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Reise in die arabische Haut

Reise in die arabische Haut

Titel: Reise in die arabische Haut
Autoren: Andrea M Ben Habibi
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dreieinhalb Stunden das Bad verlassen, bin ich völlig runzelig. Meine Haut ist aufgeweicht und kribbelt. Ein Gefühl, als veranstalten Millionen Ameisen eine Rally auf meinem Körper. Die ungewöhnliche Hitze ermüdet mich. Taumelig feuere ich mir meine Klamotten über die Brust und wanke schweißüberströmt nach draußen in die nächste heiße Periode.
    Am Abend feiern wir innerhalb der engsten Familie das Hennafest. Jamila löffelt einen halben Becher Joghurt, geht auf die Toilette und legt sich relaxed ins Bett.
    Das Entspannen hat sie sich redlich verdient, denn eine Hammam-Tortur zerrt an allen Poren.
    Während des Fußballspiels im TV rührt Shirin das rote Hennapulver an und klebt Schablonen auf Jamilas Haut. Sie schmiert den Brei auf Jamilas Hände, Arme, Füße und Beine und wickelt alte zerrissene Kleidungsstücke über die Extremitäten.
    Jadda schlurft mit Zucker heran, um Jamilas Leben zu versüßen. Geistesgegenwärtig steckt sich Walda die Zuckerwürfel in den Mund. »Bébé, bébé«, hustet sie, weil sie sich während des Sprechens verschluckt.
    Bräute werden nicht verzuckert, nur die Babys bekommen diesen Zauber auferlegt.
    Nachdem Jamila wie ein Lumpensack aussieht, kommen wir anderen an die Reihe. Shirin, auf deren Haut ein blasses Hennamuster aufleuchtet, betätigt sich heute als unsere Kriegsbemalerin. Während meine Schwägerin neuen Brei anrührt, pappen wir Übriggebliebenen uns gegenseitig Schablonen in die Hände und auf die Fußsohlen. Kitzlig. Sie schmiert das Mus dünn auf die Körperoberfläche, denn unsere Hennabemalung soll weniger hervorstechen als der Hennaschmuck der Braut.
    Jadda, Walda, Nayla, Alisha und ich sitzen wie festgeklebt auf den Matratzen im Wohnzimmer und dürfen bis zum frühen Morgen nicht mehr laufen, damit wir ein optimales Hennaresultat an den Füßen vorweisen können.
    Uns bleibt nichts anderes übrig, als im Wohnzimmer zu nächtigen. Jeder schläft auf dem Platz, wo er sich befindet. Obwohl arabische Popmusik aus dem Radio erschallt, döse ich innerhalb einer halben Stunde ein. Gelegentlich wache ich flüchtig auf, weil die übrigen Frauen beten, trillern oder quasseln. Die Eindrücke des Tages erschlagen mich, so viel Aktion bin ich nicht gewöhnt.
    In aller Herrgottsfrühe weckt der Muadhin nicht nur mich, sondern auch die restlichen Henna-Weiber. Ali Baba, der die Nacht draußen zugebracht hat, kredenzt uns eine große Wanne mit heißem Wasser und mehreren kleinen, zerbrochenen Seifenstücken. Obwohl die traditionelle, selbsthergestellte Seife keine Duftstoffe enthält, riecht sie angenehm mild. Wir pellen uns vorsichtig aus den Tüchern. Unsere Hennatattoos leuchten blass auf der Haut. Auf den Fingernägeln haftet das Rot einwandfrei. An rote Fingerkuppen habe ich mich im Laufe der Zeit gewöhnt. Wenn das Rot in Tunesien ein Schönheitssymbol ist, sage ich nichts Gegenteiliges mehr, sondern füge mich mit Leichtigkeit in mein rotes Fingerkuppen-Kismet.
    Jamilas Symbole leuchten tiefrot respektive braun auf ihrer Haut.
    Normalerweise wird die Hennazelebration am zweiten Tag repetiert. Da aber die Hennabemalung zu aller Zufriedenheit ausgefallen ist, verzichten wir am heutigen Tag auf die Wiederholung.
    Wir faulenzen vor dem Bildschirm und hofieren die Braut.
    Der Tag rauscht trotz Eintönigkeit und Nichtstun wie ein Paukenschlag an uns vorüber.
    Am dritten Tag arbeiten Walda und Shirin im Geschäft, während ich mich mit Jamila vor einem deutschen Fernsehsender vergnüge. Wir gucken unbehelligt eine Wiederholung der Lindenstraße. Die aktuelle Folge kommt mir wie arabischer Fernsehabklatsch vor, denn in der heutigen Fortsetzung geht es auffallend gesittet zu.
    Zur Siesta trifft sich die ganze Familie im Hof und schlürft Tee. Heute ist ein Fastentag, denn auf das Mittagsessen warte ich vergeblich.
    Da sich keiner um den Abwasch vom letzten Abend kümmert,  übernehme ich diese Aufgabe. Jaddas Karottenabfälle und Orangenschalen, die sie einfach in die Ecke geworfen hat, locken zahlreiche Ameisen an, die sich kräftig mit dem Abtransport beschäftigen.
    Meine liebe Familie beklagt sich persistent über den Ameisenbefall in Haus und Hof. Immer wieder bitten sie um deutsche Ameisenköder. Ich habe sie darauf aufmerksam gemacht, dass Gemüseabfälle sofort in den blauen Müllsack gehören. Niemand hält sich daran und die Ameisen sterben nicht aus, da helfen auch keine Ameisenvernichter.

Nachbars Garten
     
    Als die Küchenarbeit erledigt ist, erscheinen
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