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Raubvogel der Sterne

Raubvogel der Sterne

Titel: Raubvogel der Sterne
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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hatte, auf Fotoapparate und Radioröhren spezialisiert. Nach diesen Gegenständen herrscht um so größere Nachfrage, als Wolf kein mechanisierter Planet ist und niemals eine einheimische Industrie entwickelt hat.
    Ich suchte das Zimmer wieder auf, in dem Juli wartete. Als ich einen Blick in den hohen Flurspiegel warf, war ich überrascht, festzustellen, daß jede Spur des terranischen Beamten, der in seinen schlecht sitzenden Anzügen unbeholfen und unpassend wirkte, verschwunden war. Ein Dürrstädter, hager und narbig, blickte mir aus dem Spiegel entgegen.
    Joanna fuhr herum, als ich den Raum betrat, und erblaßte, ehe sie ihre Beherrschung wiedererlangte und ein nervöses Kichern ausstieß. „Meine Güte, Race, ich habe Sie nicht erkannt!“
    Julis Augen weiteten sich, während sie mich anstarrte und flüsterte: „Ja, so habe ich dich in Erinnerung. Du ähnelst so sehr einem Dürrstädter, daß du es fast bist.“
    Die Tür flog auf, und Mickey Magnusson stürmte in den Raum, ein pausbäckiger kleiner Knabe von gesundem Aussehen. In seiner Hand hielt er einen Gegenstand, der hell glitzerte und kleine Farbenblitze warf.
    Das Kind zottelte auf Juli zu und hielt das leuchtende Spielzeug in die Höhe, wie um etwas äußerst Kostbares und Geliebtes vorzuführen. Juli beugte sich zu ihm herunter und streckte die Arme aus, dann verzerrte sich ihr Gesicht, und sie griff nach dem blanken Gegenstand.
    „Mickey! Was ist das?“
    Die Augen des Kleinen weiteten sich, und er hielt ihn mit einer schützenden Bewegung hinter den Rücken. „Mir!“
    „Mickey, sei nicht ungezogen –“ begann Joanna.
    „Bitte zeige ihn mir“, schmeichelte Juli, und er brachte ihn langsam, immer noch argwöhnisch, zum Vorschein. Er bestand aus einem gewinkelten, sternenförmigen Kristallprisma, das wie ein vielseitiges Solidobild in einem Rahmen gedreht werden konnte, in den es eingelassen war. Aber es zeigte jedesmal ein neues und spaßhaftes Antlitz, wenn es umgewandt wurde. Ich bückte mich, um einen Blick darauf zu werfen; Mickey drehte es wieder und wieder, entzückt, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Erwachsenen zu stehen. Dutzende von Gesichtern schienen sich zu formen und wieder zu verschwimmen; menschliche und nichtmenschliche, ausnahmslos undeutlich und leicht verzerrt. Ich gab dem Kind das Spielzeug zurück und blickte bestürzt auf Juli; sie hatte sich zu Boden sinken lassen und saß dort, weiß wie der Tod.
    „Race! Finde heraus, woher er dieses Ding hat!“
    Ich bückte mich und schüttelte sie. „Was fehlt dir?“ forschte ich. Sie schien im Begriff zu stehen, wieder in den schlafwandlerischen Schock des Morgens zu verfallen. Sie entgegnete betäubt: „Es ist kein Spielzeug – Rindy hatte das gleiche – Joanna, woher hat Mickey dieses – dieses Ding?“
    Sie deutete mit einem Ausdruck des Grauens auf das Spielzeug.
    Joanna legte den Kopf auf die Seite und runzelte nachdenklich und überrascht die Stirn. „Ich weiß es nicht – nicht, wo du mich danach fragst. Ich war der Meinung, einer der Chaks hätte es vielleicht auf dem Basar gekauft und Mickey geschenkt. Er liebt es. Stehe bitte vom Boden auf, Juli!“
    Juli biß sich auf die Lippen und befolgte die Aufforderung. Sie wiederholte: „Rindy hatte das gleiche. Es erschreckte mich. Sie saß stundenlang da und blickte hinein, und – ich habe dir davon erzählt. Ich warf es einmal hinaus, und Rindy erwachte und schrie, sie weinte unaufhörlich, und dann lief sie in die Dunkelheit hinaus und grub in dem Abfallhaufen danach, in dem ich es verscharrt hatte. Sie brach sich alle Fingernägel ab, aber sie grub es wieder aus …“ Sie hielt inne und starrte Joanna an.
    „Nun, Liebes“, versetzte Joanna mit kurzer, leicht rügender Freundlichkeit, „du brauchst dich nicht so zu erregen. Ich glaube nicht, daß Mickey so daran hängt, und jedenfalls werde ich es nicht wegwerfen.“ Sie klopfte Juli beruhigend auf die Schulter, gab Mickey dann einen kleinen Stoß zur Tür und drehte sich um, um ihm zu folgen. „Ihr werdet allein sprechen wollen, ehe Race aufbricht. Ich störe euch nicht mehr. Viel Glück, wo immer Sie sich auch hinwenden, Race.“ Sie bot mir die Hand. „Und machen Sie sich Julis wegen keine Sorgen“, fügte sie leise hinzu. „Sie wird wieder zu sich kommen.“
    Als ich zu Juli zurückkehrte, stand sie am Fenster und blickte durch das eigenartig gefilterte Glas, welches das rote Sonnenlicht zu Orange dämpfte. „Joanna hält mich für wahnsinnig,
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