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Reingekracht: Familien-Bullshit-Bingo (German Edition)

Reingekracht: Familien-Bullshit-Bingo (German Edition)

Titel: Reingekracht: Familien-Bullshit-Bingo (German Edition)
Autoren: Kooky Rooster
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spielte seine Rolle wirklich ausgezeichnet. Überrascht und auch beunruhigt schaute ich zu ihm, erschauderte unter dem intensiven Blick, als er die Hand zu seinem Mund führte und weiche Lippen auf einen Fingerknöchel drückte.
    Das war zu viel! Ich ertrug das Spiel nicht länger. Grob riss ich mich los und sprang so heftig hoch, dass mein Stuhl zurückkippte und auf den Boden krachte.
    Es war etwas zuviel des Guten, doch so heftig hatte meine Reaktion nicht ausfallen sollen. Mit verlegenem Räuspern hob ich den Stuhl auf und setzte mich vorsichtig, als fürchtete ich, er würde nach dieser rohen Behandlung zerbrechen.
    „Das ist falsch“, stieß ich in die entsetzte Stille. „Dieses ganze Spiel ist falsch!“
    Ich wurde angeglotzt, als spräche ich plötzlich Kisuaheli. Ich blickte zu Onkel Wolf, der der interessanten Wendung mit fröhlicher Aufmerksamkeit entgegensah.
    „Wir haben dich verarscht – im Auto“, begann ich zu erklären. „Wir mussten wegen dir zusammenrücken und du hast die Situation missverstanden. Anstatt dich aufzuklären haben wir uns den Scherz erlaubt, so zu tun, als wären Patrick und ich ein Paar. Aber das sind wir nicht. Ich verleugne ihn nicht, ich bin wirklich nicht mit ihm zusammen – er ist Julias Freund.“
    „Das glaubst du doch selber nicht“, unterstellte mir Brigitte, „Das sieht man doch aber so was von deutlich, dass ihr zwei zusammengehört!“
    Mir verschlug es die Sprache. Es gab nichts, was ich lieber hören wollte, und nichts, was im Moment mehr wehtat.
    „Das ist gespielt! Wir haben auch euch verarscht!“, erklärte ich und schlug einen überzeugenden Ton an. Ich war entschlossen, mich nicht wieder in eine verwirrende Situation verwickeln zu lassen.
    „Pah! Also
das
kann man gar nicht so spielen“, lachte Gerd und lehnte sich selbstzufrieden zurück.
    Hilfesuchend blickte ich zu Julia und Patrick. Julia starrte mich an, als habe sie keinen blassen Schimmer wovon ich hier rede, und ihr Freund hielt den hochroten Kopf gesenkt. Er drückte die Augen fest zu und war so angespannt, dass auf seiner Stirn tiefe Furchen entstanden. Er hielt die Faust vor dem Mund und ich konnte nicht erkennen, was mit ihm los war. Mir wurde schlecht.
    „Es tut mir leid, Patrick“, sagte ich und fragte mich, ob es sein konnte, dass er heulte. „Die Situation muss unerträglich für dich sein. So cool, wie du mit der Unterstellung umgehst, schwul zu sein, bist du wohl der heterosexuellste Mann, den ich kenne.“
    Gerd prustete los. Ich warf ihm einen bösen Blick zu und fuhr fort:
    „Du hast sehr überzeugend gespielt. Kompliment. Sogar
ich
hab dir beinahe abgenommen, dass du mein Freund bist.“
    Ich verschränkte die Finger im Schoß so fest, dass die Knöchel weiß wurden, mein Fuß wippte unkontrolliert und mit belegter Stimme murmelte ich: „Schade, dass du es
nicht
bist.“
    „Ooooch“, brummte Onkel Wolf gespielt mitleidig. Er glaubte mir kein Wort. Jemand kicherte und beim Blick in die Gesichter meiner Familie stellte ich fest: sie alle zweifelten mein Gerede an. Ich verlor langsam den Mut. Patrick hielt unverändert den Kopf gesenkt und biss auf seinen Daumen.
    „Bist du fertig damit, Müll zu reden?“, platzte Julia genervt hervor. Patrick zuckte hoch und schaute zu seiner Freundin. Sie warfen sich einen eindringlichen Blick zu und Patrick nickte kaum merkbar.
    „Ich habe aktuell keinen Freund“, erklärte sie.
    Ich glotzte sie betroffen an. Also hatten sie sich vorhin
doch
getrennt, als ich sie beim Streiten beobachtet hatte? Scheiße. Okay, irgendwie war es gut, aber andererseits auch nicht. Patrick würde deswegen kaum schwul werden. Diese Neuigkeit bedeutete eher, dass ich nach dem heutigen Tag kaum wieder Kontakt zu ihm haben würde.
    „Aber wenn ich einen hätte, dann sicher nicht diesen Holzkopf hier“, erklärte sie und blickte dabei abschätzig auf Patrick, der wieder den hochroten Kopf gesenkt hielt und angestrengt auf seinen Daumen biss.
    „Sag ich doch!“, pflichtete ihr meine Mutter bei und wischte Kuchenbrösel vom Tischtuch.
    „Aber ich habe ihn darum gebeten, hier und heute so zu
tun
, als wäre er mein Freund“, ließ sie die Bombe platzen. Genauer gesagt war ich vermutlich die einzige Person am Tisch, bei der sie auch platzen konnte. Offensichtlich war ich der Einzige hier, der geglaubt hatte, Julia und Patrick wären zusammen. Für die Anderen ergab das Geständnis keinen Sinn und das zeigten sie auch in ihren ratlosen Blicken. Als Julia
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