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Ratgeber Lese-Rechtschreibstoerungen

Ratgeber Lese-Rechtschreibstoerungen

Titel: Ratgeber Lese-Rechtschreibstoerungen
Autoren: Ellen Roth , Uwe Hemminger , Andreas Warnke
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der Eingliederungshilfe erfüllt sind, liegt bei dem örtlich zuständigen Jugendamt.
    Neben einem fachärztlichen Gutachten eines Kinder- und Jugendpsychiaters erbitten die meisten Jugendämter zur Entscheidungsfindung zusätzlich eine schriftliche Stellungnahme des Klassenlehrers über Schulleistungen und Schülerverhalten, Schulzeugnisse in Kopie und Auskünfte der Schulleitung, ob ein schulischer Förderunterricht angeboten wurde, außerschulische Födermaßnahmen sich seitens der Schule empfehlen und ob ein Nachteilsausgleich entsprechend der länderspezifischen „Legasthenie-Erlasse“ gewährt worden ist.
21. Begutachtung: Was ist zu tun?
    In der Regel erfolgt die Begutachtung durch den Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie. Die einzelnen diagnostischen Untersuchungen können jedoch grundsätzlich von dafür qualifizierten Fachkräften durchgeführt werden (z. B. Schulpsychologen; sozialpädiatrische Zentren mit interdisziplinärer Zusammensetzung der Fachkräfte; Kinder-ärzte mit kinder- und jugendpsychiatrischer Weiterbildung; Erziehungsberatungsstellen mit entsprechender Qualifikation, approbierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und approbierte Psychologische Psychotherapeuten, wenn sie die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen erworben haben).
    Grundlage des ärztlichen Gutachtens zur Beantragung der Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII (IX) ist das „Multiaxiale Klassifikationsschema für psychische Störungen des Kindes- und Jugendalters“ nach ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) (Remschmidt, Schmidt & Poustka, 2001):
    –   Achse 1: Eine fachärztliche Untersuchung sollte klären, ob eine psychische Störung vorhanden ist, die im Zusammenhang mit der Lese-Rechtschreibstörung steht und ob die psychische Störung eine Ursache, eine komorbide Begleiterkrankung oder eine Sekundärfolge des Lernversagens darstellt.
    –   Achse 2: In einer psychologischen Untersuchung ist anhand von standardisierten Lese- und Rechtschreibtests zu prüfen, ob ein Versagen im Lesen und Rechtschreiben vorliegt.

    –   Achse 3: Das Intelligenzniveau ist ebenfalls mittels psychologischer Testverfahren zu bestimmen. Es ist festzustellen, ob zwischen der Intelligenz und Lese-Rechtschreibleistung eine signifikante Diskrepanz besteht. (Die T-Wert-Diskrepanz sollte ≥ 12 Punkte betragen.)
    –   Achse 4: Die fachärztliche Untersuchung, die eine Messung der Hirnströme (EEG) beinhaltet, sollte ausschließen, dass eine neurologische Erkrankung (z. B. Epilepsie, Zerebralparese) die Lese-Rechtschreibschwierigkeiten verursacht. Eine Seh- oder Hörstörung – ggf. im Rahmen einer augenärztlichen oder pädaudiologischen Untersuchung –oder eine andere körperliche Beeinträchtigung ist ebenfalls auszuschließen. Es ist ebenso festzustellen, ob etwa körperliche Beschwerden bestehen, die sekundär in Folge des Versagens im Lesen und Rechtschreiben entstanden sind.
    –   Achse 5: Im Gutachten sind die psychosozialen Lebensumstände des Kindes zu beleuchten. Es ist darzustellen, ob eine schulische Förderung des Kindes bzw. Nachteilsausgleich stattfindet und ob darüber hinaus eine außerschulische Therapie angezeigt ist.
    –   Achse 6: Schließlich ist zu beurteilen, inwieweit auf Grund des Versagens im Lesen und Rechtschreiben die psychosoziale Anpassung des Kindes beeinträchtigt ist. Es ist zu klären, ob Begleiterscheinungen der Legasthenie (Schulunlust, Motivationsverlust, Schulangst/Prüfungsangst, depressiver Verstimmung, Störung des Sozialverhalten usw., siehe Kapitel 7 ) zu erkennen sind.
    Die abschließende Stellungnahme im Gutachten fasst die Ergebnisse der sechs Untersuchungsbereiche zusammen. Mit ihr wird festgestellt, inwieweit in Folge der Lese-Rechtschreibstörung eine Gefährdung der sozialen Eingliederung vorliegt.
22. Kann man Legasthenie vorbeugen?
    Der Entwicklung von Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten kann im Vorschulalter vorgebeugt werden. Als besonders wirksam erwies sich ein Präventionsansatz, der die „phonologische Bewusstheit“ bei Vorschulkindern förderte. Phonologische Bewusstheit meint die Fähigkeit, Einsicht in die Lautstruktur der gesprochenen Sprache zu haben, d. h. sprachliche Einheiten wie Wörter, Reime, Silben und Buchstabenlaute (Phoneme) erkennen zu können. Mit der vorschulischen Förderung der phonologischen Bewusstheit können notwendige Voraussetzungen geschaffen werden, dieden Kindern das Lesen- und
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