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Raus mit der Sprache

Titel: Raus mit der Sprache
Autoren: Ursula Steinbuch
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In einer Veranstaltung (stellen Sie sich bei dieser und allen folgenden Situationen eine Veranstaltung mit etwa 15 bis 30 Teilnehmern vor) soll eine kurze Textstelle (2 Sätze) vorgelesen werden. Sie melden sich und werden aufgerufen.
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    2. Sie werden – ohne sich gemeldet zu haben – aufgerufen. Sie wissen die Antwort.
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    3. Sie melden sich, um eine Frage zu stellen, und werden aufgerufen. Alle schauen Sie an.
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    4. Der Dozent stellt eine Frage und ruft Sie auf. Sie wissen die Antwort nicht.
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    5. Sie werden aufgefordert, aufzustehen und einen Text, den Sie eben durchgelesen haben, in ein paar Sätzen zusammenzufassen. Alle schauen Sie an.
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    6. Sie halten im Stehen ein kurzes Referat (5 bis 10 Minuten) über ein Thema, das Sie gut beherrschen. Sie haben nur einige Stichworte notiert.
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    |18| 7. Sie halten im Stehen ein Referat (20 Minuten) vor ca. 40 Zuhörern. Sie haben ein vollständiges Konzept und dürfen ablesen.
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Von der Schule zur Hochschule
    Biographische Veränderungsprozesse und institutionelle Bedingungen
    Der Studienbeginn fällt für die meisten mit einer ohnehin schon schwierigen Phase zusammen. Die Ablösung von den Eltern steht an, oft für beide Seiten ein belastender Prozess.
    Es ist die Zeit, in der Sie überprüfen, welche der übernommenen Einstellungen und Wertmaßstäbe Sie weiterhin für sich für wichtig und richtig finden und deshalb beibehalten wollen, und was Sie anders machen wollen, als Sie es bei Ihren Eltern gesehen und gelernt haben. Es geht darum, Neues zu erproben und einen eigenen Weg zu finden, der sich bei den meisten erst nach einer Phase von Versuch und Irrtum – begleitet von Höhen und Tiefen – mit der Zeit herauskristallisiert. Das wiederum macht das Standhalten in Konflikten mit den Eltern oft schwierig, und immer wieder ist man in Gefahr, vorschnell nachzugeben, und muss dann hinterher verlorenes Terrain wieder mühsam zurückgewinnen.
    In der Schule hatte der Einzelne im Rahmen des Klassenverbandes seinen festen Platz, es war klar, wo man stand. War man dort unter den Besten, so findet man sich nun eventuell in einem Hörsaal wieder, in dem viele andere auch unter den Besten ihrer jeweiligen Klasse waren. Das Vergleichen mit den anderen und das Zweifeln an sich selbst beginnen.
    Zudem ist der Studienbeginn oft mit einem Ortswechsel verbunden, das heißt, der etablierte, vertraute Freundeskreis gibt |19| keine Rückendeckung mehr, neue soziale Kontakte, Beziehungen müssen gefunden und aufgebaut werden.
    Die Lernbedingungen an der Universität unterscheiden sich gewaltig von denen in der Schule. Universität ist nicht die Fortsetzung von Schule. Ich wiederhole das, weil ich glaube, dass das – übrigens von allen Beteiligten – nicht genügend berücksichtigt wird, und oft sind erste Enttäuschungen und Entmutigungen die Folge.
    Frei über Ihre Zeit zu verfügen ist einerseits ein wunderbares Privileg, das die Hochschule Ihnen bietet. Andererseits birgt es große Risiken, weil Sie jetzt nicht nur für Ihre Zeiteinteilung, sondern auch für die Auswahl der Inhalte und Veranstaltungen selbst verantwortlich sind. Das Angebot ist groß, und Sie können nur einen Bruchteil davon in Anspruch nehmen. Aber welchen? Noch fehlen Kriterien und Strategien, um sich in der großen Vielfalt und Unverbindlichkeit orientieren zu können. Auch hier gibt es Unsicherheit.
    Neben der Eigeninitiative verlangt die Hochschule auch die Fähigkeit, stärker sich selbst und die eigenen Arbeitsergebnisse zu präsentieren, sei es schriftlich in Übungs- und Seminararbeiten, sei es mündlich in Diskussionsbeiträgen und Referaten, ohne dass dafür eine gezielte Anleitung bereit gehalten wird.
    Überhaupt haben Sie sich mit Ihrer Entscheidung für die Hochschule unter den heutigen Studienbedingungen an einen unwirtlichen Ort begeben. Es ist viel die Rede von der Anonymität und Distanziertheit an der Massenuniversität. Das gilt auch für die Lehrveranstaltungen, die in den meisten Fächern nicht gerade darauf angelegt
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