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Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Titel: Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz
Autoren: Ilkka Remes
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Und was uns Kinder der Welt betrifft – über uns reden sie, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist.«
    In Launos Stimme lag Bitterkeit, beinahe Hass. Karri wollte keinen Streit anfangen. Er wusste, dass Launo seit Jahren Reibereien mit frommen Mitgliedern der Laestadianer-Bewegung hatte. Ebenso Tuija.
    »Die Polizei will uns noch einmal gründlich vernehmen«, sagte Tomi und beschleunigte in den sanften Kurven der unbefestigten Straße. »Einzeln. Wir bleiben Wort für Wort bei dem, was wir ihnen von Anfang an gesagt haben. Kapiert?«
    Karri fing Tomis harten Blick im Rückspiegel auf. Tomi wollte seine Umgebung immer vollkommen unter Kontrolle haben, und seine Worte waren speziell an Karri gerichtet.
    »Was gibt es daran nicht zu kapieren«, sagte Karri. »Aber gegenüber einem Mord wiegt Wilderei nicht viel.«
    »Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Es ist zu deinem eigenen Vorteil, wenn du kapierst, wo es langgeht.«
    Tomis drohender Unterton gefiel Karri überhaupt nicht.
    »So eine Bluttat ist für uns alle ein Schock«, sagte er ruhig. »Aber es gibt keinen Grund, seine Gefühle an den anderen auszulassen.«
    »Gefühle? Was redest du da für einen Scheiß?«
    Launo schob Karri die Schnapsflasche zu, die er zwischen den Sitzen gefunden hatte. »Jetzt mal ganz ruhig. Es gibt keinen Grund zur Panik. Hier, nimm ein paar Ohrentropfen.«
    Karri schüttelte den Kopf. Das tat er bei solchen Gelegenheiten meistens, daher sorgte seine Ablehnung nicht für Verwunderung. Launo nahm einen ordentlichen Schluck.
    Tomi sah ihn darauf verächtlich an. »Sachte, sachte – nicht dass du deswegen den Mund weiter aufreißt, als gut ist.«
    »Bei wem soll ich schon den Mund aufmachen?«, fragte Launo trocken.
    Tomi antwortete nicht. Launo lebte wie ein Eremit, er redete im Ort mit fast niemandem.
    Der Wagen näherte sich der Ortschaft, deren Lichter im feuchtkalten Abenddunkel schimmerten. Tomi senkte die Geschwindigkeit vorschriftsgemäß. Die Straße war glatt. Beiderseits der Straße verliefen breite Rad- und Fußwege, und dahinter leuchteten Neonreklamen an kastenförmigen Geschäftsgebäuden: GENOSSENSCHAFTSBANK, HAUSHALTSWAREN, ALKO, S-MARKT, PIZZA-SERVICE, STAR-BURGER. Neben dem Verwaltungsgebäude befand sich das Polizeirevier, vor dem zwei neue Polizeifahrzeuge aufgetaucht waren – und ein Leichenwagen.
    »Kühlen Kopf bewahren, Jungs, egal, was kommt«, flüsterte Launo wichtigtuerisch.
    Vor einigen Stunden war Karri noch zufrieden gewesen, das Vertrauen der beiden Männer verdient zu haben. Jetzt graute es ihm vor seiner Schauspielerei. Warum musste er so tun, als käme er mit waschechten Bauerntrampeln zurecht? Stammte das Bedürfnis dazu noch aus der Kindheit? Sehnte er sich einfach danach, akzeptiert zu werden – egal von wem?
    Sie fuhren am Hallenflohmarkt des Arbeitslosenvereins vorbei, an der Kirche und am Friedhof. Das Gotteshaus war um diese Zeit dunkel, aber vor dem großen, alten Holzhaus hundert Meter weiter stand ein Dutzend Autos. Alle Fenster der Friedensgemeinde, wo sich die Laestadianer versammelten, waren hell erleuchtet. Karri versuchte zu erkennen, ob das Auto seiner Schwiegermutter dort stand. Wahrscheinlich.
    Er hatte den ganzen Abend das Handy ausgeschaltet gehabt, aus mehreren Gründen. Einer bestand darin, dass er das Klagen und Lamentieren von Saaras Mutter über Erjas Tod nicht hören wollte.
    Sein neuer, dunkelgrüner Landrover stand vor dem Laden für Autozubehör, der in einem alten Viehstall aus Backstein untergebracht war. Tomi ließ Karri aussteigen und fuhr dann aus der Ortschaft hinaus, zu dem abgelegenen Haus, in dem Launo wohnte.
    Karri stand neben seinem Wagen im Schnee und zitterte vor Kälte. Plötzlich fuhr ein Polizeiauto in hohem Tempo an ihm vorbei, mit Blaulicht, aber ohne Sirene. Es folgte ein zweiter Streifenwagen und dahinter ein Ford-Zivilwagen.
    Was war jetzt los?
    Karri begann, den Schnee von der Windschutzscheibe zu wischen. Ein weiteres Auto fuhr auf der Straße vorbei, aber langsamer. Der Leichenwagen.
5
    Der Reifen drehte durch und wirbelte Sand auf. Daraufhin trat der Iraker mit dem Tuch um den Kopf noch heftiger aufs Gaspedal und kurbelte am Lenkrad des alten Lieferwagens. In der Dunkelheit änderten die Scheinwerfer die Richtung, und das Auto setzte sich in Bewegung.
    Hinter ihm, fast unmittelbar an der Stoßstange, hing ein Mercedes-Kombi. Am Rand der Wüstenpiste erschrak ein Schakal und verschwand in der Finsternis. Die Autos wichen geschickt dem
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