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Regulator: Roman

Regulator: Roman

Titel: Regulator: Roman
Autoren: Stephen King
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will und wann immer er es will Seth streckt eine leicht zitternde Hand nach der Konsole aus. In Filmen und im Fernsehen scheinen die Leute niemals Angst zu haben, und wenn Pa Cartwright handeln muß, um die Ponderosa zu retten, weiß er immer genau, was zu tun ist. Lucas McCain, Rowdy Yates und Sheriff Streeter sind nie unsicher. Aber Seth ist es. Höchst unsicher. Das Ende des Spiels ist gekommen, und er hat schreckliche Angst, einen nicht wiedergutzumachenden Fehler zu begehen. Im Augenblick weiß er noch, was oben vor sich geht (so bezeichnet er Taks Welt jetzt, als »oben«), aber wenn er diese Schalter umlegt - Allerdings bleibt ihm keine Zeit zum Nachdenken. Audrey ist im Badezimmer. Audrey läuft auf den kleinen Jungen zu, der mit um einen schmutzigen Knöchel hängender Unterhose auf der Toilette sitzt, den kleinen Jungen, der - zumindest vorübergehend - nur eine Wachspuppe mit atmenden Lungen und schlagendem Herzen ist, eine menschliche Maschine, die von ihren beiden Geistern verlassen wurde. Sie kniet vor ihm und nimmt ihn in die Arme. Sie bedeckt sein Gesicht mit Küssen und vergißt alles andere darüber - den Raum, die Umstände, Marinville, der hinter ihr an der Tür steht. Und jetzt spürt Seth, wie der rote Schwarm, der Tak ist, durch die Küche zieht wie ein Schwarm übernatürlicher Bienen, und jetzt muß es sein, ja, jetzt. Seine Hand greift nach der Konsole, und er drückt die Schalter nach unten. Die grünen Lichter darüber erlöschen; rote Lichter darunter leuchten auf. Mit jedem Schalter, den er umlegt, schwindet sein Wissen um das, was sich oben abspielt. Er schaltet die Sinne der Wachspuppe nicht ab, die seine Tante oben mit Küssen bedeckt, er ist nicht sicher, ob er das könnte, selbst wenn er es wollte, aber er kann sie blockieren... und das tut er. Schließlich ist nur noch sein Verstand übrig. Das muß genügen. Seth legt eine Hand auf die Schalter, die er gerade nach unten gedrückt hat, damit sie nicht wieder nach oben schnappen können, fühlt nach Tante Audrey und betet, daß er sie in der Finsternis finden kann.
    Audrey Wylers Haus/Regulatoren-Zeit
    In dem Augenblick, als Audrey den Jungen von der Toilette in ihre Arme reißt, saust etwas an Johnny Marinville vorbei, das heiß wie ein Fieber und kalt wie Froschlaich zugleich ist. Grellrotes Licht, bei dem er an die Neonbeleuchtung von Bars und Country-Musik denken muß, strömt in seinen Kopf ein. Als er wieder klar ist, ist auch seine Fähigkeit wieder hergestellt, alles zu sehen und selbst gleichzeitige, sich überschneidende Ereignisse in eine Abfolge zu bringen. Als hätte das Ding, das ihn passiert hat, eine Art von Elektroschock ausgelöst. Außerdem hat es seine Gedanken mit einer ekelhaften Präsenz überzogen, die sich schleimig anfühlt.
    Als Audrey mit Seth in den Armen aufsteht (die Unterhose rutscht ihm vom Fuß, er ist jetzt vollkommen nackt), sieht Johnny, wie der Wirbel greller Lichter um den Kopf des Jungen kreist wie ein Heiligenschein auf alten Gemälden des Jesuskinds. Dann läßt sich der Wirbel nieder wie ein Schwärm Termiten und überzieht Wangen, Ohren und das schweißnasse Haar des Jungen. Er schlüpft in die offenen, glasigen Augen und läßt die Zähne scharlachrot aufleuchten.
    »Nein!« schreit Audrey. »Raus aus ihm! RAUS mit dir, du Miststück!«
    Sie springt mit dem Jungen auf den Armen zur Badezimmertür. Seths Kopf scheint in Flammen zu stehen. Johnny streckt die Hand aus - nach ihr? Seth? Beiden? Er weiß es nicht, und es spielt auch keine Rolle, weil sie an ihm vorbei in die schmutzige Küche stürmt, kreischt und nach dem Schwärm tanzender Lichtpünktchen um Seths Kopf schlägt. Ihre Hand gleitet nutzlos durch die rote Substanz. Als sie und der Junge ihn passieren, ertönt ein gräß-liches, maschinenhaftes Summen in Johnnys Kopf. Er schreit und preßt die Hände auf die Ohren. Es dauert nur den einen Augenblick, bis Audrey vorbei ist, aber es ist ein Augenblick, der trotzdem eine Ewigkeit zu dauern scheint. Wie kann ein Junge hinter diesem Geräusch übrig sein? fragt er sich. Wie, in Gottes Namen, kann überhaupt etwas hinter diesem Geräusch existieren?
    »Laß ihn LOS!« kreischt sie. »Laß ihn LOS, Schwanzlutscher, laß ihn LOS!«
    Dann ist die Küchentür nicht mehr frei. Cammie Reed steht mit der .30-06 in den Händen dort.
    Taks Aufenthaltsort/Taks Zeit
    Als es Seth erreicht und alle üblichen Zugänge versperrt findet, bricht sein herablassender Respekt vor den Fähigkeiten des
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