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Regulator: Roman

Regulator: Roman

Titel: Regulator: Roman
Autoren: Stephen King
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schmutzige Wäsche. Das Mondlicht strömt herein, und was Johnny sieht, ruft Gedanken an Geschichten wach, die er manchmal in der Zeitung gelesen hat, die über alte, zurückgezogen lebende Millionäre, die die letzten Jahre ihres Lebens in einem einzigen Zimmer verbringen, Bücher und Zeitschriften um sich herum aufschichten, Haustiere sammeln, Demerol spritzen und Fertiggerichte aus der Dose essen. »Rasch, beeilen Sie sich«, sagt sie. »Er ist unten auf der Toilette. Neben der Küche.«
    Sie geht an ihm vorbei, wobei sie seine Hand nimmt, und führt ihn ins Wohnzimmer. Dort finden sich keine Bücher-und Zeitschriftenstapel, aber das Gefühl von Einsiedelei und Wahnsinn nimmt eher zu als ab, je weiter sie vordringen. Verschüttetes Essen und Limonade machen den Boden klebrig; ein unterschwelliger saurer Geruch von geronnener Milch liegt in der Luft; sämtliche Wände sind mit Buntstiftzeichnungen vollgekritzelt, deren primitive Beschäftigung mit Blutvergießen und Tod beängstigend ist. Sie erinnern ihn an ein Buch, das er vor nicht allzu langer Zeit gelesen hat, ein Buch mit dem Titel Blood Meridian. Eine Bewegung links von ihm. Er dreht sich mit klopfendem Herzen in diese Richtung, während Adrenalin in seinen Blutkreislauf gepumpt wird, aber keine coltschwingenden Cowboys oder bedrohlichen Außerirdischen tauchen auf, nicht einmal ein angriffslustiger kleiner Junge mit einem Messer. Nur ein Flimmern reflektierten Lichts. Vom Fernseher, denkt er, obwohl kein Ton zu hören ist. »Nein«, flüstert sie, »gehen Sie nicht da rein.« Sie führt ihn zu der Tür direkt voraus. Licht scheint heraus und prägt dem verschmutzten Teppich ein helles Rechteck auf. Im Rest der Poplar Street mag die Elektrizität noch nicht erfunden worden sein, aber hier steht sie reichlich zur Verfügung.
    Nun kann Johnny Grunzlaute hören, dazwischen leicht angestrengtes Atmen. Geräusche, die so menschlich - und so leicht zu identifizieren - sind wie Schnarchen, Niesen, Keuchen, Pfeifen. Jemand sitzt auf der Toilette. Macht die Nummer zwei, wie sie als Kinder zu sagen pflegten. Ein Reim aus der Grundschule fällt ihm ein: Mutter hat mir Limo gebracht, die Ecke rum wird Fudge gemacht. Mann, denkt Johnny, das ist auf einer Wellenlänge mit dem klitzekleinen Baby Smitten. Als sie die Küche betreten und sich umschauen, kommt Johnny der Gedanke, daß die guten Leute der Poplar Street vielleicht verdient haben könnten, was ihnen zugestoßen ist. Sie lebt schon Gott weiß wie lange so, und wir haben es nicht einmal bemerkt, denkt er. Wir sind ihre Nachbarn, wir haben ihr alle Blumen geschickt, nachdem ihr Mann sich den Gewehrlauf in den Mund gesteckt hatte, die meisten von uns haben an der Beerdigung teilgenommen (Johnny selbst war in Kalifornien und hat vor einem Kongreß von Kinderbibliothekaren gesprochen), aber wir haben von nichts gewußt. Auf dem Tresen stehen dicht gedrängt Krüge, zerdrückte Kartons, leere Gläser und Limodosen. Viele der letzteren sind zu wahren Ameisenfarmen geworden. Er sieht den Tupperware-Krug mit dem Rest der präparierten ' Schokoladenmilch darin, und daneben die Kruste von Taks Schinken-Käse-Sandwich. Schmutziges Geschirr stapelt sich in der Spüle. Neben dem Abtropfkorb liegt eine Flasche Geschirrspülmittel, die möglicherweise gekauft wurde, als Herb Wyler noch am Leben war. Um die Öffnung herum hat sich eine längst getrocknete grüne Spülmittelpfütze gebildet. Auf dem Tisch steht noch mehr schmutziges Geschirr, eine Spritzflasche voll Senf, Krümelhaufen (in einem liegt eine Kassette von Van Halen), eine Spraydose Schlagsahne, zwei Flaschen Ketchup, eine fast leer, eine fast voll, offene Pizzakartons mit Krusten darin, Einwickelpapier, Süßigkeitenverpackungen und eine Doritos-Tüte, die wie ein seltsames Kondom über eine leere Pepsiflasche gezogen wurde. Außerdem stapelweise Comics. Johnny kann nur die von Marvels MotoKops 2200- Serie erkennen. Sugar Pops sind über den Umschlag einer Ausgabe verstreut, auf dem Cassie Styles und Snake Hunter zu sehen sind, die bis zu den Knien in einem Sumpf stehen und auf Gräfin Lili Marsh feuern, die sie auf etwas angreift, das wie ein düsengetriebenes Skateboard aussieht. SUMPFSAFARI! verkündet der reißerische Titel In der gegenüberliegenden Ecke des Raums befindet sich ein ganzer Berg aus Plastikabfalltüten, keine davon zugebunden, und aus den meisten quillt von Ameisen wimmelnder Müll. Auf sämtlichen Dosen scheint das lachende Gesicht von Chef
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