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Reise in die arabische Haut

Reise in die arabische Haut

Titel: Reise in die arabische Haut
Autoren: Andrea M Ben Habibi
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hängen rund um den festlichen Platz, Girlanden spannen sich quer über die offene Fläche. An den Mauern stehen geschmückte Tische, Holzbänke und Plastikstühle. Überall stolpert man über bunte Plastikblumen. Alles so fremdländisch hier. Im Zentrum ist eine gedrungene Tanzfläche vorhanden. Nachdem Jadda sich von ihrer Burka befreit hat, setzt sie sich auf eine gepolsterte Bank, die mit Seidenblumen und Rosenkränzen verziert ist.
    Genau hier passiert das Malheur mit dem ekligen Käfer, den ich fast verschlucke.
    Als Walda sieht, wo Jadda und ich herumlungern, kriegt sie einen Tobsuchtsanfall und beschimpft uns auf das Äußerste. Man setzt sich nicht ungestraft auf den Platz, der dem Brautpaar vorbehalten ist.
    Jadda humpelt gekränkt in ihr Zimmer und schlägt die Tür barsch hinter sich zu. Ich schleiche gebückt in meine Kaschemme und genehmige mir einen kräftigen Schluck aus der Floridaflasche, um den Kakerlakengeschmack aus meinem Mund zu vertreiben.
    Als ich mich wieder im Hof blicken lasse, nimmt von mir niemand Notiz. Ich bin nicht nur in Deutschland das schwarze Schaf, ich bin auch hier in Tunesien eine Außenseiterin. Was mache ich falsch, dass mich niemand achtet? Wo ist Blacky?

Hochzeitsstress
     
    Gegen Mittag kommt Ali Baba aus der Werkstatt heim und schneidet die Reste des geschächteten Tieres von der Leine. Eine weise Entscheidung. Nun werde ich nicht fortlaufend daran erinnert, dass mein Blacky vermisst wird.
    Walda befiehlt mir, mich umzuziehen. Heute darf ich mich in meinem Feiertagsdress herausputzen. Als ich sonntäglich bekleidet bin, gehe ich hinüber zu Jamila und borge mir ihren schwarzen Kajalstift aus. Ich stoße auf eine aufgewühlte Braut, die in ihrem schneeweißen Kleid mit einem goldenen Diadem hinter der geschlossenen Tür steht und auf das Eintreffen ihres Bräutigams wartet.
    »I’m so happy. Do you like him?«
    »Yes, he is Mr. Right.«
    Da der Verbleib meines schwarzen Schafes nicht geklärt ist, überlege ich, mich am heutigen Tag im Tumult der Hochzeitsgesellschaft abzuseilen, um nach Blacky zu fahnden.
    Schwiegervater steht im seriösen, grauschwarz gestreiften Anzug vor dem Hoftor und schwenkt eine Flasche Rosenwasser. Als sich der Bräutigam aus dem Nebengebäude nähert, spritzt Baba mit den Fingern einige Tropfen Extrakt über Saids Kopf und stellt das Gefäß an die Seite.
    Die Kunstrosen auf der Motorhaube des polierten Mercedes kündigen das große Ereignis an.
    Baba holt die ungeduldige Braut aus ihrem Zimmer und verfrachtet sie in den alten Benz. Die schmuckbehangene Walda und die Mutter des Bräutigams zwängen sich mit ihren langen Kleidern zu der Braut auf den Rücksitz, deren Brautkleid dadurch leicht zerknittert. Auch Said, die wichtigste Person in diesem Spektakel, wird auf die Rückbank gequetscht. Die beiden Väter steigen vorne ein, sodass die Fahrt zum Standesamt standesgemäß starten kann.
    Amtlicher Papierkram, genauso wie er in Deutschland stattfindet. Allerdings überreicht der tunesische Ehemann seiner angetrauten heimatlichen Perle eine symbolische Morgengabe von einem Dinar. Ein metaphorisches Zeichen, dass sie für die nächsten Jahre abgesichert ist.
    Ich bin etwas neidisch, denn ich hätte mir auch einen Dinar von Khalid gewünscht, aber aufgrund meiner deutschen Abstammung bin ich dessen nicht würdig gewesen.
    Nach einer Stunde kommen das Brautpaar und die Brauteltern retour.
    Inzwischen empfangen wir den ersten Gästeschwung. Mir schwant, dass Walda die gesamte Stadt eingeladen hat. Den Hof müssten wir prinzipiell dank Überlagerung kurzerhand schließen, was faktisch aber nicht infrage kommt, denn zur Hochzeit ist jeder Besucher herzlich willkommen.
    Das Menü wird angerichtet. Zur Feier des Tages dinieren wir von einzelnen Tellern mit Besteck. Da nicht genug Geschirr vorhanden ist, wird hierfür alternativ die Mitgift meiner beiden Schwägerinnen benutzt.
    Die Kinder bewegen unter den Tischen ihre bunten Murmeln, die zwischen den Füßen der Gäste herumkullern. Ich halte mich diskret im Hintergrund. Das Stimmengewirr nimmt bombastische Ausmaße an. Fremde Leute wollen sich mit mir unterhalten. Keine Lust darauf. Ich verstehe nur Salam und antworte auch nur mit Salam labass.
    Trotz Kopfbedeckung fühle ich mich fehl am Platz, denn ich habe den Eindruck, dass sämtliche Haarbüschel aus meinem Tuch hervorlugen.
    Nach anderthalb Stunden verabschieden sich die ersten Gäste. Ehe ich mich besinne, wird der Hof von neuen Leuten
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