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Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Titel: Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz
Autoren: Ilkka Remes
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Überrest eines ausgebrannten Lkw aus und setzten die Fahrt in Richtung des Felsengebildes in der Ferne fort.
    Die Reifen rumpelten in den Schlaglöchern, und die altersschwachen Stoßdämpfer wimmerten. Im Kofferraum des Kombis lag der maltesische Sicherheitsmann. Um dessen Arm war als Druckverband ein schmutziges Tuch geschlungen worden, das einer der Iraker nun noch fester zog. Die Kugel, die dem Sicherheitsmann die Schlagader am Handgelenk aufgerissen hatte, war seitlich im Brustkorb stecken geblieben, der mit einem anderen Stofffetzen verbunden war. Der zweite Entführte hatte eine Schusswunde an der Schulter.
    Der Iraker rief dem Fahrer etwas zu. Der reagierte nicht, sondern sprach aufgeregt ins Funkgerät, während er das Auto in rasender Geschwindigkeit über die Sandpiste lenkte.
    Im Laderaum des vorausfahrenden Lieferwagens lagen mit gefesselten Händen und mit schwarzen Hauben über dem Kopf ein Mann und eine Frau. Ihre Körper wurden im Takt der heftigen Lenkbewegungen hin und her geworfen. Man hatte ihnen eine Nylonschnur durch den Mund gezogen und am Hinterkopf verknotet, um sie am Sprechen zu hindern.
    Saara war schweißgebadet. Das Auto fuhr in ein Schlagloch, und ihr Kopf prallte auf den Wagenboden. Sie fühlte sich wie ein Tier auf dem Weg zum Schlachthaus, versuchte aber ihr Entsetzen hinunterzuschlucken und zu verhindern, dass sie hysterisch wurde.
    Sämtliche Schreckensszenarien waren wahr geworden. Saara hatte immer schon Angst davor gehabt, irgendwann zum Thema der Fernsehnachrichten zu werden: als sprechender Kopf, der um Gnade bettelte, aber schließlich doch vom Rumpf abgetrennt würde. Sie hatte immer versucht sich einzureden, dieses Schicksal könne nur andere ereilen. Menschen, die sie nicht kannte.
    Aber jetzt …
    Ich werde euch geben, was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was keine Hand je berührt und kein Menschenherz ahnen kann …
    Saara spürte eine feste Kraft in sich wachsen. Aufgrund der Angst und der unruhigen Fahrt hatte sie sich auf die Wolldecke übergeben, die im Wagen ausgebreitet war. Jetzt brachte sie der scharfe Geruch erneut zum Erbrechen, was wegen der Nylonschnur zusätzlich schmerzhaft war. Sie hatte Angst zu ersticken. Ihr Gesicht lag in dem Blut, das aus Luuks Schulter sickerte.
    Als der Brechreiz nachließ, versuchte Saara den galligen Speichel, den sie noch im Mund hatte, zu schlucken, aber das war nicht möglich, weil die Schnur auf die Zunge drückte.
    Hört diese Fahrt denn nie auf, dachte sie, obwohl sie noch nicht wusste, welcher Alptraum nach der Ankunft beginnen würde.
    Bei allem Entsetzen fragte sich Saara aber auch, wo ihr Rucksack mit dem Aluminiumbehälter hingeraten war.
    Warum gerade jetzt?, fragte sie sich.
    Der Landrover wirbelte Schnee auf. Karri hielt das Lenkrad umklammert und senkte leicht die Geschwindigkeit, denn die Fernstraße, die nach Norden führte, war spiegelglatt. Er hatte das Handy noch immer nicht eingeschaltet, sondern war in Gedanken versunken. Die Erschütterung ließ nicht nach, im Gegenteil, sie wurde immer heftiger.
    Warum hatte jemand einen Menschen wie Erja Yli-Honkila umgebracht? Einen rationalen Grund dafür konnte es nicht geben. Oder doch? Worauf hatte Tuija angespielt? Allerdings hasste diese Frau alle Laestadianer.
    Mit Tomi und Launo hatte er nicht ernsthaft reden können. Seine Achtung vor den beiden Männern war vollkommen verschwunden. Sie waren unzivilisiert und gefühlsarm. Oder waren sie nur nicht fähig, die Situation verbal zu verarbeiten? Stellte er sich ungerechtfertigt über sie? Brauchte es nicht gerade eine gewisse Nervenstärke, Vitalität, Zähigkeit und Cleverness, um in diesen Wäldern am Ende der Welt, unter dem Druck der Naturgewalten überhaupt existieren zu können? Es war die gleiche Festigkeit, die er an Saara so schätzte.
    Karri selbst stammte aus Sotkamo, das etwas weiter südlich lag. Seine Eltern waren ganz aus dem Süden Finnlands dort hingezogen, weil sein Vater eine Stelle als Arzt bekommen hatte.
    Nun schaltete Karri sein Handy ein. Alle waren es gewohnt gewesen, dass er immer erreichbar war. Jetzt war das nicht mehr nötig. Es gab keine Kunden mehr, die in anderen Zeitzonen lebten und ihn zu allen Tages- und Nachtzeiten erreichen wollten.
    Das Display teilte ihm mit, dass er eine Nachricht auf der Mailbox hatte. Die konnte noch nicht von Saara stammen, das wusste er.
    Tatsächlich war die Nachricht von ihrer Mutter. Sie bat ihn, so schnell wie möglich zurückzurufen. Ihre
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