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Reingekracht: Familien-Bullshit-Bingo (German Edition)

Reingekracht: Familien-Bullshit-Bingo (German Edition)

Titel: Reingekracht: Familien-Bullshit-Bingo (German Edition)
Autoren: Kooky Rooster
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Fenster, Gerd lugte zwischen Susi und meiner Mutter hervor. Sie waren furchtbar und liebenswert – und ich hatte sie so an der Nase herumgeführt und verarscht. Sie freuten sich ehrlich, dass ich verliebt war, einen Freund wie Patrick hatte – und ich machte sie damit zu Narren. Ich verzog das Gesicht zu so etwas wie einem Grinsen, winkte und drehte mich um wie ein abenteuerlustiger Vierjähriger, um in die weite Welt hinaus zu gehen.
    Drei Ortschaften bis zum nächsten Bahnhof. Fünfzehn Kilometer, das wusste ich noch aus meiner Jugend. Damals hatte ich diese Strecke oft mit dem Fahrrad zurückgelegt. Zu Fuß, wenn ich schnell war, brauchte ich nicht einmal zwei Stunden. Die Bewegung würde mir gut tun und ich könnte in Ruhe nachdenken, wie ich die nächsten Tage überleben wollte.
    Ich schob mein Bein über die Schwelle, stellte es auf den Gehweg. Zählte ein Bein schon? So genau hatte ich mir das nicht überlegt. Ich stand nun gleichermaßen noch auf dem Grundstück meiner Eltern und dem Asphalt der Freiheit.
    „Willst du zu Fuß bis nach Hause laufen?“, dröhnte Julias Stimme schrill über den Vorgarten.
    „Du kannst doch nicht auf die Sachertorte verzichten!“, war Onkel Wolfgang empört.
    „Sei nicht albern, Junge!“, schalt meine Mutter.
    „Warte!“, bat Patrick. Er musste hinter mir stehen, so nah klang diese Bitte. Seine Stimme ging mir durch und durch, Gänsehaut kroch bis unter meinen Scheitel. Verdammt! Ich schloss die Augen und schluckte. Nur ein Schritt noch und dann lossprinten. Ich hatte keine Ahnung, ob Patrick sportlich war, ob er überhaupt die
Motivation
hatte, mir hinterherzulaufen. Ich hob mein anderes Bein für den nächsten Schritt.
    „Du gehst doch nicht wegen
mir
, oder?“, wollte Patrick wissen. „Wegen dem, was vorhin passiert ist?“, fügte er unnötigerweise hinzu. Nicht umdrehen! Widerstehe der Versuchung ihn anzusehen! Ich hatte die Schwelle längst überschritten, lief aber immer noch nicht los. Ich elender Verräter!
    „Ich weiß, es ist eine vertrackte Situation“, gab Patrick zu und im nächsten Moment berührte er meine Schulter. Das war unfair! Ich konnte unmöglich flüchten wenn er mich
so
berührte. So sanft, so … vertraut.
    „Aber wir haben es bald überstanden, Julia möchte gleich nach dem Torteessen fahren“, unterrichtete er mich über die weiteren Pläne. Diese Hand mit den schönen, feingliedrigen Fingern, die sachte auf meiner Schulter lag, rutschte langsam runter, über den Ellenbogen bis zu meinem Unterarm. Entgegen aller Vorsätze drehte ich mich um und war überrascht, wie nah er stand. Es benötigte fast übermenschliche Kräfte ihn nicht an mich zu reißen, die Arme um ihn zu schlingen, mich an ihn zu pressen und seinen Duft aufzunehmen. Ich bekam kaum Luft, so sehr erregte mich seine Nähe. Ich wandte den Blick ab und sah zu meinen Leuten.
    „Warum versuchst ausgerechnet
du
, mich aufzuhalten? Du müsstest doch das größte Interesse daran haben, dass dieser
Albtraum
ein Ende hat“, fragte ich. Bei dem Wort
'Albtraum'
zuckte er zusammen.
    „Sie haben mich zu dir rausgeschickt“, rückte er damit heraus. Mein Magen verkrampfte sich. Was hatte ich erwartet? Dass er mir seine Liebe gestand? Ich verliebter Trottel! Immerhin hatte ich doch selbst gehört, wie Onkel Wolf Patrick dazu ermuntert hatte, seinen
Freund
aufzuhalten. Es lag
natürlich
nicht in seinem eigenen Interesse, dass ich blieb, man hatte ihn genötigt.
    „Dann solltest du sie nicht enttäuschen“, brummte ich zynisch. Patricks Blick wurde für einen Moment finster.
    „Sie sind glücklich weil sie denken, dass
du
es bist“, erklärte er streng.
    Er hatte recht, aber rechtfertigte das, sie weiterhin zu belügen? Hatte er keine Angst, dass es seine Beziehung gefährden konnte? War er sich seiner selbst und Julia so sicher, dass eine wilde Schmuserei mit dem Bruder seiner Freundin keine ernste Gefahr darstellte? Störte ihn gar nicht, dass er einen Schwulen spielen musste – was er im übrigens ziemlich überzeugend konnte? Mal abgesehen von den Küssen und den Blicken, der Art, wie er mich angefasst hatte, …
    Außer mit klischeehafter Übertreibung hatte ich noch nie einen Hetero schwul spielen sehen. Meist setzten sie einen übertrieben tuntigen Ton an, taten so, als wären ihre Handgelenke gebrochen und tänzelten idiotisch herum. Das war ihre einfach gestrickte Vorstellung davon, ein Schwuler zu sein. Nichts davon hatte Patrick bisher getan. Dieses Selbstbewusstsein
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