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Raubvogel der Sterne

Raubvogel der Sterne

Titel: Raubvogel der Sterne
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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hinter seinem Schreibtisch, aber er nannte sechs Kinder sein eigen, und er besaß ein weiches Herz, wenn es um ein Kind ging. Ich nutzte meinen Vorteil aus: „Glauben Sie, ich hätte nicht auch daran gedacht? Aber dieses Vorgehen würde weite Kreise ziehen. Wenn wir nach all den antiterranischen Unruhen die Raumwaffe einsetzen – wie viele Terraner leben auf diesem Planeten? Nur wenige tausend. Welche Chance hätten wir, wenn eine planetenweite Rebellion entstünde? Nicht die geringste, es sei denn, wir wollten ein Massaker anordnen. Wir sind hier, um den Kessel am Überkochen zu hindern – um uns aus planetaren Zwischenfällen herauszuhalten, nicht, um sie bis zu einem Punkt zu treiben, an dem kein Bluff mehr hilft. Deshalb müssen wir uns Rakhals bemächtigen, bevor uns die Ereignisse aus der Hand gleiten.“
    Ich schlug vor: „Geben Sie mir einen Monat, Chef. Dann können Sie sich einschalten, wenn es sich als notwendig erweist. Rakhal kann in einem Monat nicht viel gegen die Erde unternehmen. Und zumindest gelingt es mir vielleicht, Rindy herauszuhalten.“
    Magnusson starrte mich mit harten Augen an. Er versetzte: „Wenn Sie gegen meinen Rat handeln, kann ich mich später nicht dazwischenwerfen und Sie herausholen. Und Gott möge Ihnen gnädig sein, wenn Sie das Getriebe in Gang setzen und es nicht aufzuhalten vermögen.“
    Ich wußte das. Und ein Monat war keine lange Zeit. Wolf – vierzigtausend Meilen im Durchmesser, wenigstens zur Hälfte von unerforschten Bergen und Wäldern bedeckt, von nonhumanoiden und halbmenschlichen Städten wimmelnd, die kein Terraner jemals aufgesucht hatte. Rakhal oder irgendeinen einzelnen zu finden, gliche der Aufgabe, einen Stern im Andromedanebel zu suchen. Nicht unmöglich. Nicht völlig. Aber nahezu.

4. Kapitel
     
    Mack hatte mir unter offenem Zurschautragen seiner Mißbilligung die Akten geöffnet, und ich hatte fast den ganzen Tag in den Hinterräumen des 38. Stockwerkes über dem Archiv des Geheimdienstes verbracht, die Seiten meiner eigenen Berichte, die ich vor Jahren aus Shainsa und Daillon geschickt hatte, überfliegend, um meine Erinnerungen aufzufrischen. Er hatte einen der Nonhumanoiden, die für den Geheimdienst arbeiteten, damit beauftragt, in der Kharsa die Ausrüstung eines Dürrstädters und die verschiedenen anderen Gegenstände, die ich tragen oder mitführen konnte, zu erwerben.
    Ich wäre gern an seiner Stelle gegangen. Ich fühlte, daß ich die Übung brauchte. Erst jetzt begann ich einzusehen, wieviel ich in diesen Jahren hinter einem Schreibtisch vergessen haben mochte. Aber bis ich bereit war, Rakhal meine Anwesenheit bekanntzugeben, durfte niemand außerhalb des terranischen Bezirkes wissen, daß Race Cargill den Planeten nicht verlassen hatte. Vor allem durfte ich mich nicht in der Kharsa sehen lassen, ehe ich mich in der Verkleidung eines Dürrstädters dorthin begab.
    Ungefähr eine Stunde vor Sonnenuntergang schritt ich durch die sauberen kleinen Straßen der terranischen Kolonie dem Hause Magnussons zu.
    Joanna Magnusson, eine rundliche, gemütliche Frau in den Vierzigern, öffnete die Tür und reichte mir die Hand. „Kommen Sie herein, Race. Juli erwartet Sie.“
    „Es ist schön von Ihnen“, erwiderte ich lahm und brach ab, unfähig, meine Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen. Juli und ich hatten unseren Vater, der einen Offiziersposten auf dem Sternenschiff Landfall bekleidet hatte, begleitet, als Juli noch ein Kind war. Nach seinem Tode bei einem Unfall vor Procyon hatte Mack Magnusson mir eine Stelle im Geheimdienst verschafft, weil ich drei wolfische Sprachen beherrschte und die Kharsa mit Rakhal heimsuchte, wann immer ich entwischen konnte; und sie hatten Juli in ihr Haus aufgenommen, als wäre sie ihre eigene jüngste Schwester. Sie hatten nicht viele Worte verloren, weil ihnen Rakhal gefallen hatte, aber als der Bruch eintrat und Rakhal nach jener furchtbaren Nacht, in der wir uns beinahe getötet hätten, das Haus aufgesucht und Juli mit sich genommen hatte, hatte ihnen der Abschied eine schmerzhafte Wunde zugefügt. Und doch hatte sich ihre Zuneigung zu mir nur noch vergrößert.
    Joanna wehrte ab: „Unsinn! Was sonst konnten wir tun?“ Sie zog mich durch den Flur. „Ihr könnt hier reden.“
    Ich zögerte einen Moment, bevor ich durch die Tür trat, auf die sie wies. „Wie geht es Juli jetzt?“
    „Besser, denke ich. Ich habe sie in Metas Zimmer zu Bett gebracht, und sie hat den größten Teil des Tages verschlafen. Sie
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