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Regulator: Roman

Regulator: Roman

Titel: Regulator: Roman
Autoren: Stephen King
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Ähnlichkeit mit der von Cammie aufweist. »Tak ah wan! Tak ah lah! Mi him en tow!« Eine Pause. Dann sagt das Ding ohne Augen mit einer knirschenden, unmenschlichen Stimme, die Johnny, das weiß er genau, bis ans Ende seines Lebens in Alpträumen hören wird: »Ich kenne euch alle. Ich finde euch alle. Ich werde euch zur Strecke bringen. Tak! Mi him, en tow!« Dann schwillt sein Schädel an; die Überreste von Cammies Kopf sehen aus wie ein monströser Pilz. Johnny hört ein reißendes Geräusch, wie von Papier, und erkennt, daß die dünne Haut über dem Schädelknochen auseinandergezogen wird. Die verschmierten Augenhöhlen dehnen sich und werden zu langen Schlitzen; der aufquellende Kopf verzerrt ihre Nase zu einer Schnauze mit langen, trapezförmigen Nasenlöchern.
    Aha, denkt Johnny, Audrey hatte recht. Nur Seth konnte es aufnehmen. Seth oder jemand wie Seth. Jemand ganz Besonderes. Weil -
    Als sollte dieser Gedanke auf die spektakulärste Weise vollendet werden, explodiert Cammie Reeds Kopf. Heiße Fetzen, in denen teilweise noch Leben pulsiert, prasseln gegen Johnnys Gesicht.
    Schreiend und bis zum Wahnsinn angeekelt, wischt Johnny das Zeug ab und reibt sich mit den Daumen die Augen frei. Ganz schwach kann er Steve und Cynthia hören, als hätte jemand am anderen Ende der Leitung den Telefonhörer weggelegt, die ebenfalls schreien. Dann zuckt grelles Licht durch den Raum, so plötzlich und unerwartet wie ein Schlag. Johnny denkt zuerst, daß es eine Art von Explosion sein muß - ihrer aller Ende. Aber als sich seine Augen (immer noch brennend und salzig und mit Cammies Blut besudelt) anpassen, sieht er, daß es keine Explosion ist, sondern das Tageslicht - das strahlende, dunstige Licht eines Sommernachmittags. Donner grollt im Osten, ein hustendes, nicht besonders bedrohliches Geräusch. Der Sturm ist vorbei; er hat das Haus der Hobarts angezündet (dessen ist Johnny sicher, weil er den Rauch riechen kann) und ist weitergezogen, um das Leben anderer Leute durcheinanderzubringen. Aber ein anderes Geräusch ist zu hören, auf das sie die ganze Zeit so sehnsüchtig und vergeblich gewartet haben: das Heulen von Sirenen. Polizei, Feuerwehr, Krankenwagen, vielleicht sogar die beschissene Nationalgarde, Johnny weiß es nicht. Und es kümmert ihn auch nicht. Im Augenblick interessiert ihn das Heulen von Sirenen nicht besonders. Der Sturm ist vorbei.
    Johnny denkt, daß auch die Zeit der Regulatoren vorbei ist. Er läßt sich auf einen der Küchenstühle fallen und betrachtet die Leichen von Audrey und Seth. Sie erinnern ihn an die sinnlosen Todesfälle in Jonestown, Guyana. Sie hat immer noch die Arme um ihn gelegt, und er seine -schwache, dünne, ausgemergelte Arme, die nie einen Kratzer abbekommen haben, weil er auch nur ein einziges Mal mit anderen Jungs seines Alters Fangen oder Verstecken gespielt hätte - um ihren Hals.
    Johnny wischt sich mit glitschigen Handrücken Blut und Knochensplitter und Klumpen Hirnmasse von den Wangen und fängt an zu weinen.
    Aus Audrey Wylers Tagebuch:
     
    31. Oktober 1995
     
    Wieder Tagebuch. Hätte nie gedacht, daß ich wieder damit anfangen würde, und werde es wahrscheinlich auch nicht mehr regelmäßig tun, aber es kann so tröstlich sein. Seth kam heute morgen zu mir & schaffte es, mich mit einer Mischung von Worten & Grunzlauten zu fragen, ob er wie die anderen Kinder an Halloween, Süßigkeiten sammeln gehen könnte. Von Tak keine Spur, und wenn er nur Seth ist, kann ich ihm fast nichts abschlagen. Es fällt mir nicht schwer, daran zu denken, daß Seth nicht für alles die Verantwortung trägt, was geschehen ist; tatsächlich ist es sogar ziemlich leicht. In gewisser Weise macht es ja gerade das so schrecklich. Es versperrt mir sämtliche Fluchtwege. Ich nehme an, niemand anders könnte verstehen, was ich meine. Ich bin nicht sicher, ob ich es selbst verstehe. Aber ich spüre es. O Gott, ja. Ich sagte okay, ich würde mit ihm Süßigkeiten sammeln gehen, das würde Spaß machen. Ich sagte, ich könnte ihm vielleicht ein kleines Cowboykostüm machen, wenn ihm das gefiele, aber falls er als MotoKop gehen wollte, müßten wir zu People's und ihm ein Kostüm kaufen. Er schüttelte den Kopf, noch ehe ich richtig ausgesprochen hatte, heftige Bewegungen hin und her. Er wollte nicht als Cowboy gehen, auch nicht als MotoKop. Die Heftigkeit seines Kopfschütteins kam fast Entsetzen gleich. Ich glaube, allmählich hat er Cowboys und Polizisten aus der Zukunft satt. Ich frage mich,
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