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Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Autoren: Klaus Erfmeyer
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dienstunfähig, was der Amtsarzt aber nicht bestätigen mochte. Zu weiterem Unterricht verdammt, verschärfte er bei Tests und Klausuren die Notengebung. Ich vermute, dies war seine Art, sich an der Schülerschaft, dem Direktor und dem Kollegium zu rächen. Für Wendel typisch ist auch hier seine Uneinsichtigkeit. Wendel bestand darauf, dass es ausschließlich seine Sache sei, schöne Mädchen attraktiv zu finden und dies zu äußern. Wenn sich Schülerinnen von ihm belästigt fühlten, dann sei dies Ausdruck ihrer Unreife.«
    Trost hielt inne.
    »Ich werde nie verstehen, warum sich Wendel auch als Mann als so unwiderstehlich empfindet«, warf er ein. »Verstehen Sie das, Herr Knobel? Dieser Mann ist einfach nur maßlos von sich überzeugt.«
    Er schüttelte verwundert den Kopf.
    »Sei es, wie es sei: In diese Zeit fiel die Geschichte mit dem Mädchen, dessen Test er mit der Schülerin in dem benachbarten Café besprochen hatte«, fuhr er fort. »Der daraus folgende, Herrn Wendel erteilte Verweis der Bezirksregierung Arnsberg war damals Ihr Fall, Herr Knobel, und Sie können aus der Vorgeschichte ersehen, dass Sie mit dem Sieg Ihres Mandanten einen grandiosen Erfolg erzielt hatten, denn ungeachtet der Frage, ob Maxim Wendel nun dieser konkreten Schülerin im Café an die Oberschenkel griff oder nicht, ergab sich aus dem selbstverständlich auch der Bezirksregierung bekannten Gesamtverhalten des Maxim Wendel, das er nachweislich sehr häufig die gebotene Distanz zu Schülerinnen unterschritt. Er hatte eine zweifelhafte Neigung zu großen blonden Mädchen, bevorzugt jenen, deren Brust schon gut entwickelt war. Wendel war und ist nichts anderes als ein Fummler. Ich habe von den gesamten Vorgängen im Nordstadt-Gymnasium genaue Kenntnisse, denn ich war über Jahre dort Schulpflegschaftsvorsitzender. Meine Tochter Delia war damals 13 und besuchte diese Schule. Ich weiß aus meiner damaligen Funktion heraus vielmehr über die Vorlieben und Missgriffe des Herrn Maxim Wendel, als Sie in den Akten finden werden, Herr Knobel!«
    Trost machte eine bedeutende Pause und mit ausgestrecktem Arm eine waagerechte Bewegung durch die Luft.
    »Schnitt an dieser Stelle, Herr Knobel!«, verkündete er und setzte dann neu an: »Jetzt springen wir zeitlich nach vorn und versetzen uns gedanklich in einen sehr warmen Spätsommernachmittag. Wir haben jetzt Anfang Juli. Denken Sie sich zurück in einen Tag Mitte August vor vier Jahren. Es ist ein Donnerstag, etwa gegen 18 Uhr. Die Sonne steht noch hoch am Himmel. Seit rund drei Wochen hat es nicht geregnet. Erde und Pflanzen sind trocken. Die Hitze dauert seit Tagen an. Selbst um 18 Uhr ist es noch um die 26°C. All diese Umstände sind erwiesen, im Übrigen aber auch unstreitig. Maxim Wendel, seit einigen Monaten mit einer äußerlich recht unscheinbaren und merkwürdigerweise dunkelhaarigen Kollegin des Phönix-Gymnasiums verheiratet und seitdem auch in seinen zweifelhaften Aktivitäten am Nordstadt-Gymnasium unauffälliger, wohnt nun im Stadtteil Lücklemberg. Er ist in das seiner Frau gehörende Reihenhaus eingezogen. Zu Wendels Gepflogenheiten gehört es, an trockenen Tagen zu joggen. Er läuft wie gewohnt an diesem warmen Tag etwa gegen 17 Uhr von seinem Haus aus los. Der Weg führt ihn auch an diesem Tag über die stets gleiche Strecke: Er folgt einer bestimmten steigungsreichen Route durch die Bittermark, läuft dann wieder ins Tal, joggt am Olpkebach entlang, gelangt so zum Haupteingang des Zoos und belohnt sich bei gutem Wetter in der dortigen Gastronomie mit einem Glas Apfelschorle. Er sitzt, wie stets an solchen Tagen, im Außenbereich des Cafés, welches er um etwa 17.45 Uhr erreicht. Gewöhnlich hält er sich dort zehn bis 15 Minuten auf. Die Apfelschorle bezahlt er, sobald sie gebracht wird. Anschließend leert er sein Glas gewöhnlich in zwei oder drei Zügen, läuft dann noch eine Runde durch den Rombergpark, am alten Torhaus vorbei und schließlich von dort auf direktem Weg zurück nach Haus.
    Am Tattag ist der Ablauf im letzten Akt ein anderer: Maxim Wendel kehrt – wie üblich – gegen 17.45 Uhr in das Lokal ein, sitzt im Außenbereich, bestellt wie immer die Apfelschorle und bezahlt sie, als sie gebracht wird. Etwa fünf Minuten später passiert diese Stelle die damals 25-jährige Studentin Michelle Crouchford. Crouchford stammt gebürtig aus Leipzig und wohnt zu diesem Zeitpunkt schon etwa drei Jahre in Dortmund. Sie studiert im fünften Semester Osteuropawissenschaften.
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