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Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Autoren: Klaus Erfmeyer
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    »Die einander widersprechenden Aussagen von Frau Crouchford und des Angeklagten Wendel drehen sich schlicht um die Frage, ob Wendel in die Rolle des Vergewaltigers der Frau Crouchford, an deren Hose im Übrigen Faserreste der Kleidung des Maxim Wendel gefunden wurden, gelockt wurde oder nicht«, fasste er zusammen. »Abgesehen davon, dass es keine Spuren oder gar Beweise gibt, die die Version des Herrn Wendel bestätigen, bleibt eine zentrale Frage: Warum tötet Wendel den Rentner Gossmann, einen an der Sache ansonsten Unbeteiligten, wenn nicht für Wendel zu befürchten steht, dass Gossmann zum Nachteil Wendels das bezeugen könnte, was er gesehen hat, nämlich den sexuellen Übergriff Wendels auf Frau Crouchford? Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen, Herr Knobel: Sie kommen um diese Frage und die sich daraus ableitenden Schlussfolgerungen nicht herum. Insbesondere können Sie nicht die Tatsache widerlegen, dass Wendel das Tatwerkzeug, nämlich diese Flasche, in der Hand hatte, die neben dem Opfer gefunden wurde. Dem gegenüber steht Wendels blasse und im Prozess stoisch wiederholte Behauptung, er habe die Flasche nicht in der Hand gehabt und sei auch nicht bis zu der Stelle auf der Anhöhe gelaufen, an der man Gossmann gefunden hat. Wendel sagt, er sei aufgestanden, nachdem er jemanden seinen Namen habe rufen hören. Er habe sich gewundert, dass jemand in der Nähe sei, der ihn kenne, und sich umgeschaut. Tatsächlich sei er etwas herumgelaufen, auch die Anhöhe hinauf, aber eben nicht weit hinauf. Unterdessen sei Frau Crouchford aufgestanden und eigentümlich humpelnd davongelaufen. Sie habe um Hilfe und zwischendurch immer wieder ›Was hat der Kerl gemacht?‹ geschrien, was ihn irritiert und er nicht verstanden habe. Er sei dann erst umgekehrt und habe ihr nachgerufen, dass sie doch bleiben solle, aber sie habe sich nicht beirren lassen und sei auf die Spaziergänger zugelaufen, wo sie sich das T-Shirt wieder übergestreift habe. Da sei er sehr unsicher geworden, habe sich erst versteckt und dann über Nebenwege entfernt. Er sei verwirrt nach Hause gelaufen. Den Rest kennen Sie ja. Wendel wurde wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt, und das Land Nordrhein-Westfalen hat ihn aus dem Beamtenverhältnis entlassen. Seine Frau hat sich von ihm scheiden lassen. Persönlich und finanziell ist er am Ende. Kurz und knapp: Das war’s für Maxim Wendel!«
    Trost endete und nickte abschließend.
    »Das ist jetzt Ihr Fall, Herr Knobel! Die Akten liegen auf dem Schreibtisch in meinem Büro und warten darauf, mitgenommen zu werden. Ich bin gespannt, ob Sie etwas Neues finden. Bitte informieren Sie mich über alles! Ich betrachte mich noch immer als Lernenden. Die halbe Welt hält mich für arrogant. Aber ich halte den anderen nur ihren Spiegel vor. Jeder kann nur gut sein, wenn er die Schwächen des anderen erkennt und sie zu nutzen weiß. Und das heißt, sich immer wieder an die eigene Nase fassen zu müssen. Ich wünsche Ihnen viel Glück, Kollege Knobel!«
    Gereon Trost drückte Stephan herzlich die Hand.

3
    Stephan transportierte das mehrbändige Aktenmaterial in einem großen stabilen Karton in sein Mansardenbüro im noblen Kanzleigebäude an der Prinz-Friedrich-Karl-Straße am östlichen Rand der Innenstadt. In dem kleinen unter dem Dach gelegenen Raum staute sich die Hitze des Tages. Stephan öffnete die Dachlukenfenster. Von unten drang die Stimme von Hubert Löffke nach oben. Löffke diktierte – im Garten des Kanzleigebäudes sitzend – mit lauter Stimme einen Schriftsatz in einer Familiensache ab, in der Löffke wieder einmal aufs Ganze ging. Stephan vernahm laut und deutlich Löffkes wortgewaltige Salven, mit denen er auf den Prozessgegner einschlug und dabei auch vor kraftvollen Beleidigungen nicht zurückschreckte. Die Auflösung der Sozietät mit Löffke war ein richtiger Schritt gewesen. Die Entscheidung, das kleine schlichte Büro unter dem Dach anzumieten, um als Einzelanwalt, der Stephan nun war, Kosten einzusparen, erschien ihm nicht nur wegen der noch in seinen Ohren klingenden Worte Trosts inzwischen fragwürdig. Der bullige Löffke, der auch bei der jetzt herrschenden heißen Witterung stets im Anzug herumlief, dessen Jacke sich über den immer dickeren Bauch zwängte, dominierte nicht nur durch seine körperliche Präsenz. Man traf sich in dem Haus häufiger, als Stephan lieb war, und er wusste, dass Löffke, der aus seinem Büro heraus den Eingangsbereich der
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