen gehen gleich nach dem Abendessen ab.« Das Team begann aufzubrechen. »Während eurer kurzen Ruhepause«, fügte Borzow, als wäre es ihm gerade eingefallen, hinzu, »wünsche ich von allen, dass ihr darüber nachdenkt, wo wir in der Trainingsplanerfüllung stehen. Uns bleiben hier im Trainings-Center nur noch drei Wochen Zeit für Simulationsarbeit, bevor wir in den Weihnachtsurlaub gehen.
    Und sofort nach Neujahr werden wir mit dem Intensivtraining der Startvorbereitungen beginnen. Dieser nächste Trainings-abschnitt ist unsere letzte Chance, die Sache gut hinzukriegen. Ich erwarte, dass alle topfit für diese Restaufgabe zurückkommen - und voll frischem Engagement für unsere wichtige Mission.«

4 Das große Chaos
    Die Ankunft des ersten
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