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Raus mit der Sprache

Titel: Raus mit der Sprache
Autoren: Ursula Steinbuch
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erklärt Redeangst mit dem unvollständigen Erwerb kommunikativer Fähigkeiten (Skills-Defizit-Hypothese). Die Entwicklung von Redefähigkeit verläuft langsamer als bei anderen, so dass für die betroffene Person Redesituationen mehr und mehr negativ besetzt sind, in denen sie schließlich Redeangst empfindet.
Das kognitive Selbsteinschätzungsmodell geht von der Prämisse aus, dass Redeangst nicht aus einem objektiv vorhandenen Skill-Defizit an sich resultiert, sondern aus der subjektiven Wahrnehmung der eigenen Unzulänglichkeit. Untersuchungen zeigen, dass Redeängstliche ihre Fähigkeiten und ihre Leistung unterschätzen, sich selbst negativer bewerten, als es das Publikum tut, und die Zuhörer für weniger positiv gestimmt halten als Nicht-Redeängstliche. |25|
Im psychodynamischen Erklärungsansatz von Redeangst steht der Wunsch nach Aufmerksamkeit (Anerkennung für einen Redebeitrag) im Konflikt mit der Angst vor Zurückweisung (Kritik seitens der Zuhörer für einen Redebeitrag) und Kontrollverlust (Ausbruch eigener Aggressivität bei Misserfolg). Redeangst wird als Hemmung des Bedürfnisses nach Selbstdarstellung gesehen.
Die erlebte Angst hat ihren Ursprung in einer ganz anderen Situation, zum Beispiel mit Eltern oder Geschwistern, und wird in der Redesituation wieder neu belebt.
    Zusammengefasst kann man feststellen, dass eines der Erklärungsmodelle auf eine genetische Disposition zurückgreift, drei auf lerntheoretische Ursachen, ein Modell geht von subjektiven Fehleinschätzungen aus und ein weiteres von einem inneren Konfliktgeschehen.
    Nach meinen Beobachtungen in den Trainings steht Redeangst vor allem für
Angst vor Kritik durch andere,
Angst, Fehler zu machen und sich zu blamieren,
Angst, dem eigenen Idealbild nicht zu entsprechen.

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Die Symptome
    Wie wir anhand der Beispiele gesehen haben, tritt Redeangst (Redehemmungen und Lampenfieber werden synonym verwendet) im Zusammenhang mit kleineren, vor allem aber größeren Gruppen auf. Das Entscheidende ist der Zusammenhang mit einem Publikum – gleichgültig, ob das Publikum tatsächlich oder nur in der Vorstellung vorhanden ist, und gleichgültig, ob man tatsächlich redet oder sich nur vorstellt zu reden.
    Sicher ist die Situation des öffentlichen Redens, also des Redens vor Studierenden und Lehrenden oder vor einem anderen, wenig vertrauten Publikum, keine Alltagssituation. Und alles, was wir nicht tagtäglich, das heißt routiniert machen, ist von einem |26| gewissen Erregungszustand (»arousal«) begleitet. Diese Erregung, Anspannung ist eine ganz normale Stressreaktion. Das gilt umso mehr für Fertigkeiten, die wir noch im Begriff sind zu lernen.
    Diese Erregung macht sich, wie wir gesehen haben, an bestimmten Symptomen fest, und wenn wir jetzt noch einmal genauer hinschauen, können wir drei unterschiedliche Ebenen ausmachen, auf denen sie auftreten:
    Physiologische Symptome
    Sobald Angst/Redeangst im Spiel ist, findet in unserem Organismus eine Reaktion statt, die vermehrt Noradrenalin und Adrenalin freisetzt und den Körper in einen Zustand höchster Reaktions- und Leistungsbereitschaft versetzt. Zu den physiologischen Folgen der Redeangst gehören unter anderem
erhöhter Blutdruck,
beschleunigter Puls,
Schwitzen, Rotwerden,
erhöhte Spannung der Körpermuskulatur, wie der bekannte Kloß im Hals,
veränderte Gedächtnis- und Wahrnehmungsfunktionen.
    Verhaltensmäßige Symptome
    Bei Redeängstlichen kann man eine im Vergleich zu ihrem sonstigen Verhalten veränderte Reaktion beobachten:
Es wird zu leise, monoton gesprochen.
Es gibt Wortfindungsstörungen, häufige Versprecher oder Stocken, das Tempo ist schnell.
Das gleichmäßige Atmen unterbleibt, so dass dann irgendwann nach Luft geschnappt wird.
Die Anspannung in Mund und Kehle führt zu häufigem Räuspern und Schlucken. |27|
Es fällt schwer, Blickkontakt aufzunehmen, der Gesichtsausdruck ist unbewegt, die Augen gehen oft zur Decke (als ob von dort Hilfe käme).
Hände und Arme sind zappelig, zittrig oder verschwinden ganz unter dem Tisch.
Man scharrt im Sitzen mit den Füßen oder tritt beim Stehen von einem Fuß auf den andern.
    Kognitive Symptome
    Hierunter fällt alles, was sich vor, während und nach der Redesituation im Kopf des Sprechenden abspielt. Es sind zum einen die Befürchtungen, die er in Bezug auf die eigene Leistung hegt, zum anderen die Mutmaßungen, wie die eigene Leistung bei den Zuhörern ankommt und von ihnen bewertet wird.
    Bei einem hohen
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