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Reckless - Lebendige Schatten

Reckless - Lebendige Schatten

Titel: Reckless - Lebendige Schatten
Autoren: C Funke
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nicht.
    »Zeitzauber …« Der Goyl schlug die Krallen gegen die unsichtbare Wand. Es klang, als prallten sie gegen Glas. »Nie gehört. Wie wirkt er?«
    »Jede Minute kostet uns von nun an ein Jahr.« Er würde doch noch ein alter Mann werden.
    Die Hexen brachten besonders verhasste Feinde auf diese Art um, aber der Hexenschlächter hatte keine Rache im Sinn gehabt. Du hättest schon in der Gruft darauf kommen müssen, Jacob!
    »Wenn man seine eigenen Kinder in den Kreis bannt«, seine Stimme klang schon heiserer, »gewinnt man die Jahre, die man ihnen stiehlt, für sich selbst. Man holt sich einfach das Leben zurück, das man ihnen geschenkt hat, … je mehr, desto besser. Schließlich wollte Guismund nicht als alter Mann wiedergeboren werden. Also hat er versucht, sie alle drei herzulocken.«
    »Wiedergeboren?« Der Bastard starrte ungläubig zu Guismunds Abbild hinauf.
    »Ja. Es ist keine Statue. Es ist sein Leichnam. Der Hexenschlächter wollte vom Tod zurückkehren, auch wenn er seine Kinder dafür umbringen musste.«
    Ticktack. Das Schnarren der Uhr zerteilte die Stille und Jacob spürte sein Fleisch verdorren.
    »Vielleicht hätte es mit Louis sogar funktioniert«, sagte er. »Aber wir werden ihm nichts nützen. Umbringen wird es uns trotzdem.«
    Und Fuchs würde nichts tun können, um sie zu befreien. Den Kreis konnte nur Guismund brechen. Jacob wusste nicht, was er sich wünschte: dass sie sie fand, wenn sie noch lebten oder doch besser erst, wenn es vorbei war.
    »Hast du gehört, Hexenschlächter?«, schrie Nerron dem Toten auf dem Thron zu. »Du hast die Falschen gefangen! Lass uns gehen! Deine Kinder waren nicht so dumm wie wir und sie sind mittlerweile genauso tot wie du!«
    Jede Minute ein Jahr.
    Der Bastard sank auf die Knie. Er atmete ebenso schwer wie Jacob, aber ihm würde man den Zauber kaum ansehen. Goylhaut alterte nicht.
    »Gib es zu!«, stieß er hervor. »Gib es zu. Ich habe gewonnen!«
    Jacob schloss die Augen. Nein, er wollte nicht, dass Fuchs sie so fand. Er wollte, dass sie ihn niemals fand und all dies nie geschehen wäre. Aber womit hatte alles angefangen? Damit, dass er durch den Spiegel gegangen war Und hätte er das nie getan, hätte er sie nie gefunden und die Füchsin wäre in der Falle verendet.
    Er hob die Hand. Sie glich der eines alten Mannes.
    Er wollte nicht, dass sie ihn so fand.

64
LEBEN UND TOD
    F uchs begriff nicht. Es war zu schrecklich, was sie sah. Jacob auf dem Boden und neben ihm der Goyl. Sie verwandelte sich, während sie auf sie zurannte. Die Armbrust sah sie erst zwischen ihnen liegen, als sie näher kam.
    Jacob.
    Sie prallte gegen eine unsichtbare Wand, als sie zu ihm wollte. Die Luft, die ihn umgab, war aus Glas gemacht, und Fuchs sah das Mosaik, das ihn und den Goyl in einem steinernen Kreis gefangen hatte. Ein magischer Kreis, aber was tat er mit ihnen? Der Bastard schien unverändert, auch wenn er flach wie ein Sterbender atmete. Jacobs Gesicht dagegen war so eingefallen, dass Fuchs es kaum erkannte. Seine Haut war wie Pergament, sein Haar weiß wie Schnee. Er regte sich nicht, als sie seinen Namen rief, aber sein ausgezehrter Körper erschauderte, als ein Ticken die Stille durchschnitt.
    Der Zauber, der die Jahre stahl. Der Menschen wie Blätter welken ließ.
    Fuchs sah sich verzweifelt um.
    Das Ticken kam vom Ende des Saals.
    Die Sanduhren der Hexen stahlen ihren Opfern lautlos die Zeit, aber es passte zur Grausamkeit des Hexenschlächters, dass er sich Jacobs Lebenszeit mit einem schnarrenden Uhrwerk nahm. Fuchs hörte die Zeiger weiterrücken, während sie auf die Uhr zurannte.
    Ein goldenes Zifferblatt in knöchernen Händen. Fuchs versuchte, die Zeiger zurückzudrehen, aber sie ließen es nicht zu, und schließlich gab sie auf, aus Angst, Jacob würde die gestohlenen Jahre nicht zurückbekommen, wenn sie die Uhr zerbrach. Sie flehte zu der Füchsin, zu allem, was ihr je Kraft gegeben hatte, aber die Zeiger rückten weiter.
    Bitte!
    Fuchs hob das Gehäuse aus den knochigen Händen, doch sie konnte es selbst mit dem Messer nicht aufbrechen. Der Spiegel, der neben der Uhr hing, zeigte ihr die Verzweiflung auf dem eigenen Gesicht. Er war so groß, dass fast der ganze Saal sich in seinem dunklen Glas fing.
    Für einen Augenblick verstand Fuchs nicht, was sie darin sah.
    Die Gestalt, die in dem Thronsessel saß, regte sich.
    Die behandschuhten Hände schlossen sich um die Armlehnen, und der Mund rang röchelnd nach Atem. Guismund wandte den Kopf. Fuchs
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