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Reckless - Lebendige Schatten

Reckless - Lebendige Schatten

Titel: Reckless - Lebendige Schatten
Autoren: C Funke
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tatsächlich, aufzustehen.
    Was, wenn sie ihn nicht rechtzeitig fand? Willst du dir den Pfeil selbst in die Brust schießen, Jacob? Die Vorstellung war fast komisch.
    Aus der Nähe war die Figur auf dem Thron so lebensecht, als hätte Guismund sie aus Fleisch und Blut machen lassen. Die toten Augen starrten durch Jacob hindurch, als er auf den Schemel zuging. Himmel. Seine Füße stolperten fast so schlimm wie sein Herz.
    »Du machst dir das Sterben nicht leicht.« Der Bastard löste sich so lautlos aus dem Schatten, wie er es in der Gruft getan hatte.
    Wo hast du deine Ohren gehabt, Jacob? Der älteste Fehler der Welt: die Vorsicht zu vergessen, wenn der Schatz in Reichweite war. Er würde sterben wie ein Anfänger.
    Der Bastard musterte die Bilder an den Wänden, während er auf ihn zukam. Jacob griff nach dem Revolver, aber der Tod machte ihn langsam, und der Goyl richtete die Pistole auf ihn, noch bevor er die Waffe aus dem Gürtel gezogen hatte.
    »Zwing mich nicht, dir die letzten Minuten deines Lebens zu verkürzen«, sagte Nerron, während er auf Jacobs Kopf zielte. »Wer weiß? Vielleicht hast du sogar noch eine Stunde. Wie hast du das Tor geöffnet? Das verdammte Eisen hat selbst mir die Hände verbrannt.«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung.« Die Armbrust war so nah, dass er nur die Hand hätte ausstrecken müssen, aber Jacob sah dem Goyl an, dass er schießen würde. Er hatte gelernt, in dem gemaserten Gesicht zu lesen. Es erinnerte ihn auch jetzt an das seines Bruders. »Wer hat dich befreit?«
    »Der Wassermann. Ich hatte so ein Gefühl, dass es nützlich sein wird, ihn am Leben zu lassen. Obwohl ich ihm in den letzten Wochen ein Dutzend Mal den schuppigen Hals umdrehen wollte.« Nerron blickte sich suchend um. »Wo ist die Füchsin?«
    Zieh die Pistole, Jacob. Versuch es wenigstens. Was hast du zu verlieren?
    Aber vielleicht war einfach nicht mehr genug Leben in ihm.
    Nerron blieb vor ihm stehen.
    »Sie ist sehr schön und das sage ich nicht schnell über Menschenfrauen. Denkst du, sie würde sich von mir trösten lassen? Mit dem Blaubart ist sie schließlich auch mitgegangen.«
    Ja, Jacob hätte ihn gern erschossen.
    »Ich bin sicher, alle Zeitungen werden einen Nachruf auf den großen Jacob Reckless drucken.« Nerron trat auf die Armbrust zu, die Pistole immer noch auf Jacobs Kopf gerichtet. »Vielleicht kommen sie zu mir, um zu hören, wie du dein Leben ausgehaucht hast. Ich verspreche, ich werde es sehr schmeichelhaft schildern.«
    Jacob strich über den blutigen Abdruck auf seinem Hemd. So nah. Seine Hand zitterte. »Wem wirst du sie verkaufen?«
    »Ich bin sicher, du wärst überrascht.« Nerron griff nach der Armbrust.
    Schnapp.
    Das Ticken begann, sobald der Goyl die Waffe von dem Schemel hob, aber er beachtete es nicht. Er begriff auch noch nicht, als er auf den Rand des Kreises zuging – und gegen eine unsichtbare Wand prallte. Der Fluch, den er ausstieß, hätte einem Zwerg alle Ehre gemacht. Er versuchte, an einer anderen Stelle über den Rand des Mosaiks zu treten, aber natürlich ließen die Steine ihn nicht gehen.
    Es war Jacob kein Trost, dass der Goyl genauso blind gewesen war, aber vielleicht konnte er selbst sich damit entschuldigen, dass Todesangst nicht klüger machte.
    Es war eine Falle. Von Anfang an. Sie hatten sich schon darin gefangen, als sie die Worte in der Gruft gelesen hatten, und wer immer der Tote war, dessen Leichnam sie dort gefunden hatten, es war nicht der Hexenschlächter gewesen. Die Fingernägel hätten dich misstrauisch machen müssen, Jacob! Keine Spur von Fäulnis? Wo hattest du deinen Verstand?
    Er blickte zu der Figur auf dem Thron. Der Hexenschlächter saß vor ihnen und die Falle, die er aufgestellt hatte, war nach fast achthundert Jahren doch noch zugeschnappt.
    Der Bastard schleuderte den Schemel so heftig gegen die unsichtbare Wand, die sie umgab, dass er zersplitterte.
    »Verdammt! Was hat uns verraten?«
    Jacob ließ sich auf die Knie fallen. »Gar nichts«, sagte er. »Er hält uns für seine Kinder. Das ist das Problem.«
    Er zog den Beutel mit Louis’ Haar aus der Tasche und warf ihn weit fort, auch wenn es zu spät war. »Die Falle war für sie bestimmt, aber sie waren schlauer als wir. Es ist ein Zeitzauber.«
    Die Hexen verwandten Sanduhren, aber Guismund hatte die Uhr benutzt, die er aus der anderen Welt mitgebracht hatte. Du hast sie gesehen, Jacob! Wo hattest du deinen Verstand? Ein magischer Kreis und eine Uhr. Mehr brauchte es
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