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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca
Autoren: Daphne Du Maurier
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und ofenheiße, hauchdünne Plätzchen. Sandwiches mit dem
    verschiedenartigsten Belag, schmackhaft und wirklich köstlich, und der ganz besonders gute Honigkuchen. Sand-torte, die im Mund zerging, und ihr so viel schwererer Begleiter, der von Rosinen und Zitronat nur so strotzte. Es war genug zum Essen da, um eine hungernde Familie eine Woche lang am Leben zu halten. Ich habe nie erfahren, was mit all dem Überfluß geschah, und habe mir über diese Verschwendung manchmal Gedanken gemacht.
    Aber ich wagte Mrs. Danvers nicht zu fragen, was sie eigentlich damit anfing. Sie hätte mich nur geringschätzig angesehen und ihr überlegenes, eiskaltes Lächeln gelächelt, und ich kann mir vorstellen, wie sie mir geantwortet hätte: «Als Mrs. de Winter noch lebte, hat es niemals irgendwelche Klagen gegeben.» Mrs. Danvers – ich möchte wohl wissen, was sie jetzt tut.
    Sie und Favell. Ich glaube, es war der Ausdruck in ihrem Gesicht, der zum erstenmal ein Gefühl von Unbehagen in mir erzeugte. Instinktiv dachte ich: «Sie vergleicht mich mit Rebecca»; und scharf wie ein Schwert fiel der Schatten zwischen uns …
    Nun, jetzt ist es überstanden, erledigt und abgetan. Ich leide keine Folterqualen mehr, und beide sind wir jetzt frei. Selbst mein treuer Jasper hat Einlaß in die glücklichen Jagdgründe gefunden, und Manderley lebt nicht mehr. Wie eine leere Schale liegt es mitten in dem Waldesdickicht, genauso, wie ich es in meinem Traum gesehen habe. Eine Heimstätte für das Unkraut, eine Zuflucht für die Vögel. Bisweilen kommt vielleicht ein Landstreicher dort vorüber, um Schutz vor einem plötzlichen Regenschauer zu suchen, und wenn er beherzt ist, mag er auch ungestraft in diese Wildnis eindringen. Ein furchtsamer Bursche aber, etwa ein lichtscheuer Wilddieb – der hält sich dem Wald von Manderley besser fern. Er könnte das Sommerhäuschen in der Bucht entdecken, und er würde sich unter dem eingesunkenen Dach nicht wohl fühlen bei dem unablässigen Getrommel des leichten Regens. Es könnte immer noch ein Hauch von dem alten Leid darüber liegen … Auch jene Biegung des Anfahrtswegs, wo die Bäume sich nun auf dem Kies breitmachen, ist kein Aufenthaltsort, jedenfalls nicht nach Sonnenuntergang. Wenn die Blätter rauschen, klingt das so ähnlich wie die leisen Bewegungen einer Frau im Abendkleid, und wenn sie plötzlich erzittern und abfallen und den Boden entlang fortgeweht werden, könnte man es für das Tapp-Tapp hastiger weiblicher Schritte halten und die Blattspur auf dem Kies für den Abdruck eines hochhackigen Seidenschuhes.
    Wenn derartige Erinnerungen mich überkommen wollen, dann wende ich mich erleichtert der Aussicht von unserem Balkon zu. Diesen harten Glanz trüben keine Schatten; die steinigen Weingärten funkeln in der Sonne, und die Glyzinien sind weiß vor Staub. Eines Tages werde ich das alles vielleicht mit Wohlgefallen betrachten. Im Augenblick flößt es mir – wenn auch keine Liebe – so doch wenigstens Selbstvertrauen ein. Und Selbstvertrauen ist eine Eigenschaft, die ich sehr schätze, obwohl ich sie erst ziemlich spät im Leben erworben habe.
    Ich glaube, es ist seine Abhängigkeit von mir, die mich endlich mutig gemacht hat. Jedenfalls habe ich meine Unsicherheit, meine Schüchternheit und meine Scheu Fremden gegenüber verloren. Ich unterscheide mich sehr von jenem Ich, das zum erstenmal nach Manderley fuhr, eifrig und hoffnungsfroh, gehemmt durch sein verzweifelt linkisches Wesen und von dem glühenden Wunsch erfüllt, zu gefallen. Natürlich war es mein Mangel an Haltung, der auf Leute wie Mrs. Danvers einen so unvorteilhaften Eindruck machte.
    Wie muß ich wohl nach Rebecca gewirkt haben? Ich kann mich heute noch deutlich sehen: mit straffem, kurz geschnittenem Haar und dem jungen Gesicht ohne Make-up, mit einem schlecht sitzenden Mantel und selbst verfertigten Rock und Pullover bekleidet, zockelte ich hinter Mrs. Van Hopper her. Wie stets ging sie mir voraus zum Mittagessen, mit ihrem gedrungenen Körper unsicher auf den allzu hohen Absätzen schwankend, in einer kokett berüschten Bluse, deren Jugendlichkeit ihrem üppigen Busen und wackelnden Hintergestell schmeicheln sollte, ihren von einer riesigen Feder durchbohrten neuen Hut schief auf dem Kopf, so daß die breite Fläche ihrer Stirn nackt wie das Knie eines Schuljungen hervorleuchtete. Die eine Hand trug eine ungeheuer große Tasche, in der Reisepässe, Notizbücher und Bridgeblocks Platz fanden, und die andere spielte mit
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