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Reif für die Insel

Reif für die Insel

Titel: Reif für die Insel
Autoren: G Pauly
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entdeckte und ihn zum Bestsellerautor machte, konnte Johnny nicht mehr bei der Post arbeiten. Wie sah denn das aus? Er wechselte also in den Verlag, erhielt eine leitende Funktion und ein paar tüchtige Mitarbeiter, die unauffällig alle Schäden beseitigten, die Johnny anrichtete. Seit die Gefrons sich das Haus in Braderup leisten können, wird Johnny immer öfter von seiner Frau zur Erholung nach Sylt geschickt, damit seine Mitarbeiter Gelegenheit haben, die Abteilung Science-Fiction wieder auf Vordermann zu bringen.
    Johnny Gefron hat anscheinend keine Ahnung, dass ich eine Menge über ihn weiß, sonst würde er mich nicht behandeln wie ein dummes Frauchen. Vielleicht sollte ich endlich auf jede Höflichkeit pfeifen und ihn behandeln wie ein dummes Männchen?
    »Wo mein Mann Urlaub macht, weiß ich nicht. Jedenfalls nicht hier! Nicht in meinem Haus!«
    |17| Wenn er jetzt nicht den Mund hält, erzähle ich ihm, was ich von seinem Toupet halte.
    »Keine Zeit? Ja, so geht es uns Männern. Arbeit, Arbeit, damit unsere Frauen Urlaub machen können.« Er lacht.
    Ich könnte ihn erwürgen. Aber was ich von seinem Toupet halte, bleibt dann doch ungesagt. Bei nächster Gelegenheit werde ich es ihm vom Kopf fegen. Jawohl! Und am Ellenbogen sollte er mir nicht noch einmal begegnen. Beim ersten Mal hat Georg mir verboten, über das zu lachen, was Gefron derart stolz der Sonne und der Mitwelt entgegenreckte, dass er einen schmerzhaften Sonnenbrand davontrug. Ich hatte mir, weil Georg mich hinderte, auch kein Wort entschlüpfen lassen, als der Nachbar tagelang in einem locker gegürteten Bademantel im Garten herumlief und auf den Besuch am Strand verzichtete. Beim nächsten Mal wird Georg mich nicht hindern.
    Im Hintergrund taucht plötzlich ein Mann auf, ein gut aussehender Mann, das ist sogar auf die Entfernung leicht zu erkennen. Die Grundstücke sind groß in Braderup, ich habe Zeit, ihn auf mich zukommen zu lassen. Hoch gewachsen ist er, schlank, dunkelhaarig, etwa in meinem Alter. Seine Hände stecken in den Taschen seiner weißen Hose. Er schlendert auf Johnny Gefrons Rücken zu und hat mich dabei fest im Auge.
    Gefron dreht sich nicht um, als er ihn herankommen fühlt. Er macht uns bekannt, als wäre keiner von uns beiden würdig, dem anderen vorgestellt zu werden. »Das ist Raffael Sielmann, Sie kennen ihn sicherlich.«
    Dass ich ihn nicht kenne, sieht Raffael Sielmann sofort. |18| »Machen Sie sich nichts draus. Sie lesen vermutlich keine Zukunftsromane.«
    Er lächelt mich an, als ginge er davon aus, dass sich das in den nächsten Tagen ändern wird. Und er hat recht. So bald wie möglich werde ich in die Badebuchhandlung gehen und mir einen Roman von Sielmann kaufen, obwohl ich tatsächlich nie Zukunftsromane lese.
    »Raffael wird eine Weile hier arbeiten«, erklärt Johnny Gefron. »Er braucht Ruhe. Hier ist er ja ungestört.« Über sein Gesicht geht dieses Grinsen, das seinen meist schlüpfrigen Witzen vorauseilt. »Vorausgesetzt, Sie lassen ihn in Ruhe. Ha, ha!«
    Dass er mir zutraut, mich an einen Mann heranzumachen, der ungestört arbeiten will, geht ja gerade noch an. Aber dass er lacht, als hätte er einen guten Witz gemacht, erbittert mich. Wenn ich Johnny Gefron – und damit leider auch Raffael Sielmann – nicht augenblicklich den Rücken zukehre, kann ich für nichts garantieren.
    »Ich fahre jetzt zum Strand. Schönen Tag noch!«
    Meine Badetasche ist leicht, viel leichter als früher. Habe ich wirklich an alles gedacht? Ja, es fehlt nichts. Die dicken historischen Romane, die Georg am Strand zu lesen pflegte, damit er stundenlang nicht ansprechbar sein konnte, hatten eben ihr Gewicht. Liegetuch und Sonnenmilch, mehr brauche ich nicht. Vielleicht noch ein Schmöker meines Lieblingsautors? Ich entscheide mich für eine seiner Kurzgeschichtensammlungen. David Davidson wird oft der Meister des kleinen Liebesromans genannt, seine Kurzgeschichten berühren mich noch mehr als seine großen Romane. |19| Wenn ich sie lese, fühle ich mich zu Hause. Zu Hause? Ich weiß nicht, wie ich es besser erklären soll. Ja, wenn ich David Davidson lese, fühle ich mich zu Hause.
    Habe ich wirklich abgeschlossen? Alle Fenster und Türen verriegelt? Besser, ich sehe noch mal nach.
    »Grüßen Sie Ihren Mann«, ruft Johnny Gefron mir nach. »Er soll mich bei Gelegenheit anrufen. Das letzte Mal hat er von einem Porsche gesprochen. Ich kann ihm einen besorgen. Ein Schnäppchen!«
    Ja, alle Fenster und Türen sind gut
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