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Regulator: Roman

Regulator: Roman

Titel: Regulator: Roman
Autoren: Stephen King
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Boy-Ar-Dee abgebildet zu sein. Der Herd ist übersät von Töpfen mit den angetrockneten Resten der orangefarbenen Soße des Chefs. Auf dem Kühlschrank steht, als bizarre Krönung, eine alte Plastikstatue von Roy Rogers auf seinem getreuen Trigger. Johnny weiß, ohne fragen zu müssen, daß es ein Geschenk für Seth von seinem Onkel war, möglicherweise eine Erinnerung an Herbs eigene Kindheit, die er geduldig in verstaubten Kartons auf dem Dachboden gesucht hatte.
    Hinter dem Kühlschrank befindet sich eine zweite, angelehnte Tür, durch die ebenfalls ein Lichtspalt auf den schmutzigen Linoleumboden fällt. Die Tür ist nicht so sehr angewinkelt, daß Johnny das Schild daran nicht lesen könnte:
    ANGESTELLTE MÜSSEN SICH NACH BENUTZUNG DER TOILETTE DIE HÄNDE WASCHEN (KUNDEN SOLLTEN ES TUN)
    »Seth!« flüstert Audrey bühnenreif, läßt Johnnys Hand los und läuft zur Badezimmertür. Johnny folgt ihr. Hinter ihnen strömen tanzende Lichtpünktchen wie ein Meteoritenschauer aus dem Torbogen des Erkerzimmers; sie sausen durch das dunkle Wohnzimmer zur Küche. Im selben Moment kommt Cammie Reed von draußen herein. Sie hält das Gewehr jetzt in beiden Händen, und während sie sich in dem dunklen Wohnzimmer umschaut, legt sie den rechten Zeigefinger um den Abzug. Sie zögert, da sie nicht weiß, wohin sie als nächstes gehen soll. Ihr Blick wird vom reflektierten Flackern des Fernsehers im Erkerzimmer angezogen, ihr Gehör von dem Geräusch, das Leute in der Küche machen. Die Stimme in ihrem Kopf, die Rache für Jimmy verlangte, ist verstummt, und sie ist nicht sicher, was sie machen soll. Ihre Augen registrieren kurz ein rötliches Hackern, aber ihr Gehirn kann nichts mit der Wahrnehmung anfangen; es ist vollkommen mit der Frage beschäftigt, wie es weitergehen soll. Marinville und Wyler sind in der Küche, da ist sie ganz sicher, aber ist der Killerbalg auch bei ihnen? Sie sieht wieder zweifelnd zum Flackern des Fernsehers. Kein Ton, aber vielleicht sehen autistische Kinder ja ohne Ton fern. Sie muß sicher sein, darauf kommt es an. Wahrscheinlich sind nur noch zwei Schuß in der .30-06 ... und sie werden ihr sowieso kaum die Möglichkeit geben, mehr als einoder zweimal abzudrücken. Sie wünscht sich, die Stimme würde sich wieder melden und ihr sagen, was sie tun soll. Und dann tut sie es.
    Auf der anderen Straßenseite, auf dem betonierten Weg zwischen der Eingangstür der Carvers und dem Bürgersteig, sieht Cynthia, wie Cammie das Haus von Audrey Wyler betritt. Ihre Augen weiten sich. Bevor sie etwas sagen kann, rempelt Steve sie unsanft an. Sie schaut ihn an
    und sieht, daß er einen Finger an die Lippen hält. In der anderen Hand hat er ein Messer von der Halterung in der Küche der Carvers. »Kommen Sie mit«, murmelt er. »Sie werden das doch nicht benützen, oder?« »Ich hoffe, es wird nicht nötig sein«, sagt er. »Kommen Sie?«
    Sie nickt und folgt ihm. Als sie vom Bürgersteig in Taks Version des Wilden Westens treten, ertönt in Audrey Wylers Haus ein verwirrendes Durcheinander von Rufen und Schreien. Raus aus ihm, hört Cynthia, jedenfalls etwas in der Art, dann weitere Sätze, die sie nicht einmal teilweise entwirren kann. Das meiste scheint von Audrey Wyler zu kommen, aber auch Cammie Reed kann sie kreischen hören (»Runter damit?« Ist es das, was sie schreit?) und einen heiseren Aufschrei, höchstwahrscheinlich von Marinville. Dann zwei peitschende Gewehrschüsse und ein Aufschrei, der entweder von Todesqual oder Todesangst geprägt ist. Cynthia kann es nicht genau sagen und ist nicht sicher, ob sie es überhaupt wissen will. Als sie und Steve die gegenüberliegende Seite der Main Street von Desperation erreichen, laufen sie beide trotzdem so schnell sie können.
    Seths Aufenthaltsort/Seths Zeit
    Jetzt. Jetzt ist der Augenblick, der alles entscheidet. Er wendet sich von dem Regal mit dem PlaySkool-Telefondarauf ab. Auf der anderen Seite ist eine kleine Kontrollkonsole in die Wand eingebaut, nicht unähnlich der in den Navigationszentren der Power Wagons. Sieben Schalter befinden sich in einer Reihe daran, jeder auf der Position EIN. Über jedem Schalter leuchtet ein kleines grünes Licht im Dunkel. Diese Konsole war nicht da, als Seth das Ende des Durchgangs erreicht hatte, nur die Bilder seiner beiden Familien, das Bild von Mr. Symes und das Telefon.
    Aber dies ist Seths Aufenthaltsort, Seths Zeit, und damit verhält es sich wie mit seinen Hosentaschen: Er kann jederzeit hinzufügen, was er
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