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Reif für die Insel

Reif für die Insel

Titel: Reif für die Insel
Autoren: G Pauly
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lächelte Sophia an, als hätte sie bereits ja gesagt. Und sie lächelte zurück, als hätte er sie längst gefragt. Es war nicht mehr wichtig, dass er sich derart lässig in den Sitz geworfen und derart lässig die Beine von sich gestreckt hatte, dass er in den Gang rutschte, als Bärbel nach ihrer Tasche griff und damit seinen Füßen den Widerstand nahm. Seine Freunde lachten, wie sie immer lachten, wenn Paul mal wieder Opfer seiner eigenen Gliedmaße geworden war. Längst nicht mehr hämisch oder schadenfroh, sondern gutmütig und nachsichtig. Paul ließ sich von ihnen in die Höhe ziehen und sah |14| in Sophias lachendes Gesicht. Ja, es würde ihr gefallen, dass er nicht zu denen gehörte, die Kinokarten und Schallplatten verschenkten.
     
    Sind alle Fenster geschlossen? Alle Türen? Früher hat Georg darauf geachtet. Ich habe nie Angst gehabt vor Einbrechern und Dieben. In Braderup ist alles so friedlich, ruhiger als in Westerland und nicht so prahlerisch wie in Kampen. Ich habe mich hier immer sicher gefühlt. Hat Georg etwa einen Teil meiner Sorglosigkeit mitgenommen? Muss wohl so sein. Warum sonst drücke ich jede Klinke herab, ehe ich sicher sein kann, dass mein Haus gut verschlossen ist? Meine Sicherheit ein Teil des Zugewinns? Unglaublich, wie wenig einem nach dreißig Jahren Ehe ganz allein gehört. Darüber darf ich mit Elena nicht reden. Sie würde mir nur ein weiteres Mal vorhalten, dass ich viel zu wenig für mein Glück getan habe. Elena hat drei Ehen hinter sich und ist mit jeder Scheidung ein Stück vermögender geworden. Ich bin zufrieden, dass mir wenigstens dieses Haus in Braderup ganz allein gehört.
    Der Nachbar weiß es, trotzdem fragt er: »Wie geht’s Ihrem Mann? Hat er in diesem Jahr keine Zeit für Urlaub?«
    Bevor die Affäre aufflog, hat Georg in dem Haus, das jetzt mir allein gehört, häufig ein paar Tage mit seiner Sekretärin verbracht. Angeblich war er mit ihr auf Geschäftsreise, manchmal in München, oft auch in Berlin. Jeden Abend rief Georg mich an und erzählte mir mit müder Stimme, wie anstrengend die Verhandlungen gewesen waren und wie triste der Abend sein würde, der vor ihm lag. Aber dann |15| habe ich einmal eine Möwe kreischen hören, während ich mit ihm telefonierte. Eine Möwe in Berlin? Das war der Tag, an dem mein Misstrauen geweckt wurde. Natürlich habe ich gleich Elena davon erzählt, und die hat mich mit einem Privatdetektiv bekannt gemacht. Ihm hat sie ein gutes Stück ihres Vermögens zu verdanken. Ein guter Detektiv findet anscheinend im Leben eines jeden Menschen eine finstere Ecke, in der etwas geschieht, was niemand wissen soll. Ich bin froh, dass ich nicht in die Versuchung gekommen bin, es genauso zu machen wie Elena. Denn was ein Detektiv hätte herausfinden können, hat Georg mir alles freiwillig gestanden. Damals entdeckte ich zum ersten Mal, dass mein Leben Ähnlichkeit mit einem Groschenroman hat.
    »Wir haben uns auseinander gelebt«, sagte Georg und schien nicht zu bemerken, wie billig sein Redestil war. Sich auseinander zu leben, das ist wirklich der trivialste aller Scheidungsgründe.
    Johnny Gefron, mein Nachbar, wusste damals vermutlich längst, was gespielt wurde. Wahrscheinlich weiß er sogar, dass Georg jetzt Schorsch heißt. Und er hat auch mitbekommen, dass ich neue Betten gekauft und die alten rausgeworfen habe. Johnny, der eigentlich Johannes heißt, ist nichts Menschliches fremd, er kennt sich in den Geschichten anderer Leute aus. Schließlich ist er mit einer Verlegerin verheiratet, die mit Geschichten ihr Geld verdient. Sie hat ihn zum Cheflektor für den Bereich Science-Fiction und Fantasy gemacht. Wahrscheinlich, weil er dort am wenigsten Unheil anrichten kann.
    Georg kannte seinen Werdegang. Als Johannes Mende |16| arbeitete Johnny Gefron bei der Post und nutzte seine Chance, als die frisch gebackene Verlegerin Tonia Gefron eine besonders eilige Sendung aufgab, zu der Johannes’ Kollegen nur die Schultern zuckten. »Vielleicht kommt’s morgen an, vielleicht auch nicht. Sendung per Eilboten? Das macht die Sache auch nicht schneller.« Man kennt das ja.
    Was Johannes getan hat, damit die Sendung tatsächlich pünktlich ankam, wusste Georg nicht. Aber es muss Tonia Gefron beeindruckt haben. Denn es dauerte nicht lange, und aus Johannes wurde Johnny. Da der Gefron-Verlag sich gerade einen Namen machte, änderte Johannes zu seinem Vor- auch den Nachnamen und hieß seitdem Gefron wie seine Frau. Als Tonia dann David Davidson
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