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Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Autoren: Klaus Erfmeyer
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Selbstverständnis und meinem Ehrgeiz entspricht«, meinte er und fügte selbstbewusst hinzu: »Ich bin eitel, Herr Knobel. Und demzufolge schätze ich es nicht, in meiner Eitelkeit gekränkt zu werden.«
    »Für Wendel war es wohl schlimmer als für Sie«, entgegnete Stephan lakonisch.
    »Natürlich war es schlimmer für ihn als für mich«, sagte Trost. »Er war wütend und schrie nach der Urteilsverkündung. Allerdings stellt sich die Frage, ob ein Mörder vom Ausgang des Prozesses enttäuscht sein darf, wenn es nicht gelingt, beim Gericht Zweifel an seiner Schuld zu wecken. Darf man enttäuscht sein, wenn einem nicht verdientes Glück versagt bleibt?«
    Trost ließ seine rhetorische Frage unbeantwortet und vertiefte sich sofort in seine Reflexion: »Interessant ist für mich in der Konsequenz, dass ich Maxim Wendel auf den Leim gegangen bin. Der Prozess war ein Lehrstück für mich, dessen Botschaft ich spätestens zu dem Zeitpunkt verinnerlicht hatte, als die Revision gegen die lebenslängliche Verurteilung scheiterte. Da endlich hatte ich kapiert, dass die andere Seite recht hat. Und dann gilt die einfachste Formel überhaupt: Wer recht hat, soll auch im Recht sein. Das Urteil ist rechtens. Und die von Wendel angestrebte Wiederaufnahme ist eine Totgeburt. Deshalb habe ich dieses Ansinnen auch immer abgelehnt. Auf sein Drängen habe ich ihm sogar ein paar Kollegen vermittelt, die allesamt nach kurzer Prüfung des Falles den richtigen Schluss zogen. Sie wissen selbst, welch hohe Hürden das Gesetz für eine erfolgreiche Wiederaufnahme stellt: Hier ist weit und breit nicht der Hauch eines neuen Beweises erkennbar, der die Richtigkeit des damaligen Urteils erschüttern könnte.«
    Trost hielt inne und musterte Stephan eine Weile. Stephan hielt Trosts Blick stand und wartete ab.
    »Was mich anrührt, Herr Knobel …«, hob er dann wieder an und lächelte väterlich: »Maxim Wendel scheint es wieder geschafft zu haben, einen Anwalt in seinen Bann gezogen zu haben. – Seien Sie ehrlich: Sie glauben ihm irgendwie, ohne dass Sie etwas mit Händen greifen können, was Ihnen rechtlich zum Erfolg verhelfen könnte. Sie sind in der gleichen Lage wie ich damals, und deshalb meine ich auch, dass es völlig egal ist, ob Sie Strafverteidiger sind oder nicht. Maxim Wendels Strategie funktioniert nach dem Prinzip, dass man ihm erst einmal glaubt. Vielleicht glaubt man ihm auch nur, weil man seiner Penetranz erliegt. – Empfinden Sie ihn nicht als penetrant? Er lässt keine abweichenden Meinungen zu, ist auf sich fixiert und von sich beseelt. Man meint fast, es bei ihm mit einer Form von Autismus zu tun zu haben. Also glaubt man ihm schon allein aus dem Grund, um sich ihm entziehen zu können. – Nein, es ist mehr als Glaube«, verbesserte sich Trost. »Wendel überzeugt, bis die Fakten das Gegenteil belegen. Aber dann ist die Welt wieder im Lot, und man erkennt, dass man sich von ihm hat instrumentalisieren lassen.«
    »Warum ging alles schief?«, fragte Stephan.
    »Die Frage lautet vielmehr: Warum konnte Maxim Wendel die Fassade der Unschuld nicht aufrechterhalten?«, korrigierte Trost. »Sie werden in den Akten, die ich Ihnen gleich mitgebe, natürlich auch die Anklageschrift finden, mit der der Einstieg in das gerichtliche Verfahren begann. Sie werden einen Sachverhalt lesen, der klipp und klar ist und der sich nach der umfangreichen Beweisaufnahme, die das Gericht durchgeführt hat, auch genau so und nicht einen Deut anders abgespielt hat.«
    »Schildern Sie ihn mir bitte aus Ihrer Sicht!«, bat Stephan und schenkte Saft nach. »Alles, was ich über den Fall weiß, stammt aus zweiter Hand, also nur aus den Medien. Ich war an keinem einzigen Verhandlungstag als Zuschauer dabei.«
    Trost überlegte kurz. Dann stand er auf und ging langsam auf der Terrasse bis zu dem Geländer aus gebürstetem Edelstahl, welches zugleich sein Grundstück von der tiefer vorbeiführenden Uferpromenade trennte. Er blickte eine Weile auf den See, auf dem nun einige Segelboote kreuzten, und stützte seine Hände in die Hüften. Stephan spürte, dass sich der Starverteidiger sammelte, um den Fall mit der ihm eigenen Brillanz zu präsentieren, der seinerzeit weit über die Grenzen der Stadt hinaus die Öffentlichkeit bewegt hatte.
    »Ich beginne mit der Geschichte noch ein Stück vor dem eigentlichen Tatgeschehen«, entschied Trost, als er sich nun mit konzentriertem Gesichtsausdruck umwandte. »Sie müssen alles wissen, um sich ein Bild zu machen,
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