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Reagans Satellit

Reagans Satellit

Titel: Reagans Satellit
Autoren: Robert Silverberg
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haben im vergangenen Jahr formelle Bewerbungen eingereicht und ihre jeweiligen Vorteile dargelegt.«
    »Was geschah daraufhin?«
    »Es wurde keine Entscheidung gefällt.«
    Regan schnitt eine Grimasse. »Hal, treten Sie mit den sechsen in Verbindung und fordern Sie sie auf, ihre Bewerbungen zu wiederholen. Sie haben drei Tage Zeit, und wer innerhalb dieser Frist keine Bewerbung vorlegen kann, hat seine Chance verspielt.«
    »Jawohl, Faktorist Regan!«
     
    *
     
    Während die Frist lief, brauste Regan zurück nach Denver und nahm an einer Direktorenversammlung teil. Er gestattete eine Erhöhung der Dividende – zum elftenmal in elf Jahren hintereinander. Am zweiten Tag befaßte er sich mit den Plänen für ein Wohnungsbauprojekt in Pakistan. Die pakistanische Regierung gedachte es mit einem Kredit der Global Factors zu verwirklichen. Es würde 2,5 Millionen Pakistanis Wohnungen geben. Eine Global-Tochtergesellschaft ermöglichte es. Noch am Abend desselben Tages war der Vertrag unterzeichnet. Für die Unternehmen der Global ging die Sonne nie unter.
    Am Mittwoch war er wieder in Washington. Nola war dabei, um die Abgesandten zu sehen. Sie vergnügte sich an solchen Kleinigkeiten. Houston und New Orleans hatten ihre Bürgermeister geschickt, die anderen Städte andere offizielle Vertreter. Regan räumte jedem fünfundvierzig Minuten ein, um die Bewerbung vorzutragen.
    Einige Leute hatten lang und schwer an den Bewerbungen gearbeitet, stellte Regan fest. Man legte ihm Modelle, Karten und Pläne vor. Jeder der Männer, als sie nacheinander eintreten durften, tat es mit dem Ausdruck von Verzweiflung in den Augen und begann sofort mit einer Erklärung, warum seine Stadt, und nur seine, in den Genuß der Ehre kommen müsse, Gastgeber der Weltausstellung zu sein.
    Regan schloß New York und Chicago unverzüglich aus. Chicago beanspruchte die Gastgeberschaft, weil schon anläßlich der letzten Jahrhundertfeier der Entdeckung Amerikas im Jahre 1892 die Weltausstellung dort stattgefunden hatte – Grund genug für Regan, diesmal die Gastgeberschaft zu verweigern. Was New York betraf – er hegte die Auffassung, daß New York kein geeigneter Ort war; neben den anderen Attraktionen der Riesenstadt wurde eine Weltausstellung leicht mißachtet. 1964 hatte es bewiesen.
    Boston, New Orleans, Houston, San Francisco – Regan hörte jedem der Abgesandten zu, nickte weise, lächelte gelegentlich, nährte manchmal Hoffnung, jagte bisweilen Entsetzen ein. Unterdessen entstand in seinem Kopf eine neue Idee. Eine Idee, wie nur ein Claude Regan sie haben konnte, und als sie erstmalig durch sein Bewußtsein zuckte, war er selber ein wenig schockiert.
    Der Mann aus San Francisco hatte unter zahlreichen Bücklingen den Raum verlassen und seine umfangreichen automatisierten Modellbauten mitgenommen. Regan blickte seitwärts zu seiner Frau hinüber, die ihren Mund gleichmütig mit grünem Lippenstift bestrich. Martinelli und mehrere andere Leute des Stabes standen steif und erwartungsvoll in den Ecken des Zimmers.
    »Nun, Liebling?« forschte Nola gedehnt. »Wer wird es sein?«
    »Wen würdest du vorziehen?«
    »Keine Ahnung.« Sie zuckte lässig mit den Schultern. »Mir sind sie alle sympathisch. Ach, warum vergibst du die Sache nicht an Houston, Schatz? Der Mann aus Houston wirkte so ehrlich .«
    Unter den Sekretären verbreitete sich Spannung. Sie wechselten Blicke. Würde der allmächtige Claude Regan den Launen seiner Frau erliegen? Würde die Wahl auf Houston fallen?
    »Ich denke nicht daran, Houston zu wählen«, sagte Regan. »Auch keine der anderen Städte.« Die Zuhörer wurden wachsam. »Warum soll die Weltausstellung überhaupt auf der Erde stattfinden?« meinte Regan laut. »Warum nicht irgendwo im Weltraum?«
     

 
3.
     
    In Houston gab es ein Wehgeschrei, in Boston Zähneknirschen. In San Francisco riß man sich die Haare aus. In Chicago, New York und New Orleans jammerte man auf eigene besondere Art.
    In den stinkenden Elendsvierteln der sterbenden amerikanischen Städte nahm man Regans kühnen Gedanken mit Unglauben auf und diskutierte ihn leidenschaftlich. Über ihre Mahlzeiten aus gebratenen Ratten gebeugt, murmelten Obdachlose in Manhattan und Los Angeles, während sie die Köpfe schüttelten, der Mann sei verrückt.
    In Moskau trat das Präsidium des Obersten Sowjets zu einer Debatte über die Neuigkeit zusammen. Hohe Parteifunktionäre berieten in Peking. In Brasilien herrschte Bestürzung, Entsetzen in Nigeria. An der
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