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Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Titel: Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz
Autoren: Ilkka Remes
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umklammerte ihren Rucksack und duckte sich. Dabei kam ihr etwas Wasser in die falsche Kehle. Ihr Husten wurde von einem zweiten Schuss übertönt. Keith war getroffen worden, aber er feuerte zurück.
    Draußen hörte man arabische Rufe.
    »Luuk …«, rief Saara, aber da wurde bereits die Tür aufgerissen. Starke Hände ergriffen sie und zerrten sie aus dem Wagen wie eine Puppe, obwohl sie sich mit aller Kraft zu wehren versuchte. Einen kurzen Moment lang sah sie den Fahrer blutüberströmt über dem Lenkrad hängen.
    Ihr Schrei wurde von der Kapuze erstickt, die man ihr über den Kopf stülpte. Das Letzte, was Saara sah, war ein Mann, der sich ein Tuch um den Kopf geschlungen hatte. In den Schlitzen sah man seine Augen funkeln.
3
    Die Frau in den schwarzen Kleidern hob weinend die Hände.
    »Vergebung für alle Sünden« , rief der Prediger mit bebender Stimme vor der Gemeinde und deutete auf die Frau. »Vergebung für alle Sünden …«
    Alle, die zum Sündenbekenntnis gekommen waren, hoben die Hände und standen auf. Einige trampelten mit den Füßen auf den lackierten Holzfußboden, andere weinten und schluchzten lautstark.
    »Vergebung für alle Sünden im Namen und im Blute Jesu« , fuhr der Prediger fort, worauf er der Reihe nach mit der Hand auf jeden zeigte, der seine Sünden bekannte. Dann fügte er mit einer Stimme, die aus der Tiefe zu kommen schien, hinzu: »Auch ich bin versucht und gepeinigt worden. Darf auch ich hoffen, Vergebung für alle Sünden und Fehler meines Lebens zu erhalten?«
    »Vergebung für alle Sünden«, murmelten die Zuhörer im Chor und wiesen dabei mit den Händen auf den Prediger. »Vergebung für alle Sünden im Namen und im Erlöserblute Jesu!«
    Schließlich erscholl im Raum ein kraftvolles Lied, in das alle einstimmten.
    »Herr, schau auf unser Elend und habe Mitleid mit unserm Unglück groß. Denk auch an mich, der ich hier leide ohne Trost …«
    Von den zwanzig Personen war die Luft in der Bauernstube stickig geworden, aber schon bald nach dem Lied duftete es nach Kaffee und frischem Hefegebäck. Labkäse und Moltebeerenkonfitüre wurden serviert, die Löffel klimperten in den Tassen, und man plauderte. Im Licht der Hofbeleuchtung sah man vor dem Fenster die Schneeflocken fallen.
    »Das hat mich aber sehr gefreut, die Saara nach langer Zeit mal wieder zu sehen«, sagte eine schlanke grauhaarige Frau zu Saara Vuorios Mutter. »Erja klagt immer, dass sie sich so selten sähen.«
    »Ich sage ja immer zu Saara, sie soll doch mal zur Ruhe kommen und in ihrem Leben ein bisschen langsamer machen«, antwortete die etwas rundlichere Frau, die ihren Kaffee auf der Untertasse abkühlen ließ. Sie war schwarz gekleidet und trug ein besticktes Tuch über den Schultern. »Sie müsste langsam mal sesshaft werden. Und Kinder kriegen.«
    Sie merkte, dass sie damit einen wunden Punkt getroffen hatte, denn Marjatta Yli-Honkilas Nichte Erja war noch nicht einmal verheiratet.
    »Ach, ich denke noch so oft an die Schulzeit, als Saara und Erja bei uns am Küchentisch saßen und eifrig ihre Hausaufgaben machten«, sagte Marjatta beinahe verträumt.
    Plötzlich kam Unruhe auf bei den Gemeindemitgliedern, die am Fenster saßen. Einige sahen neugierig in den Hof hinaus, wo sich der Lichtkegel eines Autos in den Tanz der Schneeflocken bohrte.
    »Was ist denn los?«, fragte jemand, als das weißblaue Polizeifahrzeug neben den anderen Autos im Hof parkte.
    »Polizei.«
    Die Unterhaltung endete abrupt, man hörte nur noch das Rasseln der Standuhr.
    Saaras Mutter konnte sich nicht beherrschen, sondern flüsterte der neben ihr sitzenden Marjatta ins Ohr: »Was, um Himmels willen, sucht die Staatsgewalt denn unter den Kindern Gottes?«
    Sonst wagte niemand etwas zu sagen. Ein ernster Polizist betrat die Stube, grüßte und bat Marjatta Yli-Honkila, mit ihm in den Flur zu kommen. Marjatta stellte die Kaffeetasse so hastig und ungeschickt auf der Bank ab, dass es schepperte. Ansonsten herrschte Stille im Raum.
    »Raimo, könntest du mit mir kommen?«, sagte Marjatta mit bebender Stimme zum Hausherrn. Der musste sie am Arm stützen, als sie den Raum verließen.
    Die schweigende Gemeinde hielt den Blick unverwandt auf die weiß gestrichene Tür geheftet.
    Kurz darauf ging sie auf. Der Hausherr kam herein, stand einen Augenblick reglos da, wandte sich dann an die Anwesenden und sagte: »Gott hat heute Abend eines seiner Kinder zu sich gerufen …« Seine Stimme war kurz davor zu brechen, aber dann wurde sie auf
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