Rendezvous mit Biss: Roman (German Edition)

Ich bin dir dafür den Rest meines Lebens etwas schuldig.«
    Darius musterte mich, seine Augen suchten die meinen. Es tat weh, in sein hageres, markantes Gesicht zu sehen, mit der perfekten Haut, die nur von der gezackten Narbe auf seiner Wange durchbrochen wurde. Ich würde ihn mein Leben lang begehren, auch wenn er mir immer wieder das Herz brach.
    »Auf Wiedersehen, Darius«, sagte ich sanft. »Pass auf dich auf.«
    »Du auch, Daphne. Aber das tust du ja ohnehin immer.« Er drehte sich um, trat zur Tür und ging, ohne sich noch einmal umzusehen.

    Als ich mich am Dienstagabend aus meinem Sarg erhob, bekam ich sofort ein schlechtes Gewissen, weil ich Fitz’ Anruf nicht beantwortet und daher seit unserer Verabschiedung am Montagmorgen nicht mehr mit ihm gesprochen hatte. Ich würde es gleich als Erstes in Angriff nehmen.
    Jade lag vor der geheimen Tür zu meinem Sargzimmer, und als ich sie sah, durchströmte mich eine riesige Woge der Liebe. Sie war wieder bei mir und in Sicherheit. Natürlich dachte ich auch an Darius, aber mir fiel auf, dass ich gar nicht von ihm geträumt hatte. Und obwohl ich ihm für Jades Rettung unendlich dankbar war, hatte ich das Gefühl, als hätte ich endlich aufgehört, meinen Kopf gegen eine Wand zu schlagen – und es fühlte sich gut an.
    Ich ging zum Telefon und wählte Fitz’ Nummer. Er hob nach dem ersten Klingeln ab.

Epilog
    N iemand von uns hörte je wieder etwas von Tallmadge, nachdem Moses Johnson ihn beim Club rausgelassen hatte. Für mich bedeutete dies keinen großen Verlust, für Benny hingegen schon. Sie erkundigte sich bei Cathary nach ihm, und er teilte ihr mit, dass Tallmadge auf unbestimmte Zeit verreist sei. Ich fragte mich, ob Tallmadge versuchen wollte, dem langen Arm des Geheimdienstes zu entwischen. Als ich Mar-Mar nach ihrer Meinung fragte, erwiderte sie, dass Tallmadge sicherlich Wichtigeres im Kopf hätte. Falls er auf der Flucht ist, dann hat er meine volle Unterstützung. Wenn er den Häschern entkommt, beweist uns das allen, dass eine Flucht möglich ist.
    Benny erholte sich übrigens schnell wieder von ihren Blessuren aus dem Kampf mit der Gräfin. Als ich sie am Dienstagabend nach meinem Telefonat mit Fitz anrief, nahm überraschenderweise Cormac den Anruf entgegen. Zeternd ließ er sich darüber aus, wie sauer er war, dass er die ganze Action verpasst hatte, bevor er sich bequemte, Benny ans Telefon zu holen.
    Als ich sie nach ihrer körperlichen Verfassung fragte, erhielt ich als Antwort: »Ohne überheblich klingen zu wollen, kann ich behaupten, dass ich mich weitaus besser fühle als gewöhnlich.«
    Kurz gesagt: Ihr schien es wieder gut zu gehen.
    In jener Nacht nahm ich noch einmal die U-Bahn Richtung Jackson Heights. Tino Leguizamo wohnte nicht mehr in 3D, und bisher hat es keine weiteren Versuche gegeben, meinen Hund zu stehlen. Ich glaube immer noch nicht ganz an das Motiv des »magischen Hundes«. Vermutlich geht es eher darum, etwas gegen mich als Spionin in der Hand zu haben. Jade macht mich verwundbar, und das sollte ich wohl im Hinterkopf behalten.
    Am Freitagabend in jener Woche sprach Joe Daniel am Strawberry Fields Memorial im Central Park zu mehreren hundert amerikanischen Gewerkschaftsführern und sozialen Aktivisten sowie Würdenträgern aus aller Welt über Frieden. Während die Zuschauer brennende Kerzen in der Hand hielten, erzählte Daniel davon, wie sich John Lennon die Welt vorgestellt hatte – als einen Ort, an dem Menschen in Frieden zusammenleben und sich den Planeten teilen, den wir unser Zuhause nennen. Es war eine sehr spirituelle Rede.
    Keine Schüsse entweihten diese Hommage an einen Mann und seine Idee. Daniels geschichtsträchtiger Auftritt endete ohne Zwischenfälle.
    Etwas später im Madison Square Garden legte Daniel seine Pläne dar, die Erderwärmung zu stoppen, die Umwelt zu sanieren, die weltweite Abhängigkeit von Treibstoff auf Kohlenstoffbasis sowie Amerikas Beteiligung an den Ölkriegen im Mittleren Osten zu beenden. Daniel war nicht zimperlich, aber er klang weitaus mehr wie John Kennedy als wie Mohandas Gandhi. Ich weiß es. Ich war beide Male da. Am Ende des Abends trat der Vorsitzende des Nationalen Demokratischen Komitees auf Joe Daniel zu und fragte ihn ganz offiziell, ob er als Präsidentschaftskandidat der Demokraten in den Wahlkampf ziehen wolle. Daniel stimmte zu. Es war ein historischer Moment. Hoffentlich hält Daniel unversehrt bis zum Wahltag durch und überlebt, falls er gewinnt, lange