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Reise ohne Ende

Reise ohne Ende

Titel: Reise ohne Ende
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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konnten schön sein oder schrecklich, aber sie waren immer neu und fremd; und die alten Welten waren, wenn man den Schock auf sich nahm und zurückging, ebenfalls neu und fremd. Was die Galaxis anbetraf, war man unsterblich, aber man wurde immer wieder von dem losgerissen, was man vorher gekannt hatte …
    Gildoran drehte sich zu Raban um und fragte ihn plötzlich: »Ist es immer so? Wird jede neue Welt verdorben – jedesmal? Finden wir nur dafür neue Welten, damit die Leute dann herkommen können, um sie zu zerstören und zu verbrauchen?« Raban lachte, aber die beiden Jüngeren konnten erkennen, wie ernst seine Augen waren. Er sagte: »Du mußt daran denken, daß sie es nicht ‚verderben’ nennen, sondern Entwicklung, Zivilisation. Die meisten Leute haben es gern, wenn ihre Welt ein wenig bebaut ist. Du darfst sie nicht verurteilen.«
    Am Fuß des großen Schiffs schüttelte er sich sorgfältig den Schmutz von den Füßen und sagte lachend: »Vielleicht ist die Zivilisation ja gar nicht so schlecht. Ich habe mir schon oft überlegt, warum wir uns von ihnen den Weg zum Schiff nicht betonieren lassen. Wir mußten diesen ja schließlich zwei Jahre lang benutzen, und jedesmal ruiniere ich mir die Schuhe dabei!«
    Er deutete seitwärts. »Seht mal, die Bedienungsmannschaft nimmt schon das Gerüst ab. Wir werden wahrscheinlich bis Mitternacht die Starterlaubnis bekommen. Ich weiß, daß eigentlich jeder bis um zehn wieder an Bord sein sollte. Jetzt müssen sie wahrscheinlich im letzten Augenblick noch eine Menge Besorgungen für jedermann erledigen.«
    Er schwenkte die Leiter hoch. Gildoran und Ramie folgten ihm langsamer und drehten sich um, damit sie auf die Leute heruntersehen konnten, die Material und Vorräte in die unteren Luken einluden. Kleine Buden, Freizeiteinheiten, alles wurde abgerissen und mit gigantischen Kränen und Maschinen weggekarrt. Die Leiter selbst würde schließlich auch verschwinden.
    Gildoran kletterte neben dem Mädchen die Leiter hoch und stieg in die vertrauten blaß vergoldeten, kühl beleuchteten Gänge des unteren Bereichs ein. Sie traten in einen Gravitationsschacht und schwebten zum Wohnbereich hoch. Raban, der allein mit irgend etwas beschäftigt war, stieg unter ihnen aus; die beiden Jüngeren merkten eigentlich nichts davon. Er war älter und hatte, zumindest technisch gesehen, eine gewisse Autorität über sie, so daß sie sich freier fühlten, wenn er nicht da war. Sie unterhielten sich jedoch nicht. Gildoran war in herzzerreißenden bedauernden Erinnerungen versunken, und auch das Mädchen sagte nichts.
     
    Ich möchte gerne wissen, ob jeder etwas hat, wovon er den Abschied nicht ertragen kann, aber doch weiß, daß er sein muß.
    Ramie hatte Freunde hier – sie hat von ihnen gesprochen, und möglicherweise hat sie auch Liebhaber gehabt.
    Ist es immer so? Für jeden?
    Davon spricht nie jemand, aber so muß es sein.
     
    Auf der vierten Ebene blieben sie vor einem Schaltbrett mit einer Uhr darin stehen, drückten ihre Identitätsscheiben dagegen und beobachteten die Muster – unverkennbar wie Fingerabdrücke – auf dem Sichtschirm. Eine angenehme Stimme kam aus der Konsole:
    »Du wirst auf der Brückenebene gebraucht, Ramie. Gildoran, würdest du dich bitte auf der Kinderstation melden.«
    »Heute abend Dienst? Dann müssen wir wohl doch früher abheben, als ich gedacht habe«, meinte Gildoran dazu, und Ramie kicherte. »Sie müssen das Ding neu programmiert haben. Früher hat es nicht so schön bitte gesagt. Rushka hat wohl eine neue Psycho-Einweisung bekommen.« Sie trat in einen Aufzug, und Gildoran nahm ein Transportband in der entgegengesetzten Richtung. Verdammt, war er jetzt für Dienst in der Kinderstation vorgesehen? Der Gedanke paßte ihm nicht sehr. Eigentlich mochte er Kinder ganz gern, und die Kleinen, die da groß wurden, hielten in den langen Perioden zwischen den Sternen die Langeweile vom Schiff fern; trotzdem hatte er sie lieber, wenn sie erst einmal stubenrein waren und sprechen konnten!
    Auf der anderen Seite kam er wohl wie alle anderen einmal an die Reihe. Er verspürte den leisen atavistischen Wunsch, sie würden das den Frauen überlassen – sie sollten zumindest biologisch gesehen einen Instinkt dafür haben –, aber es war ihm klar, daß eine solche Vorstellung lächerlich war, und ganz besonders an Bord.
    Die Kinderstation lag auf der Ebene des Schiffs, die die stärkste Gravitation hatte, wenn sie im Raum waren. Außerdem bot sie optimale
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