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Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr

Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr

Titel: Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr
Autoren: Elaine Cunningham
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Schatten seines Lebens wurde. Ich hatte erwartet, Magier in Kampfstrategien zu beraten, aber nicht mein Geschick und meinen Mut in einem wirklichen Gefecht auf die Probe zu stellen. Und doch habe ich an der Seite meiner Jordaini-Brüder gekämpft, von denen viele ihr Leben an die falsche Bluthündin Kiva verloren. Wir haben ein finsteres, uraltes Übel besiegt, und wir haben Kiva dem harten Urteil von Azuths Klerikern überantwortet. Die wohl gewaltigste Veränderung meines Lebens wurde durch meine Freundschaft mit einer Streunerin namens Tzigone ausgelöst.
    Ich vermute, Tzigone ist wie ich mit Gebeten nicht verschwenderisch umgegangen. Das Leben hat ihr wenig Anlaß gegeben, den Magiern von Halruaa oder – verzeiht mir diese Worte – deren Göttin zu danken, und doch ist Tzigone glücklich und froh und voller Lieder, auch wenn eine innere Dunkelheit existiert, die so umfassend ist, daß sie ihre frühesten Erinnerung wie hinter einem Schleier versteckt. Sie sucht Antworten auf die Geheimnisse ihrer Vergangenheit und die Wahrheit über eine Mutter, an die sie sich kaum erinnern kann. Ich vermute, Tzigone will so wie ich wissen, wer sie wirklich ist.
    Ihre Wahrheit, meine Wahrheit – ich vermute, daß sie miteinander verbunden sind. Dieser Glaube trotzt aller Logik und läßt sich nicht mit dem erklären, was ich als Jordain lernte, und doch weiß ich, daß es so ist. Mein eigenes Herz ist mir fremd, aber ich glaube, es besitzt seine eigene Logik und Weisheit.
    Diese Vision ist jedoch noch jung und unklar. Zum ersten mal, große Herrin, erkenne ich, daß ich Euch brauche. Helft mir, meinen Eiden gerecht zu werden, ohne mein Herz zu verraten. Lehrt mich, die Wahrheit zu erkennen, wenn ich sie sehe, lehrt mich zu wissen, wann ich sprechen und wann ich schweigen soll. Dies sind keine leichten Bitten, und während ich sie ausspreche, vermute ich, daß Ihr mein bisheriges Schweigen nicht allzu sehr bedauert! Doch mir behagt nicht der Gedanke, daß ein Mann seinen eigenen Weg finden kann, wenn er sich nur von der Wahrheit in seinem Herzen und der Stimme einer Göttin leiten läßt.
    Vielleicht werden wir mit jedem Tag, der verstreicht, weiter ausgesöhnt werden.

ERSTES KAPITEL
    D ie Sonne brannte auf den harten Grund des Übungsplatzes am Jordaini-Kolleg nieder. Von der Taertalbucht wehte eine sanfte Brise, die salzige Luft mit sich brachte, aber nicht für Abkühlung sorgte. Die Hitze flimmerte über der Erde, und die beiden Kämpfer, die sich mit gezogenem Schwert und feurigem Grinsen gegenüberstanden, waren schweißgebadet.
    Plötzlich machte Matteo einen Satz und führte einen tiefen Schlag mit seiner Klinge – ein Angriff, der bei erfolgreichem Ausgang einen Mann verstümmeln konnte und damit für ein rasches Ende des Kampfs sorgte. Andris wehrte ihn mühelos ab und wirbelte aus dem Weg. Er kehrte mit einem Wirbel von kurzen Hieben in den Kampf zurück und täuschte mit einer Folge von hohen und tiefen Schlägen so massiv an, daß es unmöglich war, seine nächste Aktion vorherzusagen. Matteo begegnete jeder Attacke und erfreute sich an dem Geräusch aufeinandertreffender Klingen, wie ein Weiser eine gute Unterhaltung genossen hätte. Es war alles so vertraut, daß er für einige Momente lang fast vergessen hätte, welche Veränderungen dieses Jahr mit sich gebracht hatte.
    Aber wie sollte er es je vergessen können?
    Andris’ Haar hatte eine satte kastanienbraune Farbe gehabt, seine Augen waren grün-braun und seine helle Haut war von Sommersprossen überzogen gewesen. Er pflegte darüber zu scherzen, indem er sagte, seine Haut habe eine gleichmäßige Färbung, wenn nur die Sommersprossen die Höflichkeit besäßen, nahtlos ineinander überzugehen. Jetzt war von all den auffallenden Farben nur noch ein geisterhafter Schatten übrig. Selbst das Schwert in seiner Hand wirkte mehr wie Glas denn wie Metall. Andris hatte soviel Substanz wie ein Regenbogen in Gestalt eines Mannes.
    Als wolle er Matteos trübe Gedanken vertreiben, drang Andris vor. Er führte eine Reihe heftiger Hiebe, die keinen Zweifel an der Kraft ließen, die hinter ihnen steckte. Die beiden Männer bewegten sich in einem Kreis und griffen abwechselnd an. Als sie in einen neuen Rhythmus verfielen, bemerkte Matteo, das fast der gesamte Morgen verstrichen war, da die Sonne sich der Kuppel auf der Debattierhalle näherte. Gebäude und Sonne waren deutlich durch Andris’ durchscheinende Gestalt zu sehen.
    Matteo rief sich zur Ordnung und sah sich
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