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Raumstation Erde

Raumstation Erde

Titel: Raumstation Erde
Autoren: Clifford D. Simak
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Station verlassen mußte.
    Falls? - fragte er sich. War das überhaupt noch die Frage? Hatte er die schwere Entscheidung schon getroffen? War sie unbewußt in ihm entstanden?
    Damit war auch das andere entschieden. Wenn er die Station verließ, konnte er nicht mehr vor der Galaktischen Zentrale auftreten und ersuchen, die Erde vom Krieg zu heilen.
    Du bist der Repräsentant der Erde, hatte ihm Ulysses erklärt. Du bist der einzige, der die Erde vertreten kann. Aber konnte er das wirklich? War er noch ein Vertreter der Menschheit? Er stammte aus dem neunzehnten Jahrhundert, wie sollte er das zwanzigste vertreten? Um wieviel verändert sich der menschliche Charakter in jeder Generation? fragte er sich. Und er war nicht nur aus dem neunzehnten Jahrhundert, er hatte auch hundertzehn Jahre unter besonderen Umständen gelebt.
    Er kniete vor dem Koffer, betrachtete sie mit Staunen und ein wenig Mitleid, fragte sich, ob er noch ein Mensch sei, ob er unbewußt soviel von den Standpunkten fremder Wesen angenommen hätte, daß er zu einem eigenartigen Hybriden, zu einem galaktischen Halbblut, geworden war.
    Langsam schloß er den Koffer und schob ihn an seinen Platz zurück. Er klemmte die Schachtel mit den Briefen unter den Arm, stand auf, nahm sein Gewehr und ging zur Treppe.

31
     
     
    In einer Ecke der Küche fand er leere Kartons, Schachteln, in denen Winslowe die bestellten Sachen aus der Stadt mitgebracht hatte, und begann zu packen.
    Die Tagebücher, säuberlich gestapelt, füllten eine große Schachtel ganz und eine zweite zur Hälfte. Er nahm einen Packen alte Zeitungen und wickelte die zwölf diamantenen Flaschen vom Kaminsims säuberlich ein und legte sie in eine dick ausgepolsterte Schachtel. Dann holte er die Vega-Musikbox aus dem Schrank und verpackte sie ebenso sorgfältig. Aus einem anderen Schrank nahm er die Schriften fremder Kulturen, er durchsuchte seinen Schreibtisch, aber dort waren nur Kleinigkeiten aufbewahrt. Er fand sein Diagramm, knüllte es zusammen und warf es in den Papierkorb.
    Die vollen Kartons trug er zur Tür, um sie bei der Hand zu haben.
    Dann stand er unentschlossen da und sah sich um. Da waren die Sachen auf dem Kaffeetisch, auch sie sollte er mitnehmen, einschließlich der kleinen rotierenden Kugelpyramide, die Lucy in Bewegung versetzt hatte.
    Er sah, daß sein Haustier wieder einmal vom Tisch gekrochen und auf den Boden gefallen war. Er bückte sich, hob es auf und hielt es in den Händen. Es war seit dem letztenmal um ein oder zwei Knollen gewachsen und schimmerte jetzt in zartem Rosarot, obwohl es damals kobaltblau gewesen war.
    Es war sicher nicht richtig, das Ding als Haustier zu bezeichnen. Es war vermutlich gar nicht lebendig. Es bestand weder aus Metall noch aus Stein, schien aber mit beiden verwandt zu sein. Es wuchs langsam, und es bewegte sich, aber man konnte nicht sagen, wie es sich bewegte. Es aß nichts und schien keine Abfallstoffe abzugeben. Es wechselte die Farbe, aber ohne ersichtlichen Grund.
    Ein Wesen aus dem Gebiet des Saggittarius hatte es ihm vor ein paar Jahren geschenkt. Enoch erinnerte sich, daß er das Wesen zu fragen versucht hatte, was das Geschenk bedeutet, aber er hatte keine Antwort bekommen.
    Er stand mit dem Ding in der Hand und fragte sich zum erstenmal, warum er packte.
    Er benahm sich, als hätte er sich entschlossen, die Station zu verlassen, als habe er gegen die Galaxis zugunsten der Erde entschieden. Aber wann und wie hatte er das entschieden? Man mußte doch vorher abwägen, messen, urteilen, und er hatte nichts davon getan. Er hatte die Vor- und Nachteile nicht gegeneinander abgewogen und einen Ausgleich zu schaffen versucht. Er hatte nichts zu Ende gedacht. Irgendwie, irgendwo war die Entscheidung in ihm gefallen.
    War unbewußt eine derart seltsame Mischung von fremdartigen Gedanken und Ideen in ihm entstanden, daß er, ohne es zu erkennen, eine neue Denkweise entwickelt hatte?
    Draußen im Schuppen standen ein paar Kisten. Er mußte hinausgehen und die hier liegenden Dinge verstauen. Dann sollte er in den Keller laufen und die wichtigsten Gegenstände holen. Er schaute zum Fenster und entdeckte überrascht, daß er sich beeilen mußte, denn die Sonne stand knapp über dem Horizont. Bald würde es Abend sein.
    Dabei fiel ihm ein, daß er das Mittagessen vergessen hatte, aber zum Essen war jetzt keine Zeit. Er konnte sich später etwas besorgen.
    Er drehte sich um, um das >Haustier< auf den Tisch zu legen, dabei hörte er ein Geräusch. Er
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