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Reise ohne Ende

Reise ohne Ende

Titel: Reise ohne Ende
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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sollte, wo sie jetzt so in der Bedrängnis waren? Wo Gilmarin fort und Giltallen desertiert war?
     
    Bestürzung und Zorn kämpften in ihm miteinander.
     
    Auf manchen Welten hassen sie uns, nur weil wir ihre ungewollten … ihre überflüssigen Kinder genommen haben. Wir können selbst keine Kinder haben. Der Raum hat uns steril gemacht; wir würden Ungeheuer zeugen. Wenn wir von den Planeten, die wir öffnen, keine Leute bekommen, dann müssen wir aufhören, zwischen den Sternen herumzufliegen …
    Und dann würden keine neuen Welten mehr geöffnet werden.
     
    Und die Menschheit braucht eine Grenze. Wenn sie diese nicht hat, selbst wenn die bekannten Welten sich über die gesamte Galaxis erstrecken, dann stagniert die Menschheit geistig und wird verrückt.
    Dieses Wissen war es, das den Menschen vor Tausenden von Jahren in den Weltraum gedrängt hat. Dieses Wissen war es, das ihn aus den wimmelnden, verhungernden, überfüllten Welten des ersten Systems gehoben hat, ihn in den alten Tagen der Generationenschiffe vor der Entwicklung des Einstein-Antriebs in den interstellaren Raum gejagt hat, in ständiger Bewegung nach außen. Das war es, was die Menschheit dazu gebracht hat, den Transmitter zu erfinden; jenes verzweifelte Bedürfnis nach einer Grenze, zu wissen, daß sie immer weiter nach außen reichen konnten.
    Zu einer neuen Welt konnte jedoch niemand mit einem Transmitter reisen, bevor der Transmitter dort nicht zuvor aufgebaut worden war. Es war unmöglich, einen Transmitter zu schicken. Wenn erst einmal der erste Transmitter auf einer Welt stand, konnte alles dorthin gebracht werden: Menschen, Nachschub, Baumaterial, alles, was es auf irgendeiner Welt gab, die schon einen Transmitter besaß.
    Trotzdem mußten noch neue Welten gefunden werden.
    Und die Späher fanden sie. Allein die Späher flogen noch mit der Geschwindigkeit des Einstein-Antriebs zwischen den Sternen, der für sie die Zeit veränderte, damit sie auf den Planeten die Transmitter für die endlose Expansion der Menschheit nach außen aufstellen konnten.
     
    Und weil wir früher Kinder rauben mußten, hassen sie uns. Wir müssen sie stehlen, um sie betteln oder sie kaufen. Und wenn sie mit uns gehen, sind sie für immer weg. FÜR IMMER.
     
    Auf der Brückenebene trat er aus dem Fahrstuhl.
    Auf der Brücke waren sechs Mannschaftsmitglieder mit den Computern beschäftigt. Gildoran überbrachte seine Botschaft, und der Jahreskapitän, Gilharrad (der so alt war, daß selbst Gildoran sich nicht vorstellen konnte, wie viele Jahre Planetenzeit das wären), entließ Ramie, damit sie ihn begleiten konnte. Seine Augen, zwischen Falten fast verschwunden, reichten in unendliche Erinnerungen zurück.
    »Als ich so alt wie du war, wäre ich bei einer Raubexpedition nach Kindern einmal fast umgebracht worden«, sagte er und streckte eine vertrocknete Hand aus, die leicht zitterte. »Schau mal, den Finger hier habe ich durch einen Messerstich verloren, und das ist nach Planetenzeit so lange her, daß sie damals noch nicht einmal die Regeneration kannten, mit deren Hilfe ich mir einen neuen hätte wachsen lassen können. Bei dem Unternehmen haben wir neunzehn Babys erwischt und sind über drei Welten hergefallen. Das war natürlich ganz früher, als von zehn acht beim ersten Start gestorben sind, und von dreißig hat nur eines länger als einen Monat lang gelebt. Wir haben ihnen damals noch nicht einmal einen Namen gegeben, bevor wir nicht wußten, ob sie es schaffen oder nicht. Die Leute aber, die haben sich nicht sehr geändert. Auf den meisten Welten bringen sie uns immer noch gern um, wenn wir sie um ihre Kinder bitten. Sogar wenn es um die überflüssigen Kinder geht, die sie nicht haben wollen. Auf den meisten Welten sind wir nur noch eine Legende, aber eine Legende, die sie hassen.« Er verstummte, und seine alten Augen glitten wieder in die Ferne. Gildoran verspürte einen obskuren Drang, den alten Mann zu trösten und sagte: »Dieses Mal haben wir es mit lizenzierten Brutstationen zu tun. Wir können einfach einkaufen, was wir brauchen, und zwar von Leuten, die das Recht haben zu verkaufen.«
    Harrad sagte mit dumpfer Bitterkeit: »Auch Sklaverei. Wart’s nur ab. Auf der einen Welt sind sie vielleicht gerade in einer aufgeklärten Periode – oder einer zynischen. Wenn du bei der nächsten Landung wieder hinkommst – nach sechzig, achtzig Jahren Planetenzeit –, da mache ich jede Wette, daß sie Kein Verkauf an Späher auf ihre Lizenz gedruckt
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